Luna Atra - Der schwarze Mond (German Edition)
eines
Lidzuckens verstört an.
»Ulli«,
sagte Kranter. Dass er sie in so vertrauter Weise ansprach, bewies, dass er
noch immer nicht ganz bei sich war. »Lass uns verschwinden. Wir haben uns geirrt,
hier ist niemand.«
Heilbaum
schluckte hart, ihre Finger wanderten nachdenklich durch ihre blonde Mähne und
brachten ihre strenge Frisur durcheinander, bis sie aussah wie ein oft
gebrauchter Reisigbesen. »Ja«, sagte sie zögernd. »Wahrscheinlich hast du
recht. Aber ich hätte schwören können ... ich hätte schwören können ...« Sie
schüttelte den Kopf, und gemeinsam mit ihrem Kollegen verschwand sie, ohne auch
nur ein einziges Wort des Abschieds an Hansen zu richten.
Dieser
atmete erleichtert auf. Das war knapp gewesen, unvorstellbar knapp. Fast hätten
seine Kräfte nicht ausgereicht, die beiden zu überzeugen.
Mit
einer harten Bewegung schlug er die Tür zu.
»Das
sind nicht die Droiden, die ihr sucht.«
Hansen
fuhr so erschrocken herum, dass er um ein Haar das Gleichgewicht verloren
hätte. » Kiro! Verdammt nochmal, ich hab dir gesagt, du sollst oben
bleiben! Willst du, dass ich einen Herzinfarkt bekomme?«
»Ich
wusste nicht, dass Sie das können«, gab Kiro ungerührt zurück, während er
vollends in den Flur hinaustrat und Hansen dabei anblickte, ohne eine Miene zu
verziehen. Die Arme hatte er trotzig vor der Brust verschränkt.
»Was?«,
zischte Hansen. »Sterben?«
Kiros
Blick blieb starr und ernst. »Menschen manipulieren. Aber ich weiß, dass Er das kann.«
Hansen
seufzte und fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »Du hast da etwas
missverstanden. Er ist ein Magier wie wir. Seine Kräfte unterscheiden
sich nur dadurch von unseren, dass sie weit größer sind, aber wir gehören
derselben Art an. Daher kann auch ich einen Menschen beeinflussen, aber es
verlangt mir unglaublich viel Kraft ab und funktioniert auch nicht bei allen. Außerdem
ist es hässlich und verlogen. Für gewöhnlich unterlasse ich diese Art von Methoden,
und ich würde dir sehr dazu raten, es ebenso zu halten. Die Bösen und die Guten
unterscheiden sich nur durch eines: die Entscheidungen, die sie treffen. Und
wir haben uns entschieden, unsere Kräfte nicht zu missbrauchen.«
Kiro
schien nachdenklich geworden zu sein. Das schwelende Misstrauen verflüchtigte
sich aus seinen Augen. »Ich verstehe«, sagte er nach einigem Zögern. »Wissen
Sie, was seltsam ist? Als ich sah, wer da an Ihre Tür klopfte, war ich mir
sicher, Sie würden uns verpfeifen. Warum haben Sie es nicht getan?«
Hansen
schnalzte mit der Zunge und machte eine wegwerfende Geste. »Denkst du etwa, ich
habe Lust, mich selbst anzuschwärzen? Wenn bekannt wird, dass ich euch bei der
Flucht geholfen habe, mache ich mich ebenso schuldig wie ihr beide. Das werde
ich schön bleiben lassen.«
Kiro
grinste humorlos. »Ich will Ihnen trotzdem danken. Ohne Sie hätten wir ziemlich
alt ausgesehen.«
Hansen
grunzte bloß und schob sich an Kiro vorbei ins Wohnzimmer.
»Die
Polizei ist nicht unser Feind«, begann Hansen, nachdem er sich eine neue Tasse
Kaffee eingeschenkt und einen tiefen Schluck genommen hatte, »aber wir sollten
trotzdem vermeiden, uns von ihr festsetzen zu lassen. Unsere Bewegungsfreiheit
darf nicht eingeschränkt werden, damit würden wir uns unseren Gegenspielern wie
auf einem Silbertablett servieren.«
»Ja,
klingt logisch«, nickte Kiro, während er Hansen gedankenversunken beobachtete.
»Noch
etwas, Junge. Sag Laura nichts hiervon. Ich weiß nicht, ob das Mädchen eine
weitere schlechte Nachricht verkraften würde.«
»In
Ordnung«, willigte Kiro mit belegter Stimme ein. Hansen hatte den Eindruck, als
wären die Augen des jungen Manns einen Ton dunkler geworden, als der Name des
Mädchens gefallen war. »Ich will ihr nicht noch mehr wehtun.«
»Kluge
Entscheidung.« Hansens Blick versenkte sich in der dampfenden Schwärze seines
Kaffees, verlor sich darin. Ihm war, als würde er darin ein Spiegelbild ihrer
Zukunft erkennen – undurchsichtig, finster und sehr bitter.
»Geht es dir heute
etwas besser?«
Noch
immer glomm Hoffnung in Kiros Augen, eine vollkommen widersinnige Hoffnung,
welche die Realität früher oder später zerschmettern würde.
Ich
antwortete nicht, starrte bloß weiter ins Leere. Mein Frühstück hatte ich
bislang nicht angerührt, aber auch Kiros Teller war noch immer zur Hälfte gefüllt.
Einzig und allein Hansen hatte mit unvermindertem Appetit zugelangt. Er war der
Erste gewesen, der den Tisch verlassen hatte.
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