Lumpenloretta
durchtelefoniert.
„Wie ist die Braut?“, hat sich Zahn erkundigt. Für ihn sind alle Mädchen, die er nicht näher kennt, Bräute.
„Voll okay!“, hat Glatze geantwortet. Und nach einer längeren Pause drangefügt: „Ein bissl anders schon.“
„Und zwar inwiefern andersartig?“, hat Zecke wissen wollen.
Glatze hat mit den Schultern gezuckt.
„Passt sie zu uns?“, hat Zahn wissen wollen.
„Zu mir passt sie jedenfalls!“ Glatze ist aufgestanden und hat den Rosenstrauch neben der Schaukel inspiziert. „Der ist voll Blattläuse!“, hat er gesagt. „Wo ist denn eure Laus-Chemie?“
„Wir sind chemiefrei. Mein Senior macht das mit Seifenwasser, in dem er seine Tschicks auflöst.“ Zahn hat Glatze einen sanften Tritt in den Po gegeben. „Lass die Läuse in Frieden, Glatze, und erzähl von der neuen Braut!“
„Zahn, halte inne!“ Zecke hat Zahn zugezwinkert. „Ist dir etwa entgangen, dass Glatze einen Themenwechsel präferiert? Ich schlage vor, wir tun uns jetzt an einem Video gütlich, nach zwei fernsehlosen Wochen habe ich quälende Entzugserscheinungen.“
Die drei sind ins Haus rein und in den Keller runter. Bei Zahn steht der Fernsehapparat im Keller unten, in einem Kammerl, das die Zahn-Mutter „Kellerstüberl“ nennt.
Bis die Zahn-Mutter bei der Kellerstiege aufgetaucht ist und runtergerufen hat, dass der Vater vom Konrad da ist und seinen Sohn abholen will, haben die drei einen uralten Sience-Fiction-Schinken angeglotzt und sich andauernd gegenseitig versichert, dass der Film das Letzte vom Allerletzten und sagenhafter Mist ist.
„Dann bis morgen, die Herren“, hat sich Glatze verabschiedet, ist die Treppe rauf und hat sich gewundert, dass ihn sein Vater abholen kommt. Der hätte doch anrufen können! Und überhaupt hätte er seiner Frau sagen können, dass ein Dreizehnjähriger das Nachtmahl daheim ruhig auch einmal schwänzen darf!
Es ist aber gar nicht ums Nachtmahl daheim gegangen. Zum zweiten Mal in dieser Woche hat ihn sein Vater im Auto zum Schnitzelwirten verfrachtet. „Deine Frau Mutter streikt“, hat er auf der Fahrt seufzend erklärt. „Weil ich angeblich immer zu dir und nicht zu ihr halte. Dabei will ich doch nur meine Ruhe und keinen Streit.“
Mehr, als „Sorry“ zu murmeln, ist Glatze nicht eingefallen. Aber sein Vater hat sich sowieso nicht mehr erwartet. Dass sein Sohn ein wortkarger Typ ist, stört ihn nicht. Alles lang und breit hin und her zu bequatschen, sagt er oft, ist Frauensache, das liegt echten Männern nicht.
GLATZE HAT NOCH GESCHLAFEN, ALS Zahn und Zecke am nächsten Morgen mit lautem „Hallo“ in sein Zimmer sind. Weil er erst nach Mitternacht ins Bett gekommen ist. Nach dem Schnitzelessen ist er mit seinem Vater noch flippern gegangen und dann auf ein paar Partien Tischfußball. Hat ganz danach ausgeschaut, als ob der Glatze-Vater erst heimkommen will, wenn seine Frau schon schläft. Zum kleinen Badeteich hinter der Siedlung haben Zecke und Zahn radeln wollen. Und Zahn hat vorgeschlagen: „Deine Nachbarsbraut könnten wir ja mitnehmen!“
„Die hat noch kein Radl“, hat Glatze gähnend gesagt.
„Wenn sie mit meinem alten Velociped Vorlieb nimmt, leihe ich es ihr gern“, hat Zecke erklärt.
„Okay, wann soll es denn losgehen?“ Glatze ist aus dem Bett raus. Zahn hat gesagt, dass es so bald als möglich losgehen soll, weil es ohnehin schon zehn Uhr vorbei ist und gegen Mittag am Teich kein freies Platzl mehr zu finden ist. Glatze soll hurtig in die Klamotten steigen und frühstücken, und er und Zecke gehen inzwischen zur Nachbarsbraut und laden sie ein.
„Wieso ihr?“ Glatze hat das nicht so recht gefallen.
„Zwecks angebrachter Zeitersparnis!“, hat Zecke gesagt und ist mit Zahn aus dem Zimmer und die Treppe runter.
Glatze hat sich die Zähne geputzt, das Gesicht mit einem Erfrischungstüchlein seiner Mutter abgerubbelt, ist in die Klamotten von gestern gestiegen und in die Küche runter. Auf dem Küchentisch ist ein Körberl mit Semmeln gestanden,
ein leeres Häferl und
eine Thermoskanne.
Glatze hat die Kanne
aufgeschraubt und Früchtetee ins Häferl gegossen. Brennheiß ist der Tee gewesen. Glatze hat ihn in winzigen Schlucken getrunken und ist dabei ins Wohnzimmer gegangen, zum großen Fenster. Weil man von da die Straße überblicken kann. Im Vorgarten ist seine Mutter gewesen und hat Löwenzahnwurzeln aus dem Rasen gestochen und in einen Blechkübel geworfen. Glatze ist mit dem Teetrinken noch nicht fertig
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