Lullaby (DE)
getötet habe, unterstützte seine betagten Eltern, damit sie nicht ins Altersheim mussten. Er und seine Frau waren Pflegeeltern. Er war als Nachwuchstrainer für Baseball und Fußball tätig gewesen. Die Frau mit dem Walkie-Talkie war in der zweiten Woche schwanger. Ich nehme noch einen Schluck Wein. Schmeckt wie rosa Lippenstift.
In der Zeitung von heute steht folgende Anzeige:
Achtung an alle Besitzer von Dorsett-Porzellan
Dazu der Text: »Wenn Sie nach dem Essen Brechreiz verspüren oder an Durchfall erkranken, rufen Sie bitte die folgende Nummer an.«
Oyster sagt zu mir: »Mulberry meint zwar, Sie haben Dr. Sara getötet, aber ich meine, Sie haben von so was keinen Schimmer.«
Mona will ein neues Opfer auf den Kaminsims stellen, aber Helen nimmt ihr das Glas gleich aus der Hand.
Oyster sagt zu mir: »Macht über Leben und Tod üben Sie höchstens einmal dann aus, wenn Sie bei McDonald’s einen Hamburger bestellen.« Sein Gesicht ist ganz dicht vor meinem. Er sagt: »Sie legen bloß Ihr schmutziges Geld hin, und irgendwo anders saust das Beil herunter.«
Und ich zähle 9, zähle 10 ...
Sparrow zeigt mir einen dicken Wälzer, den sie mir aufgeschlagen hinhält. Ich sehe Bilder von Zauberstäben und Eisentöpfen. Glöckchen und Quarzkristalle, alles in verschiedenen Farben und Größen. Messer mit schwarzen Griffen, so genannte Athame. Sparrow spricht das so aus, dass es sich fast auf »Hammer« reimt. Sie zeigt mir Fotos von Kräuterbündeln, mit denen man Reinigungswasser versprengen kann. Sie zeigt mir Amulette, glatt poliert zum Ablenken negativer Energie. Ein Ritualmesser mit weißem Griff wird Bolline genannt.
Ihre Brüste ruhen auf dem aufgeschlagenen Katalog und bedecken jede der beiden Seiten bis zur Hälfte.
Oyster steht neben mir, seine Halsmuskeln zucken, als er beide Fäuste ballt und sagt: »Wissen Sie, warum die meisten Überlebenden des Holocaust Veganer sind? Weil sie wissen, wie das ist, wenn man wie ein Tier behandelt wird.«
Ich spüre seine Körperwärme, und er sagt: »Wussten Sie, dass bei der Eierproduktion sämtliche männlichen Hühner lebendig gemahlen und zu Dünger verarbeitet werden?«
Sparrow blättert in ihrem Katalog und zeigt auf etwas. Sie sagt: »Wenn Sie sich umhören, werden Sie feststellen, dass wir das beste Ritualzubehör im mittleren Preisbereich anbieten.«
Das nächste Opfer an die Göttin. Ich trinke.
Das danach kippt Helen allein.
Oyster geht einmal im Zimmer herum. Er kommt zurück und sagt: »Wussten Sie, dass die meisten Schweine in den wenigen Sekunden, bevor sie in kochend heißes Wasser geworfen werden, noch nicht zu Tode verblutet sind?«
Das Opfer danach bekomme ich. Der Wein schmeckt wie Jasminweihrauch. Der Wein schmeckt wie Tierblut.
Helen bringt das leere Weinglas in die Küche, und echtes Licht leuchtet auf, als sie den Kühlschrank öffnet und eine Karaffe mit Rotwein herausnimmt.
Und Oyster reckt von hinten sein Kinn über meine Schulter und sagt: »Die meisten Kühe sterben nicht sofort.« Er sagt: »Man legt der Kuh eine Schlinge um den Hals, zerrt sie schreiend durchs Schlachthaus und schneidet ihr bei lebendigem Leib Vorder- und Hinterbeine ab.«
Hinter ihm klappt ein nacktes Mädchen namens Starfish ein Handy auf und sagt: »Anwaltskanzlei Dooley, Donner und Dunne.« Sie sagt: »Beschreiben Sie die Farbe Ihres Pilzbefalls.«
Badger kommt aus dem Bad, wobei er sich duckt, um seinen Papagei unter der Tür hindurchzukriegen; in seiner Arschspalte klebt ein Fetzen Papier. Nackt sieht seine Haut picklig aus. Wie gerupft. Ob ihm der Vogel auch auf der Schulter hockt, wenn er auf der Toilette sitzt, will ich gar nicht erst wissen.
Und drüben steht Mona.
Mulberry.
Sie steht mit Honeysuckle zusammen und lacht. Ihre roten und schwarzen Dreadlocks hat sie zu einem wirren Haufen hochgesteckt, an dem unten dran ihr kleines Gesicht hängt. An den Fingern trägt sie Ringe mit schweren Steinen aus rotem Glas. Der Wust von Silberketten um ihren Hals endet in einem Gewühl von Amuletten und Anhängern und Talismanen vor ihren Brüsten. Kostümschmuck. Ein kleines Mädchen, das Verkleiden spielt. Barfuß.
Sie ist so alt, wie meine Tochter jetzt wäre, wenn ich noch eine Tochter hätte.
Helen taumelt ins Zimmer zurück. Sie klemmt die Zunge zwischen zwei Finger, geht im Zimmer umher und drückt mit den feuchten Fingern die Räucherhütchen aus. Dann lehnt sie sich wieder an den Kamin und hebt das Weinglas an ihren rosa Mund. Über das
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