Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)
Mischung aus
Schwarz, dem tiefen Blau des Meeres und einem dunklen Grün, das mich an
feuchtes Moos erinnerte.
Sein
Antlitz war so außergewöhnlich, dass es mich für einen Moment sogar die Gefahr
vergessen ließ, in der ich noch immer schwebte.
Während
ich ihn wie in Trance angestarrt hatte, war der junge Mann auf uns
zugeschritten und hatte sich sofort zwischen mich und den Schwarzhaarigen
gestellt. Seine Hand berührte meine Schulter, und unvermittelt durchfuhr mich
ein sanftes Prickeln, wie ein elektrischer Schlag, der sich durch meinen gesamten
Körper zog.
»Wo
bist du nur gewesen, Laura? Die Show hat längst angefangen.«
Ich
öffnete den Mund, brachte jedoch keinen Ton heraus. Als ich nichts als Regenwasser
schluckte, schloss ich ihn wieder.
»Wer
ist das?« Seine seltsamen Augen fixierten die des Schwarzhaarigen, schienen
tief in ihn eindringen zu wollen.
»Niemand«,
brachte ich hervor. »Lass uns gehen. Ich friere.«
Schützend
legte der Fremde einen Arm um mich, und seltsamerweise fühlte ich mich in
dieser Berührung geborgen, ein mir vollkommen unbekanntes Gefühl. Als er mich
sanft Richtung Schulhaus dirigierte, warf er einen Blick zurück zu dem
Schwarzhaarigen, der zähneknirschend im Regen stand. Die Hand, die in seiner
Manteltasche steckte, zuckte nervös, und für einen Moment war ich mir sicher,
dass er uns jeden Augenblick von hinten anfallen würde. Doch nichts dergleichen
geschah. Stattdessen fuhr er auf dem Absatz herum und verschwand hinter den dichten
Regenschleiern.
Da
wusste ich mit absoluter Sicherheit, dass der rätselhafte fremde junge Mann mir
soeben das Leben gerettet hatte.
Kapitel III
Meine Hände
zitterten heftig, als ich das zweite Glas Wein für diesen Abend gierig
hinunterstürzte, und diesmal vergeudete ich keinen Tropfen. Eine angenehme
Wärme breitete sich in meinem Magen aus, und das Beben meines Leibes ließ ein
wenig nach.
»Besser?«,
fragte der Fremde besorgt.
Ich
nickte schweigend. Noch immer konnte ich nicht aufhören, ihn anzustarren.
»Solche
Kerle muss man mit Vorsicht behandeln«, fuhr er fort, während er das leere Glas
aus meinen klammen Fingern löste. »Du solltest besser auf dich achtgeben.«
»Wer
um alles in der Welt bist du?«, platzte es aus mir heraus. »Ich kenne dich
nicht, aber offensichtlich kennst du mich.«
Der
junge Mann lächelte und schüttelte den Kopf. »Nein, das tue ich nicht. Ich bin
nicht einmal Schüler dieser Schule.«
»Aber
du hast mich beim Namen genannt.«
»Das
musst du dir eingebildet haben.«
»Du
hast mir das Leben gerettet.«
Der
andere atmete aus, ein langgezogener Seufzer. »Nun übertreibst du aber. Ich
habe dir doch nicht das Leben gerettet.«
»Danke.
Einfach nur danke.«
»Schon
in Ordnung. Das war doch selbstverständlich.«
Irgendwie
schaffte ich es, sein Lächeln zu erwidern. »Wenn du mich tatsächlich nicht
kennst, wird es wohl allerhöchste Zeit, dass ich mich vorstelle. Ich bin Laura.
Und mit wem habe ich das Vergnügen?«
»Kiro.«
Es
fühlte sich ein wenig seltsam an, meinem Lebensretter, der aus einer anderen
Welt zu stammen schien, die Hand zu schütteln wie einer ordinären Bekanntschaft.
Als sich unsere Finger berührten, fühlte ich erneut jenes sanfte Prickeln, das
jeden Kontakt mit seiner Haut zu begleiten schien. Die feinen Härchen in meinem
Nacken richteten sich auf.
»Ein
seltsamer Name. Und du bist dir sicher, dass du kein Engel bist?«
Die
Bemerkung war mir entschlüpft, ehe ich etwas dagegen tun konnte. Zu meiner
Erleichterung nahm mein Retter sie mir nicht übel, sondern lachte bloß.
»Ziemlich sicher, ja.« Er sah sich demonstrativ um. »Wir sollten noch eine
Weile unter Menschen bleiben, nur für den Fall, dass dieser Kerl dir auflauert.
Und wenn wir schon einmal hier gefangen sind, können wir uns eigentlich genauso
gut amüsieren, meinst du nicht auch?«
Ich
biss mir auf die Unterlippe. »Ich bin nicht sonderlich gut darin.«
»Worin?«
»Mich
zu amüsieren.«
»Das
kriegen wir schon irgendwie hin. Die Hauptsache ist, dass wir vorerst hierbleiben.«
Da
konnte ich ihm nur zustimmen. Keine zehn Camryns hätten mich nun nach draußen gescheucht.
Gemeinsam
suchten wir uns einen Platz in den Zuschauerreihen, sodass wir die Bühne besser
im Blick hatten. Das Abendprogramm interessierte mich zwar nicht, doch hier
waren die meisten Leute, und zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich das
Bedürfnis, mich in eine möglichst große Menschenmenge zu mischen.
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