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Lullaby (DE)

Lullaby (DE)

Titel: Lullaby (DE) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Palahniuk
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offen über das Feuerzeug und befächelt die Seiten mit der kleinen Flamme. Das Fenster auf seiner Seite steht einen Spalt weit offen, und er schiebt das Buch hindurch, wartet, bis die Flammen im Wind auflodern, und lässt es dann los.
    Trespe liebt das Feuer.
    Er sagt: »Bücher können sehr böse sein. Mulberry muss sich ihre eigene Spiritualität erfinden.«
    Helens Handy piept. Oysters Handy piept.
    Mona reckt seufzend die Arme. Die Augen geschlossen, Oysters Hand noch in ihren Haaren zugange, wühlt Mona ihren Kopf in Oysters Schoß und sagt zum Piepen seines Handys: »Vielleicht gibt es in dem Grimoire einen Spruch, mit dem sich die Überbevölkerung aufhalten lässt.«
    Helen schlägt den Terminkalender am heutigen Datum auf und notiert einen Namen. Ins Handy sagt sie: »Ein Exorzismus ist überflüssig. Wir können das Haus gleich wieder zum Verkauf anbieten.«
    Mona sagt: »Ehrlich, wir brauchen irgendwie so einen universellen ›Kastrierzauber‹.«
    Und ich frage, ob keiner von ihnen Angst hat, in die Hölle zu kommen.
    Und Oyster zieht sein Handy aus dem Medizinbeutel.
    Es piept und piept.
    Helen drückt sich ihr Handy an die Brust und sagt: »Glaub bloß nicht, dass die Regierung nicht längst an ein paar tollen Infektionskrankheiten arbeitet, um die Überbevölkerung zu stoppen.«
    Und Oyster sagt: »Um die Welt zu retten, hat Jesus sechsunddreißig Stunden am Kreuz gelitten.« Sein Handy piept und piept immer weiter, und er sagt: »Ich bin bereit, für die gleiche Sache ewig in der Hölle zu schmoren.«
    In ihr Handy sagt Helen: »Wirklich? In Ihrem Schlafzimmer riecht es nach Schwefel?«
    »Du kapierst schon noch, wer der bessere Erlöser ist«, sagt Oyster und klappt sein Handy auf. Er sagt: »Anwaltskanzlei Dunbar, Dunaway und Doogan ...«

27
     
    Man stelle sich vor, der Chicagoer Brand von 1871 hätte sechs Monate lang weiter gewütet, bevor das jemand gemerkt hätte. Man stelle sich vor, die Überschwemmung von Johnstown 1889 oder das Erdbeben von San Francisco 1906 hätten sechs Monate, ein Jahr, zwei Jahre lang angehalten, bevor jemand darauf aufmerksam geworden wäre.
    Bauen mit Holz, Bauen auf Verwerfungslinien, Bauen in Überschwemmungsgebieten: Jedes Zeitalter erschafft die eigenen »Naturkatastrophen«.
    Man stelle sich eine dunkelgrüne Flut in der Innenstadt irgendeiner größeren Stadt vor und wie die Büro- und Wohntürme Stückchen für Stückchen darin untergehen.
    Jetzt, hier und jetzt, schreibe ich aus Seattle. Einen Tag, eine Woche, einen Monat hinterher. Wer weiß wie lange nach der Tat. Sarge und ich, wir sind noch immer auf Hexenjagd.
    Hedera helixseattle, so nennen Botaniker diese neue Abart des englischen Efeus. Eines Tages sahen die Beete um die Olympic Professional Plaza möglicherweise leicht zugewuchert aus. Der Efeu bedrängte die Stiefmütterchen. Ein paar Ranken hatten in der Backsteinfassade Wurzeln geschlagen und krochen langsam empor. Niemandem war das aufgefallen. Es hatte viel geregnet.
    Niemand merkte etwas bis zu dem Morgen, an dem die Bewohner des Park-Seniorenheims die Ausgangstüren von Efeu verschlossen fanden. Am selben Tag stürzte die Südwand des Fremont-Theaters, Backstein und Beton von einem Meter Dicke, in das ausverkaufte Haus. Am selben Tag brach ein Teil der unterirdischen Einkaufspassage ein.
    Niemand kann sagen, wann genau Hedera helixseattle die ersten Wurzeln geschlagen hat, aber man kann es ziemlich gut abschätzen.
    Bei der Durchsicht alter Ausgaben der Seattle Times finde ich auf der Unterhaltungsseite vom 5. Mai eine Anzeige. Dreispaltig. Die Überschrift:
    Achtung an die Gäste des Oracle Sushi Palace
     
    Dazu der Text: »Wenn Sie an durch Darmparasiten verursachtem starkem Jucken im Rektalbereich leiden, können Sie sich an einer Sammelklage beteiligen.« Und dann eine Telefonnummer.
    Ich, der ich mit Sarge hier bin, rufe die Nummer an.
    Eine Männerstimme sagt: »Anwaltskanzlei Denton, Daimler und Dick.«
    Und ich sage: »Oyster?«
    Ich sage: »Wo steckst du, du mieses Arschloch?«
    Und schon legt er auf.
    Hier und jetzt, während ich das hier in Seattle schreibe, in einem Restaurant etwas außerhalb der Absperrungen des städtischen Bauamtes, erklärt eine Kellnerin mir und Sarge: »Die können den Efeu jetzt nicht vernichten«, und schenkt uns Kaffee nach. Sie sieht aus dem Fenster auf das Grün der Mauern, durch das sich dicke graue Ranken ziehen. Sie sagt: »Das Zeug ist das Einzige, was die Stadt noch zusammenhält.«
    Unter dem

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