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Lukkas Erbe

Lukkas Erbe

Titel: Lukkas Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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zählen kannst. Ich mag Mörder, und sie mögen mich. Lukka mochte mich sehr. Ben mag mich auch. Er hat mir eine Liebeserklärung auf den Boden gelegt. Jetzt nimm das Messer, sonst stehen wir noch hier, wenn Nicole zurückkommt. Denk an deine Schwester und deine Cousine. Zwei junge Mädchen, die ihr Leben noch vor sich hatten. Was hätten sie nicht alles daraus machen können?»
    Achim konnte ihr nicht länger zuhören. Er wollte ebenso wenig in den Keller, wie er den Bungalow hatte betreten wollen. Nur ging es nicht anders. Es war, als ob ihn etwas mit aller Macht nach unten zog.
    Etwa eine halbe Stunde später kam Nicole mit den Einkäufen aus Lohberg zurück. Miriam saß im Wohnzimmer in einem Sessel, umnebelt von Zigarettenqualm. Auf dem Fußboden lagen noch die Karten. BEN, LIEB, FREUDE. Auf dem Tisch lagen die Paneele, eins neben dem anderen. Das leere Glas stand in der Küche, das Fläschchen hielt Miriam in der Hand. In ihrem Schoß lag das Messer. Achim Lässler hatte es nicht genommen, als er hinuntergegangen war. Auf Miriams Gesicht lag ein Ausdruck, den Nicole bis dahin noch nicht gesehen hatte.
    «Was ist los?», fragte sie. «Hat es ein Problem gegeben mit Ben?» Das Messer in Miriams Schoß schien sauber. Aber das bedeutete nichts, die Tatsache, dass ein Messer in ihrem Schoß lag, war alarmierend.
    «Das weiß ich nicht», erwiderte Miriam mit einer fast tonlosen Stimme.
    «Was heißt, du weißt es nicht?»
    «Ich habe nichts gehört. Aber ich weiß nicht, was man hört, wenn die Tür zu ist. Vielleicht ist der Keller schalldicht.»
    Nicole hörte nur «Keller» wie ein Echo. «Ben ist im Keller?»
    Miriam nickte.
    «Warum? Was hast du mit ihm gemacht?»
    «Was hättest du mit ihm gemacht, wenn er deinem Vater beim Töten zugeschaut und ihm dann das Genick gebrochen hätte?»
    «Ich hatte nie einen Vater», sagte Nicole. «Und dein Vater lebt noch. Lukka war nur ein elender Scheißkerl, der dich verrückt gemacht hat. Ich hab dir doch gesagt, du packst es nicht. Du steigerst dich nur wieder in irgendwas hinein. Ben hat hier keinen Fuß über die Schwelle gesetzt. Bärbel sagte   …»
    «Bärbel sagte», wiederholte Miriam, lachte rau und zündete sich eine Zigarette an. Unvermittelt wurde sie laut: «Herrgott, was muss ich denn tun, damit es ein Ende findet? Ich habe ihn gereizt bis aufs Blut. Ich dachte, er geht mir an die Kehle. Dann stürmte er nach unten, und ich hab nichts gehört.»
    Nicole nahm an, dass sie von Ben sprach, wusste nicht, wen Miriam sonst noch meinen könnte.
    «Wenn du ihm etwas getan hast   …» Weiter kam sie nicht.
    Miriam lachte oder weinte, das hätte Nicole nicht sagenkönnen. «Ich wünsche mir, ich hätte es gekonnt. Es wäre leicht gewesen. Und er lächelt mich an. Ich kann ihn nicht umbringen, wenn er mich anlächelt. In den letzten Wochen dachte ich manchmal, es wäre vielleicht gar nicht nötig. Ich wollte doch nur noch wissen, wer der Kerl im Wald war. Und er machte diese Gesichter. Aber niemand sieht, was sie bedeuten. Bin ich denn in diesem verfluchten Kaff die Einzige, die ein bisschen Ahnung von der Materie hat?»
    Nicole verstand nicht einmal die Hälfte. Miriam schniefte, wischte mit einer Hand übers Gesicht und verlangte: «Wirf sie raus, wenn sie noch gehen können. Wenn nicht, sollen sie kriechen. Und wenn sie sich gegenseitig die Köpfe eingeschlagen haben, rufst du einfach Walter an oder die Feuerwehr. Vielleicht können sie wirklich Tote erwecken, wie Ben annimmt. Um seinen Glauben kann man ihn nur beneiden. Überleg mal, wie einfach alles wäre. Meine Mutter wäre wieder da, und ich könnte sie von ihrer Sucht heilen. Und wenn Lukka zurückkäme, wären wir bereit für ihn. Aber er könnte wahrscheinlich nicht kommen, ist ja nur noch Asche.»
    Obwohl Miriam von mehr als einem gesprochen hatte, rechnete Nicole nicht damit, dass jemand bei Ben sein könnte. Die massive Stahltür war zu. Es kostete sie Überwindung, die Klinke niederzudrücken und zu öffnen. Was sie zu sehen erwartete, wusste sie nicht genau.
    Die wenigen Trimmgeräte verloren sich fast. Der Raum war so groß wie das Wohnzimmer und wirkte steril mit den bis zur Decke gefliesten Wänden. Achim Lässler und Ben saßen sich gegenüber auf dem Boden vor der Dusche, saßen da, als hätten sie sich nur nett unterhalten. Das hatten sie auch, aber gesprochen hatte eigentlich nur Achim. Er hatte sich alles von der Seele geredet, viel leichter fühlte er sich nicht, nur erschöpft.
    Als Nicole

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