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Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)

Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)

Titel: Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Vogltanz
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wandte sich von mir ab. Auf
einen Schlag wurde mir klar, was ich soeben getan hatte. Schuldbewusst wich ich
einen Schritt zurück und schob die Hände in die Hosentaschen, als wollte ich
sie vor den Blicken des anderen verstecken, nachdem ich sie auf so unangebracht
grobe Weise benutzt hatte.
    »Entschuldige«,
sagte ich leise, nachdem ich den nun wieder vermummten Freudt eine halbe
Ewigkeit mit zusammengekniffenen Lippen angestarrt hatte. »Es scheint, als
würden mir noch immer ein paar Stunden Schlaf fehlen. Wenn ich müde bin, werde
ich gereizt, so ist das nun mal. Tut mir leid, wenn ich dir wehgetan haben sollte.«
    Der
ehemalige Polizist schüttelte ruhig den Kopf. »Ihr habt mir keineswegs Schaden
zugefügt, Herrin.«
    »Gut,
gut.« Ich nickte geistesabwesend und fuhr mir mit einer Hand fahrig durchs
Haar. Zahlreiche Fragen an diesen Mann brannten mir auf der Zunge, aber nach
dem gerade Erlebten war ich mir nicht so sicher, ob ich sie tatsächlich stellen
sollte.
    »Ich
werde nun gehen, wenn Ihr nichts mehr von mir wünscht, Herrin.«
    »Natürlich«,
sagte ich beinahe hastig und trat einen weiteren Schritt zurück.
    Die
Gestalt deutete eine Verbeugung an. »Der Herr erwartet Euch.« Und damit wandte
er sich um und verschwand in den Schatten des sich scheinbar endlos fortsetzenden
Ganges, ohne mir noch einmal auch nur einen Blick zuzuwerfen. Hätte ich es
nicht besser gewusst, hätte ich seinen überhasteten Aufbruch für eine Flucht gehalten.
    Ob
er mich fürchtete?
    Nervös
trat ich von einem Fuß auf den anderen und starrte die Tür an, hinter der mich
alles Mögliche erwarten konnte. Sie war komplett in Schwarz gestrichen, ohne
die geringste Verzierung und gerade so hoch, dass ein normal gewachsener Mann
hindurchgehen konnte, ohne sich den Kopf zu stoßen. Auch entdeckte ich keine
Schlösser oder Riegel, sondern bloß einen schlichten Türknauf, der in demselben
fahlen Schwarz gehalten war wie die restliche Tür. Als ich die Finger darum
schloss, spürte ich eine eisige Kälte, die von meinen Fingerspitzen bis in mein
Handgelenk hinauflief. Ich musste mich beherrschen, die Hand nicht sofort
wieder zurückzuziehen.
    Es
war zwecklos, meine Gefühle leugnen zu wollen. Ich hatte Angst. Wenn mich mein Gefühl nicht trog, dann erwartete mich hinter
dieser dünnen Schicht Holz jener Mann, in dessen Auftrag Andreas unterwegs war.
Jener Mann, der mich eines Nachts in Hansens Garten erwartet hatte, um die
schwärzesten Gedanken in meinen Kopf zu säen. Zwar war er unter einer
Fleischmaske verborgen gewesen, als er seine gierigen Arme um mich geschlossen
hatte, trotzdem hatte ich einen kurzen Blick auf sein wahres, grässliches
Antlitz werfen können. Ich war nicht mehr das schüchterne, in sich zurückgezogene
Mädchen, dessen Mundhöhle der mächtige Magier damals erforscht hatte, aber das
bedeutete noch lange nicht, dass ich einer Begegnung mit diesem Unmenschen
bereits gewachsen war. Vielleicht würde ich dort drinnen zusammenbrechen,
heulend wie ein kleines Kind. Oder einfach in Ohnmacht fallen und nie wieder daraus
erwachen.
    Warum
hatte Andreas mich hierher gebracht? Ich hatte dem geheimnisvollen Fremden
vertraut, und er hatte mich geradewegs in die Höhle des Löwen geführt. Traute
ich ihm zu, dass er mich erbarmungslos ans Messer lieferte? Schließlich hatte
er einige kostbare Tage und einiges an Energie darauf verwendet, mich auszubilden.
Und er hatte behauptet, meine Hilfe zu brauchen. Es würde überhaupt keinen Sinn
machen, mich nun zu töten.
    Dieser
Gedanke beruhigte mich nur teilweise, trotzdem ließ er mich ausreichend Mut
fassen, die Tür zu öffnen und einzutreten.
    Der
Raum, der dahinter lag, überraschte, um nicht zu sagen, enttäuschte mich. Er war
nicht sonderlich groß, maß höchstens fünf Schritte im Quadrat und war geradezu
spartanisch eingerichtet. In dem schmutzigen Lichtschimmer, den die Fackeln an
den Wänden verbreiteten, erspähte ich auf Anhieb die vier kümmerlichen Möbelstücke,
die wohl die gesamte Einrichtung dieses Zimmers darstellten: ein schmales, mit
schmutzig-weißen Laken überzogenes Bett, wohl seit Monaten unberührt; einen Tisch,
dessen Höhe kaum mehr als einen halben Meter betrug und der unter der Last der
zahlreichen Bücher und Schriftstücke, die man in Ermangelung eines Bücherregals
darauf abgeladen hatte, zusammenzubrechen drohte; einen Stuhl und einen
einfachen, schmucklosen Sessel, auf dem eine Gestalt in leicht
zusammengesunkener Haltung kauerte, die Beine

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