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Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)

Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)

Titel: Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Vogltanz
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einem Atemzug mit den bereits Verlorenen genannt
hatte. Die Hoffnungen des Jungen schienen bereits ebenso verhungert und dem
Tode nahe wie die von ihnen allen.
    »Was
zögern wir hier noch länger?« Hansen räusperte sich laut und vernehmlich.
»Unsere Zeit läuft ab, und wir haben Wichtigeres zu tun, als Motivationsgespräche
zu führen.«
    »Ich
habe euch nicht ohne Grund hierher geführt«, erwiderte Eloin seelenruhig. »Besondere
Plätze ziehen besondere Menschen an, so war es schon immer. Unsere
Unterstützung ist bereits auf dem Weg hierher, ich kann es ganz deutlich
spüren.«
    »Unsere
Unterstützung?« Hansen warf einen sichernden Blick zu Kiro, um zu prüfen, ob er
der Einzige war, der kein Wort verstand. Es schien ganz so, denn der Junge
hatte wieder sein undurchschaubares Pokerface aufgesetzt, jene ewig gleichbleibende
Maske, die er in den vergangenen Wochen stets über seine Empfindungen zu
stülpen pflegte, wenn sie übermächtig zu werden drohten.
    »Unsere
Unterstützung«, bestätigte Eloin.
    Und
dann, nachdem Hansen eine Weile ratlos auf den staubfarbenen Teppich gestarrt
hatte, spürte auch er, was Kiro und Eloin schon lange vorher wahrgenommen
hatten, und auf seinen Lippen erblühte zum ersten Mal seit Jahrzehnten wieder
so etwas wie ein ehrliches Lächeln.
     
    Taoyama war am absoluten
Tiefpunkt seines Lebens angelangt. Seine Freunde und Verbündeten waren tot oder
würden es bald sein, über das Schicksal seiner Familie, die tausende Kilometer
entfernt in Osaka lebte, wo dasselbe Chaos herrschte wie auf dieser Seite des
Globus´, wusste er nichts, und die einzige Hoffnung, die ihn auf seinem
irrwitzigen Weg weiter vorantrieb, war jene, dass er Maria rechtzeitig aus den
Klauen eines wahnsinnigen, übermächtigen Magiers befreite, was das Ende der
Welt und damit auch ihr gemeinsames Ende bedeuten würde – sofern stimmte, was
Brandt ihm erzählt hatte. Dass dem so war, bezweifelte Taoyama nach all den Lügen,
die er ihm aufgetischt hatte, und dieser Zweifel war der einzige Grund, weshalb
er überhaupt in der Lage war, weiterzukämpfen.
    Nun
war er bereits seit Stunden im heftigsten Unwetter seines Lebens unterwegs, auf
der verzweifelten Suche nach einer Anschrift, die er aus der Tasche eines Toten
gezogen hatte. Wenn die öffentlichen Verkehrsmittel noch funktioniert hätten oder
das Straßensystem nicht durch querstehende, liegengebliebene Wagen und
umgestürzte Bäume verstopft gewesen wäre, hätte er die Adresse schon innerhalb
von dreißig Minuten erreichen können, doch so musste er sich zu Fuß durch den
strömenden Regen kämpfen. Immer wieder sah er sich gezwungen, einen Umweg zu
nehmen, da er mit seiner Taschenlampe in der Ferne menschliche Schemen aus der
Dunkelheit riss – Gestalten, die träge auf ihn zutaumelten, die Hände erhoben
wie nach Frischfleisch gierende Zombies. In diesen Zeiten konnte von anderen
Zugehörigen seiner Art nichts Gutes kommen, und so mied Taoyama eine Begegnung
mit diesen auf ihn zuwankenden Gestalten und verlor dabei wertvolle Zeit.
    Als
er dann endlich die richtige Straße erreichte, war er bis auf die Knochen
durchgefroren und am Ende seiner Kräfte. Er bebte am ganzen Körper, war hungrig
und desillusioniert, und nicht einmal der Anblick seines Ziels konnte ihn
wieder aufbauen. Alles, was er in dem unauffälligen Wohnblock erkennen konnte,
war ein weiteres Hindernis, das es zu überwinden galt.
    Ein
wenig ratlos blieb er vor der verschlossenen Tür stehen, die in das Gebäude
hineinführte, und ließ seinen Blick über die Schaltfläche mit den Klingelknöpfen
der einzelnen Wohnungen schweifen. Bei der von seinem Spickzettel bezeichneten
Nummer blieben seine Augen hängen, und er erhaschte den Namenszug »Seibach«.
Beim Klang dieses Namens läutete eine Glocke in seinem Inneren, aber er war
viel zu erschöpft und aufgewühlt, um seine Bedeutung aus seinem Unterbewusstsein
hervorzugraben.
    Dieses
Haus wirkte so friedlich, so unberührt vom Schrecken, der die Welt in Atem
hielt, dass Taoyama gar nicht lange nachdachte, sondern ganz selbstverständlich
die Klingel betätigte.
    Stille
antwortete ihm.
    Taoyama
rieb sich die klammen Hände und sah rasch nach links und rechts, um sich zu
versichern, dass sich niemand an ihn herangeschlichen hatte, während er dem
Haus zugewandt war, dann drückte er nochmals auf den Klingelknopf, diesmal
deutlich länger. Wieder keine Antwort. Doch was hatte er auch erwartet?
    Taoyama
beschloss, dass nun nicht die richtige

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