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Lukkas Erbe

Lukkas Erbe

Titel: Lukkas Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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hätte zumindest sie einigermaßen unbeschadet überlebt.
    «Wer weiß, was der Kerl mit dir angestellt hätte. Er hätte sich garantiert an dir vergangen und dir irgendwann auf seine Weise das Maul gestopft. Wo deine Mutter die halbe Zeit sturzbesoffen war, hätte er doch freie Hand gehabt.»
    Daraufhin packte sie in der letzten Märzwoche 96 zwei Koffer. Sämtliche Briefe von Heinz Lukka nahm sie mit. Der Holzwurm hielt sie für übergeschnappt. Aber wie er darüber dachte, spielte nun wirklich keine Rolle mehr. Den Alleebaum auf der Landstraße hatte sie bereits einmal bewältigt, sie war sicher, es erneut zu schaffen. Sowar es auch, weil das, was auf den Baum folgte, um vieles entsetzlicher war.
    Als sie ankam, saß sie wieder minutenlang im Wagen vor dem Grundstück. Es fehlte nicht viel, und sie wäre umgekehrt, aber diesen Triumph gönnte sie dem Holzwurm nicht. Also stieg sie aus, trug ihre Koffer und ein paar Lebensmittel ins Haus, schaffte als Erstes den Karton mit Schriftstücken und Videobändern auf den Dachboden, ebenso Heinz Lukkas Sachen aus dem Kleiderschrank.
    Vieles war so erschreckend banal, seine Hemden und Anzüge, Socken, Unterwäsche und Schuhe. Ein leerer Öltank, verdorbene Lebensmittel im Kühlschrank, Staub auf den Möbeln und ein blutiger Teppich.
    Im Dorf registrierte man ihren provisorischen Einzug rasch. Sie fuhr einen auffälligen Wagen, einen dunkelgrünen Jaguar, den sie auf dem Weg abstellen musste, weil die Garage nicht frei war. Darin stand noch der Mercedes, den Heinz Lukka zuletzt gefahren hatte. Jeder, der den Feldweg benutzte, sah den Jaguar ab der letzten Märzwoche 96 vor dem Grundstück stehen.
    Es gab ein paar Spekulationen, doch außer Jakob und Trude Schlösser wusste kein Mensch genau, wem der Wagen gehörte. Niemand dachte mehr an einen fünfzehn Jahre zurückliegenden Autounfall, bei dem Lukkas Verlobte ums Leben gekommen war. Kaum jemand erinnerte sich, dass die Frau damals eine zwölfjährige Tochter gehabt hatte.
    Aus dem Dorf hielt Miriam Wagner sich fern. Einkäufe machte sie in Lohberg, dort aß sie auch zu Abend, weil sie noch nie für sich gekocht hatte und es jedes Mal eine Herausforderung darstellte, an dem Alleebaum vorbeizufahren. Es war jedes Mal ein winziger Triumph und gab ihr das Gefühl, auch dem größeren Entsetzen gewachsen zu sein. Aber leicht war es nicht.
    Sie bemühte sich um Informationen. Doch nur die Lokalpresse hatte ausführlich über den Fall berichtet. Man stellte ihr Kopien der Artikel zur Verfügung, aber die reißerischen Schlagzeilen und die jungen, lebendigen, unversehrten Gesichter konnte sie nur kurz anschauen.
    Bei Tag fand sie noch Ablenkung. Das Haus musste wieder wohnlich gemacht werden. Sie ließ den Öltank füllen, leerte und reinigte den Kühlschrank, telefonierte mit der Kanzlei, erkundigte sich, welche Hilfe Heinz Lukka im Haushalt gehabt hatte. Von einer Zugehfrau war nichts bekannt. Die Sekretärin meinte, er hätte keine gehabt. Daraufhin erinnerte sie sich, dass er einmal gesagt hatte: «Das Haus ist so leicht sauber zu halten, da muss ich keine Fremde in meiner Privatsphäre schnüffeln lassen.»
    Natürlich nicht, das hatte er sich auch kaum leisten können, wenn er in seiner Privatsphäre Kinder und junge Frauen abschlachtete. Aber sie hätte gerne eine Hilfe gehabt, putzen und wischen lag ihr nicht.
    Nachdem die Wohnräume oberflächlich wieder einigermaßen sauber waren, kümmerte sie sich um den Inhalt der Schränke, die sie nicht schon zwangsläufig hatte öffnen müssen wie die in der Küche und den Kleiderschrank, in dem sie ihre Garderobe untergebracht hatte.
    Die Schränke im Wohnzimmer waren Antiquitäten wie der Schreibtisch und der Sekretär im Arbeitszimmer. In dem Schrank gegenüber der Terrasse standen – verborgen hinter den Türen – der Fernseher und ein Videorecorder. Ein ungünstiger Platz für ein Fernsehgerät, bei etwas Sonne draußen war kaum etwas zu erkennen, die Terrassentüren spiegelten sich im Bildschirm. Aber Heinz Lukka hatte tagsüber wohl nicht die Zeit gehabt, sich vor den Fernseher zu setzen. Ihr Bedürfnis war es auch nicht.
    Bei den Geräten lag ein handlicher Camcorder. Siemeinte, er hätte damals schon eine Videokamera besessen, ein klobiges, schweres Ding, das man besser auf ein Stativ stellte, wenn nicht die Bilder verwackeln sollten. Er hatte auch einmal darüber gesprochen, dass er auf Urlaubsreisen lieber filmte statt zu fotografieren. «Da spürt man das Leben.» Das

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