Lullaby (DE)
die an meiner Hand kleben, nachdem wir uns die Hände geschüttelt haben.
Helens Hände verziehen sich in die Ärmel ihres Mantels, und sie geht zum Kamin, nimmt eine Orange vom Altar und beginnt sie zu schälen.
Dann kommt ein Mann namens Badger mit einem lebenden Papagei auf der Schulter. Dann eine Frau namens Clematis. Dann Lobelia. Ein Bluebird klingelt. Dann ein Possum. Dann jemand mit Namen Lentils, falls ich mich nicht verhört habe. Helen trinkt noch einen Opfertrunk. Mona kommt mit Oyster, aber ohne Bademantel, aus der Küche.
An der Wohnungstür liegt ein Haufen schmutziger Kleider, und Helen und ich sind die Einzigen, die noch angezogen sind. Tief in dem Haufen piept ein Handy, und Sparrow gräbt es aus. Sie trägt nur ihre schwarz gerahmte Brille. Ihre Brüste hängen herab, während sie sich über den Kleiderhaufen beugt und in das Handy spricht: »Anwaltskanzlei Dormer, Dingus und Diggs ...« Sie sagt: »Beschreiben Sie den Ausschlag bitte.«
Es dauert ein Weilchen, Mona nur an ihrer Frisur und den vielen Ketten um ihren Hals zu erkennen. Man will sich ja nicht dabei erwischen lassen, anderswohin zu sehen, aber ihr Schamhaar ist rasiert. Von vorn gesehen, bilden ihre Schenkel zwei perfekt gerundete Klammern um das rasierte V. Von der Seite scheinen die Brüste mit den rosa Nippeln nach anderen Leuten zu greifen. Von hinten spaltet sich ihr Kreuz in zwei feste Hinterbacken, und ich zähle 4, zähle 5, zähle 6 ...
Oyster trägt die weiße Schachtel eines Straßenverkaufsimbisses herum.
Eine Frau namens Honeysuckle, nur mit einem Kopftuch aus Kattun bekleidet, spricht von ihren früheren Leben.
Und Helen sagt: »Kommt Ihnen Reinkarnation nicht bloß wie eine andere Form von Aufschieberei vor?«
Ich frage, wann es was zu essen gibt.
Und Mona sagt: »Mensch, Sie reden genau wie mein Vater.«
Ich frage Helen, wie sie es schafft, den ganzen Verein hier nicht auf der Stelle umzubringen.
Und sie nimmt ein frisches Glas Wein vom Kamin und sagt: »Bei jedem Einzelnen hier im Raum wäre das ein gutes Werk.« Sie trinkt das Glas halb aus und gibt den Rest mir.
Der Weihrauch riecht wie Jasmin, und alles im Raum riecht wie dieser Weihrauch.
Oyster stellt sich in die Mitte des Zimmers, hält die weiße Schachtel über den Kopf und sagt: »Okay, wer hat diesen Mist mitgebracht?«
Mein Dreibohnensalat.
Und Mona sagt: »Bitte, Oyster, lass das.«
Und Oyster hält die Schachtel an ihrem Drahtgriff hoch, er hält den Griff mit nur zwei spitzen Fingern und sagt: »›Fleischfrei‹ heißt ohne Fleisch. Also, wer war das? Wer hat das mitgebracht?« Die Haare unter seinen Achseln sind leuchtend orangefarben. Auch seine Körperbehaarung weiter unten.
Ich sage, das ist bloß Bohnensalat.
»Mit?«, sagt Oyster und rüttelt die Schachtel.
Mit nichts.
Es ist so still im Zimmer, dass man von nebenan die Schlacht von Gettysburg hören kann. In der Wohnung oben hört man einen Deprimierten auf der Gitarre Folksongs schrammeln. Ein Schauspieler schreit, und ein Löwe brüllt, und Bomben stürzen pfeifend vom Himmel.
»Mit Worcestershire-Sauce im Dressing«, sagt Oyster. »Also Sardellen. Also Fleisch. Also Grausamkeit und Tod.« Er hält die Schachtel in einer Hand und zeigt mit der anderen darauf. Er sagt: »Das Zeug kommt ins Klo, weil es da nämlich hingehört.«
Und ich zähle 7, zähle 8 ...
Sparrow geht herum und verteilt kleine runde Steine aus einem Korb. Mir gibt sie auch einen. Er ist grau und kalt. Sie sagt: »Halten Sie das fest und spüren Sie die Vibration der Energie. Der Stein wird uns für das Ritual alle in die gleiche Vibration versetzen.«
Man hört die Klospülung.
Der Papagei auf Badgers Schulter dreht ständig den Kopf hin und her und rupft sich mit dem Schnabel grüne Federn aus. Und immer wieder legt der Vogel den Kopf nach hinten und schluckt die Federn krampfhaft würgend hinunter. Wo er keine Federn mehr hat, ist picklige Haut zu sehen. Badger selbst hat ein gefaltetes Handtuch auf der Schulter, damit der Papagei sich festhalten kann, und das Handtuch ist hinten ganz mit gelblicher Vogelscheiße bekleckert. Der Vogel reißt sich die nächste Feder aus und verschlingt sie.
Sparrow gibt Helen einen Stein, und die wirft ihn in ihre pulverblaue Handtasche.
Ich nehme einen Schluck Wein aus ihrem Glas. In der Zeitung von heute steht, dass der Mann am Aufzug, der Mann, der meinem Todeswunsch zum Opfer gefallen war, drei Kinder hatte, alle unter sechs Jahre alt. Der Polizist, den ich
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