Lukianenko Sergej
sie sich nur auf ein Knie niederzulassen,
alle Übrigen auf beide), wie sie wieder aufzustehen und
wie sie den König anzusehen hatten, falls er einen von
ihnen etwas fragte (treu und freundlich, aber nicht kriecherisch).
Danach verschwand der Majordomus durch die Tür,
die in die königlichen Gemächer führte, und die Warterei
begann.
Trix verging fast vor Ungeduld. Gleichzeitig wünschte
er sich, Marcel möge nie erscheinen. Er sah sich die Höflinge an. Einige kamen ihm vage bekannt vor. Doch
selbst wenn er einen von ihnen kennen sollte – Hilfe
konnte er von ihm nicht erwarten. Irgendwann kehrte der
Majordomus zurück und stampfte dreimal mit seinem
Stock auf den Boden. Stille trat ein. Kurz darauf flog die
Tür auf und König Marcel betrat den Thronsaal.
Die Höflinge verbeugten sich oder ließen sich auf ein
Knie nieder, je nach Stand und eingeräumten Rechten.
Einer blieb sogar stolz erhobenen Hauptes stehen – für
den Bruchteil einer Sekunde, damit alle von seinem Privileg erfuhren; dann verneigte auch er sich, schließlich
galt es, die Sonderrechte mit Verstand zu nutzen.
Trix ließ sich auf beide Knie nieder, obwohl er sich als
Co-Herzog nur tief hätte verneigen müssen, und betrachtete Marcel verstohlen.
Der König beeindruckte ihn wirklich. Er war in mittleren Jahren, korpulent, aber stattlich; die Haare wurden
von dem schmalen Reif der Alltagskrone gebändigt und
fielen ihm in edlen Locken auf die Schultern. Auf dem
ernsten Gesicht lag ein angedeutetes Lächeln, das jederzeit zu einem offenen werden konnte. Diesem Lächeln
verdankte er seinen Beinamen. Während er ruhig und
selbstbewusst zum Thron schritt, gestattete er einem Höfling mit herrschaftlicher Geste, sich zu erheben, und flüsterte ihm beiläufig etwas zu. Alles in allem war Marcel
der Lustige eben ein rundum würdevoller König.
»Seine Majestät König Marcel!«, verkündete der Herold feierlich, der links neben dem Thron stand.
Der König nahm auf dem recht bescheidenen Thron
aus poliertem Holz vom weißen Baum Platz. (Einige
Dutzend großer schwarzer Brillanten, die im Holz geheimnisvoll funkelten, verhinderten, dass der Thron allzu
schlicht wirkte.) Um den Thron herum tauchten förmlich
aus dem Nichts Gardisten auf, junge Männer mit undurchdringlichen Gesichtern in leichten Rüstungen aus
grauem Leder, die sie nicht in den Bewegungen einschränkten. Der König ließ den Blick über die Anwesenden schweifen und sagte: »Guten Tag, meine Teuren!«
Die Höflinge richteten sich geräuschvoll auf.
»Und auch Ihr, meine nicht weniger teuren … und weit
stärker riechenden Untertanen!«, fügte der König hinzu.
Die Alchimisten erhoben sich, die Höflinge kicherten
verhalten.
»Wie viel haben wir der Gilde in diesem Jahr für Feuerwerke, Farben, Düfte, Wanzenpulver, Medizin gegen
Erkältungen und Gift für den Geheimdienst bezahlt?«,
wollte der König wissen.
»Siebentausenddreihundertundsechs Goldtaler!«, antwortete der Majordomus sofort.
»Dann seid Ihr meine wahren Teuren«, bemerkte der
König. »Ich höre die verehrten Gildemeister an!«
»Eure Majestät!« Der Alte mit der Glasflasche trat vor.
»Der vom Volk so geliebte Feiertag des neuen Jahres
rückt näher!«
»Das ist mir doch tatsächlich nicht ganz unbekannt«,
bemerkte der König.
»Und Euer Volk, Sire«, fuhr der Alchimist fort, »hat
den vergnüglichen Brauch, diesen Tag mit Knallerbsen,
einem Feuerwerk und Raketen zu feiern. Doch seit mehr
als neun Jahren gilt das Verbot …«
»Schon verstanden.« Der König gähnte. »Hört meine
Entscheidung! Das zeitweilige Verbot für besonders laute
und bunte Feuerwerke wird aufgehoben …«
»Was?« Der Alchimist war derart überrumpelt, dass er
den König unterbrach. Marcel nahm es jedoch nicht übel
und lächelte nur. »Das Verbot wird aufgehoben. Mehr
noch, ich beabsichtige, in vier Monaten ein großes Fest
auszurichten … zu dem Eure Gilde sich aufs Beste vorzubereiten hat. Es werden viele Feuerwerke benötigt!«
Der ganze Saal schwieg ergriffen.
»Zum neuen Jahr wird es allerdings kein Feuerwerk in
der Hauptstadt geben«, erklärte der König. »Damit die
Königin nicht vor der Zeit niederkommt, wenn sie sich
bei all Euren Explosionen und Knallereien erschreckt.«
»Oh, Sire!«, brachte der Alchimist heraus.
Marcel erhob sich. »Freut Euch!«, sagte er feierlich.
»Die Königin erwartet einen Thronerben!«
Obwohl es für die Höflinge ganz offenbar keine Neuigkeit war, begrüßten
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