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Lumpenloretta

Lumpenloretta

Titel: Lumpenloretta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Nöstlinger
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gewesen, da ist die Loretta mit Zecke und Zahn aus dem Nachbarhaus auf die Straße raus und zum Vorgartenzaun vom Glatze-Haus gekommen.
    Zahn hat Glatze am Fenster gesehen und ihm zugerufen: „Wir holen jetzt die Radln und düsen zum Teich runter. Komm nach!“
    Glatze hat sagen wollen, dass er ohnehin schon fertig ist und es bloß eine halbe Minute dauert, bis er sein Fahrrad aus dem Keller geholt hat, und dass sie auf ihn warten sollen, aber seine Mutter ist ihm zuvorgekommen und hat zu Zecke und Zahn gesagt: „Heute kann der Konrad nicht mit euch losziehen. Wir fahren weg, wir sind zu Mittag bei seinem Großvater eingeladen. Der hat Geburtstag!“
    „Verdammter, verlauster Bockmist“, hat Glatze gemurmelt. Dass für heute das große Geburtstagsmittagessen in Dornach angesagt ist, hatte er komplett verschwitzt!
    Zecke und Zahn haben Glatze kurz zugewinkt und sind dann mit der Loretta die Straße raufgelaufen, zum Zecke-Haus. Dass sie sich so schnell davongemacht haben, hat Glatze nicht gewundert. Zecke und Zahn wissen nämlich genau, dass die Glatze-Mutter wenig von ihnen hält und gehen ihr, so gut es geht, aus dem Weg.
    Und dass die Glatze-Mutter wenig von ihnen hält, hat sie gleich wieder einmal beweisen müssen. Sie hat hinter ihnen her gekeift: „Zu grüßen hat man den zwei jungen Herren sichtlich noch immer nicht beigebracht!“
    Dass es unmöglich ist, den Opa-Geburtstag zu bestreiken und zum Badeteich zu radeln, ist Glatze klar gewesen. Glatze hat seinen Opa sehr gern. So ist er in die Küche zurück und hat sich eine Schinkensemmel gemacht. Ist ihm aber nicht nach Essen gewesen. Zwei Bissen hat er runtergewürgt, den Rest hat er in den Abfalleimer geworfen und mit einem Kochlöffelstiel unter viel Staubsaugerdreck begraben. Damit seine Mutter nicht merkt, dass er wieder einmal die schwere Sünde des Nahrungsvergeudens begangen hat. Dann hat er sich auf das Küchenstockerl gesetzt und vor sich hin gedumpft. Kann man ja verstehen! Da zischt die Loretta mit seinen zwei Freunden zum Badeteich ab, und er muss hilflos hinterherschauen und ist dazu noch selber schuld, falls sich zwischen der Loretta und einem von den beiden mehr tut, als ihm lieb ist. Weil er Zecke und Zahn noch gar nicht gesagt hat, dass die Loretta zu ihm gehört! Nicht einmal der Loretta hat er das gesagt! Und warum sollte ausgerechnet er der Loretta besser gefallen als Zahn oder Zecke?
    Wie Glatze gehört hat, dass seine Mutter vom Vorgarten ins Haus kommt, ist er ins Badezimmer geflüchtet. Aber die Glatze-Mutter ist keine, die vor geschlossenen Badezimmertüren Halt macht. Ohne anzuklopfen ist sie zu ihm ins Bad rein und hat gesagt: „Na, da haben sich ja jetzt wohl die drei Richtigen gefunden!“
    Und du kannst dir aussuchen, ob ihr klar gewesen ist, dass sie Glatze damit ins Herz trifft oder ob sie bloß in aller Unschuld Mist geplappert hat. Glatze jedenfalls hat es persönlich genommen und „Hau ab!“ gebrüllt, aber die Glatze-Mutter hat gar nicht daran gedacht, abzuhauen. Glatzes Klamotten hat sie eingefordert, um sie in die Waschmaschine zu stecken. Und dass Glatze duschen soll, bevor er anzieht, was sie ihm für die Geburtstagsfeier zurechtgelegt hat, hat sie verlangt. Und dass er sich beeilen muss, weil sie spätestens in einer halben Stunde losfahren müssen, wenn sie nicht zu spät nach Dornach kommen wollen!
    Glatze hat sich ausgezogen, die Klamotten in Richtung seiner Mutter geschleudert, ist in die Duschkabine, hat die Tür zugezogen und das warme Wasser rieseln lassen. Die Glatze-Mutter hat vor der Milchglasscheibe noch eine Zeit lang irgendetwas gesagt, was Glatze durch das Wassergeriesel hindurch nicht verstanden hat, dann ist sie endlich abgedampft. Kaum ist sie zur Tür draußen gewesen, hat Glatze das Wasser abgedreht und ist aus der Duschkabine. Vor den Spiegel hat er sich gestellt und seinen Kopf betrachtet. Knapp fünf Millimeter lang sind seine Haarstoppel gewesen. Aber weil er enorm viele Haare hat, so viele, dass sie leicht für zwei Normal-Köpfe reichen würden, war sein Schädel trotzdem rabenschwarz. Glatze hat den elektrischen Haarschneider genommen, seinem Spiegelbild bitterböse zugegrinst, und dann hat er ins Rabenschwarze zwei ratzeputzkahle, etwa drei Zentimeter breite Streifen rasiert. Kreuz und quer. Den einen von der Stirnmitte über den Schädel drüber bis zum Genick, den anderen von einem Ohrwaschel bis zum anderen. Und frag mich bloß nicht, warum er das getan hat! Wie ihn seine Mutter

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