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Lullaby (DE)

Lullaby (DE)

Titel: Lullaby (DE) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Palahniuk
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prächtigen glänzenden schwarzen Scharen der Stare mit ihren grusligen Gesängen  – sie rauben die Nester hundert verschiedener einheimischer Vogelarten aus.
    Man stelle sich eine Idee vor, die sich einem im Kopf festsetzt wie eine Armee, die eine Stadt besetzt.
    Außerhalb des Autos ist jetzt Amerika.
    O schöner Himmel voller Stare,
Über Wogen güldnen Jakobs-Greiskrauts.
O Berge violetten Blutweiderichs
Über der Prärie der Beulenpest.
     
    Amerika.
    Ein Sturm von Ideen. Der mächtige Griff des Lebens.
    Wenn man Oyster zugehört hat, empfindet man ein Glas Milch nicht mehr als nette Beigabe zu Schokoplätzchen. Sondern man denkt an Kühe, die mit Hormonen voll gepumpt und gezwungen werden, ständig schwanger zu sein. Man denkt an die unvermeidlichen Kälber, die, in enge Ställe gepfercht, ein paar elende Monate zu leben haben. Ein Schweineschnitzel, das ist ein abgestochenes, blutendes Schwein, das mit einer Schlinge am Fuß hochgezogen wird, um kreischend zu sterben, während es zu Schnitzeln und Braten und Schmalz verarbeitet wird. Sogar ein hart gekochtes Ei, auch dabei denkt man nur noch an eine Henne, deren Füße vom Leben in einem zehn Zentimeter breiten Drahtkäfig verkrüppelt sind, so beengt, dass sie nicht einmal die Flügel heben kann, so peinigend, dass man ihr den Schnabel abschneidet, damit sie nicht in Raserei die Hennen in den Nachbarzellen attackiert. Und so legt sie, das Gefieder vom Käfiggestänge abgewetzt und mit abgeschnittenem Schnabel, ein Ei ums andere, bis ihre Knochen so kalziumarm geworden sind, dass sie im Schlachthaus einfach zersplittern.
    Das ist dann das Hühnerfleisch in der Nudelsuppe, diese Legehennen, die so zerfetzt und zerschunden sind, dass sie in Streifen geschnitten und gekocht werden müssen, weil niemand mehr sie beim Metzger kaufen würde. Das ist das Hühnerfleisch in der Wurst. In Chicken-Nuggets.
    Oyster redet von nichts anderem. Das ist seine Informationsseuche. Und ich stelle dann immer das Radio an. Country & Western. Basketball. Egal was, Hauptsache, laut und ununterbrochen, sodass ich mir einbilden kann, mein Frühstückssandwich sei nur ein Frühstückssandwich. Und dass ein Tier einfach nur ein Tier ist. Und ein Ei ein Ei. Dass Käse kein winziges leidendes Kalb ist. Dass ich als Mensch das Recht habe, das zu essen.
    Hier haut Big Brother mal wieder auf die Pauke, also denke ich zum eigenen Besten lieber gar nicht erst darüber nach.
    In der örtlichen Tageszeitung wird heute schon wieder von einem toten Fotomodell berichtet. Und es gibt eine Anzeige:
    Achtung an die Besucher der Hundefarm Falling Star
     
    Mit dem Text: »Wenn Ihr neuer Hund ein Kind in Ihrem Haus mit Tollwut ansteckt, können Sie sich an einer Sammelklage beteiligen.«
    Wir fahren durch eine einstmals schöne, natürliche Landschaft, essen, was einstmals ein Sandwich mit Ei gewesen ist, und ich frage, warum sie die drei Bücher in der Bücherscheune nicht einfach kaufen konnten. Oyster und Helen. Oder nur die Seiten rausreißen und den Rest dalassen. Ich sage, unsere Reise hat doch zum Ziel, dass die Leute eben keine Bücher verbrennen.
    »Reg dich ab«, sagt Helen am Steuer. »Der Laden hatte drei Exemplare. Nur dass keiner wusste, wo.«
    Und Oyster sagt: »Die waren alle falsch einsortiert.« Mona schläft, ihr Kopf liegt in seinem Schoß, und er klaubt ihre Haare in rote und schwarze Stränge auseinander. »Anders kann sie nicht einschlafen«, sagt er. »Sie würde ewig schlafen, wenn ich das immer weiter machen würde.«
    Aus irgendeinem Grund muss ich an meine Frau denken, an meine Frau und meine Tochter.
    Bei all den Sirenen und Feuerwehrwagen haben wir in der Nacht kein Auge zugemacht.
    »Diese Bücherscheune war ein unglaubliches Labyrinth«, sagt Helen.
    Oyster flechtet Mona die Bruchstücke der Zivilisation in die Haare. Die Fragmente aus meinem Fuß, die kaputten Säulen und Treppen und Blitzableiter. Er hat ihren Navajo-Traumfänger auseinander genommen und flechtet ihr die I-Ging-Münzen und Glasperlen und Schnüre ins Haar. Die Federn in den Osterfarben, blau und rosa.
    »Wir haben den ganzen Abend danach gesucht«, sagt Helen. »Wir haben jedes Buch in der Kinderabteilung überprüft. Dann die wissenschaftlichen Bücher. Religion. Philosophie. Gedichte. Volkssagen. Ethnische Literatur. Und die komplette Belletristikabteilung.«
    Und Oyster sagt: »Im Computer waren die Bücher als vorhanden verzeichnet, aber im Laden waren sie nirgends aufzutreiben.«
    Also haben

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