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Lukianenko Sergej

Lukianenko Sergej

Titel: Lukianenko Sergej Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Trix Solier 3445BAB7
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aus der Schar Augustos wollten ihm Blut spenden. Aber Augusto lehnte
ab. Er sagte, er wolle ein Beispiel dafür geben, wie man
sein Schicksal erhobenen Hauptes annehme. Er wollte
durch seine wundersame Rettung niemanden in Versuchung führen.«
»Er ist gestorben?«, fragte Trix.
»Selbstverständlich. Aber Balladen und Überlieferungen werden nicht über diejenigen verfasst, die ein gewöhnliches Leben führten, sondern über diejenigen, die
etwas Erstaunliches vollbracht haben. Etwas Seltenes.
Ein Mann kann noch so gerecht sein, solange ihn selbst
kein Unglück trifft. Trifft es ihn aber, kann er genauso
böse werden wie diejenigen, gegen die er zuvor gekämpft
hat.« Sauerampfer seufzte, erhob sich und legte die Pfeife
ab. Als er leicht mit dem Stab aufstampfte, glomm am
Griff ein fahles blaues Licht auf. »Komm, Trix, es ist an
der Zeit.«
Trix folgte Sauerampfer durch die dunklen Gänge. Sie
kamen vom Mittelteil in den linken Flügel. Langsam und
vorsichtig stiegen sie eine Wendeltreppe hinauf, bis sie
eine schwere Eichentür erreichten. Durch den Spalt unter
der Tür fiel schwaches Licht.
Hier blieb Sauerampfer stehen, fasste Trix bei der
Schulter und zeigte ihm den eisenbeschlagenen Riegel,
mit dem die Tür von außen verschlossen wurde. Er war
zurückgeschoben.
»… er kommt«, klang eine schwache Stimme an ihr
Ohr. »Glaub mir!«
»Erlaubt, Euch von hier wegzubringen, Sir Giran!«
Das war Thymin. »Im Wald gibt es eine Hütte der
Wachposten, dort könnt Ihr ein oder zwei Tage bleiben
und abwarten.«
»Mein treuer Diener«, erwiderte Giran, »wenn du
wüsstest, wie mir alle Warterei zum Halse raushängt.«
»Sir Giran …«
»Keine Widerworte! Ich erinnere mich an Radion
Sauerampfer. Damals war er noch ein junger Magier. Ich
habe seine Augen gesehen, als wir gegen die Vitamanten
kämpften. Deshalb weiß ich, dass er kommt. Ich nehme
sogar an, er steht bereits vor der Tür. Kommt rein, Herr
Zauberer!«
Sauerampfer hüstelte und stieß die Tür auf. Auch Trix
betrat ängstlich das runde Zimmer in der Turmspitze.
Vor den Fenstern saßen dicke Eisengitter. Die Einrichtung war asketisch: ein solides Bett, ein kleiner Tisch, ein
Stuhl. Auf dem Tisch lag ein abgenagtes Huhn. Ein abgenagtes rohes Huhn. Im Bett lag unter einer mit dunklen
Flecken überzogenen Decke ein alter Mann mit grünlichem, reglosem Gesicht, in dem fiebrig die Augen funkelten. Neben ihm auf dem Stuhl saß Thymin.
»Ihr findet keinen Schlaf, Herr Zauberer?«, fragte
Thymin.
»Wie du, treuer Diener«, antwortete Sauerampfer.
»Wie du, kühner Ritter Giran Aradan. Ich danke dir, dass
ich hereinkommen durfte. Dein Verstand ist also noch
genauso wach wie früher … als du noch ein Lebewesen
warst.«
»Vielen Dank für die guten Worte«, antwortete der
grünliche Greis. »Aber wenn ich ehrlich sein soll, fordere
ich dich bereits seit über einer Stunde auf hereinzukommen. Alle zehn, fünfzehn Minuten. Ich war mir sicher,
dass du kommst, aber ich wusste nicht, wann.«
»Wie ist das geschehen, Giran?«, fragte Sauerampfer.
»Wie oder warum?«
»Zuerst wie, dann warum.«
»Ich lag im Sterben«, antwortete der Ritter unverblümt. »Das Alter wollte mich dahinraffen. Das war vor
fünfzehn Jahren. Und genau in jener Nacht, als ich bereit
war, diese Welt zu verlassen, klopfte ein Vitamant an
meine Tür.«
»Ein Vitamant? Bei uns im Königreich? Vor fünfzehn
Jahren?« Sauerampfer war nicht nur erstaunt, er war fassungslos.
»Er war in Begleitung der königlichen Garde, mein
Freund.« Giran seufzte. »Er kam in geheimer Mission
von den Kristallenen Inseln und war auf dem Weg zu
König Marcel, um mit ihm zu verhandeln. Die übliche
Sache. Der Krieg war lange vorbei, allmählich musste
man Kontakte aufbauen, nach gemeinsamen Interessen
suchen …«
»Du bist ja ein richtiger Politiker geworden«, murmelte
Sauerampfer.
»Der Vitamant und die Gardisten baten um Unterkunft für den Tag. Sie reisten geheim, nur nachts. Ich
dachte, es sei nicht verwerflich, wenn ich vor meinem
Tod mit meinem alten Feind spreche … Was der König
tut, kann für seine Diener nicht verkehrt sein. Und dann
hat Gavar …«
»Gavar?«, rief Sauerampfer. »Gavar Villaroy? Der
Ritter und Magier?«
»Genau der«, antwortete der Alte. »Ich erinnerte mich,
mit ihm das Schwert gekreuzt zu haben. Aber in der letzten Stunde spielte das keine Rolle mehr. Gavar hörte sich
meine Geschichte an und bot mir … seine Dienste an.«
»Er bot dir an, ein

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