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Lukianenko Sergej

Lukianenko Sergej

Titel: Lukianenko Sergej Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Trix Solier 3445BAB7
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Zombie zu werden?«
»Kein Zombie!«, brauste der Alte auf. »Ich war zu
dem Zeitpunkt ja noch gar nicht tot. Er schlug mir vor,
ein Lich zu werden, ein lebender Toter, der dem Tod ein
Schnippchen schlägt und zu einer wandelnden Leiche
wird. Der seinen Verstand und seine Gefühle behält!«
»Ich dachte immer, nur ein Zauberer könne zum Lieh
werden«, bemerkte Sauerampfer.
»Nein, nicht unbedingt. Ein Vitamant wie ich wird
Halblich genannt. Wir können immer noch nicht zaubern,
sind aber untot.«
»Welche Veränderungen hast du nach deiner Verwandlung durchgemacht?«, fragte Sauerampfer. »Du
musst entschuldigen, alter Schlachtgefährte, dass ich dich
so ausquetsche. Aber ich habe nicht oft das Glück, mit
einem Untoten zu reden.«
»Keine Sorge, ich verstehe das«, beruhigte ihn Giran.
»Es hat sich viel verändert. Die alten Wunden schmerzen
nicht mehr. Ich muss nicht unbedingt atmen … falls ich
mich nicht unterhalte. Ich bekam die Kraft und die
Schnelligkeit meiner Jugend zurück.«
»Das werde ich im Hinterkopf behalten«, sagte Sauerampfer und legte sich den Stock einsatzbereit in die
Hand. »Welche psychischen Veränderungen hat es gegeben?«
»Ich will rohes Fleisch essen«, antwortete Giran seufzend. »Ehrlich gesagt nicht nur rohes, sondern lebendes.«
»Menschen?«, hakte Sauerampfer nach.
»Nicht unbedingt«, antwortete der Greis nach kurzem
Nachdenken. »Das bedeutet für mich keinen Unterschied.
Trotzdem aß ich nie Menschen, das musst du mir glauben!«
»Nicht ein einziges Mal!«, bestätigte Thymin. »Selbst
als Räuber bei uns eingefallen sind und Herr Aradan ihnen allen den Kopf abgeschlagen hat … selbst da hat er
keinen von ihnen gegessen. ›Bring die weg‹, hat er gesagt, ›ich will die nicht mehr sehen! Und bring mir ein
lebendes Huhn! Aber rasch!‹«
»Das heißt, du kannst dich beherrschen«, sagte Sauerampfer. »Gut. Da schlägt die ritterliche Erziehung
durch.«
»Ja, mein Freund«, sagte Aradan. »Wenn ich vorher
nicht so lange so gerecht gelebt hätte, hätte ich diese
nichtsnutzigen Bauern vermutlich längst verschmaust …«
»Warum lässt du ihnen eigentlich so viel durchgehen?«,
fragte Sauerampfer. »Sie sind faul, respektieren ihren
Herrn nicht …«
»Das kommt alles nur daher, dass ich nicht mehr aus
dem Haus gehe«, erwiderte Aradan. »Man sieht mir doch
auf den ersten Blick an, dass ich eine lebende Leiche bin.
Ich glaube, sie wittern etwas. Ahnen etwas. Sie zahlen
nur noch selten Abgaben und scheinen bereit, jederzeit
von hier zu fliehen.«
»Warum hast du das gemacht, Aradan?«, fragte Sauerampfer. »Ist es wirklich besser, fünfzehn Jahre lang hinter verschlossenen Türen an rohen Hühnern zu nagen, als
ehrenvoll zu sterben?«
»Ich hatte gerade einen Sohn bekommen, Sauerampfer!
Auf meine alten Tage hat mir meine Frau einen Sohn
geboren! Und sie selbst ist bei der Geburt gestorben!«
»Das habe ich gehört. Mein Beileid.«
»Sag du mir: Hätte ich den Jungen ohne Obhut zurücklassen sollen?«, fragte Aradan. »Ich habe nie in meinem Leben etwas zurückgelegt oder gespart. Meine alte
Rüstung und ein zerkratztes Schwert – das war alles, was
ich hatte. Ich lebte von den Gaben des Königs und dem,
was ich den Bauern abnahm. Wäre ich gestorben, hätte
der Kleine mutterseelenallein dagestanden. Gewiss,
Thymin hätte ihn nicht im Stich gelassen und ihn aufgezogen. Aber ich konnte es nicht! Ich konnte es einfach
nicht, Sauerampfer!«
»Das war es also«, sagte der Zauberer verwirrt und
guckte Trix an. »Verstehe …«
»Deshalb bin ich ein Lich geworden. Um meinem Sohn
ein Dach über dem Kopf zu geben, ein Stück Brot …«
»Ich verstehe es ja«, sagte Sauerampfer. »Ich … ich
habe keine eigenen Kinder, aber ich verstehe es.«
»Dann verurteilst du mich nicht?«, fragte Aradan.
»Nein. Aber inzwischen ist dein Sohn herangewachsen.
Gib ihn einem Ritter, es wird jedem zur Ehre gereichen,
den Sprössling des legendären Aradan zum Knappen zu
nehmen!«
»Selbst wenn ich das täte, würde es nichts ändern. Ich
schaffe es nämlich nicht, meinem Leben ein Ende zu setzen«, bekannte der Alte und senkte den Blick. »Anfangs
war es meine feste Absicht. Aber nun, da ich ein Untoter
bin, bringe ich es nicht mehr fertig. Einmal habe ich einen Scheiterhaufen im Hof aufgerichtet, um mich zu
verbrennen. Aber in letzter Minute habe ich den Pfahl, an
den ich angebunden war, aus der Erde gerissen und bin
weggerannt. Dann wollte ich mich in einen Abgrund

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