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Luna, Seelengefährtin - mein Hund, das Leben und der Sinn des Seins

Luna, Seelengefährtin - mein Hund, das Leben und der Sinn des Seins

Titel: Luna, Seelengefährtin - mein Hund, das Leben und der Sinn des Seins Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Seul
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bedankte ich mich. »Damit rutsche ich nicht ab und bleibe im Jetzt?«
    Frau Hölzel nickte »So könnte man es nennen.«
    Globuli für das Jetzt! Wenn das nicht an Zauberei grenzte! Es war Zauberei! Denn als ich mit Luna am See entlangspazierte und eine kleine rote Plastiktüte aus meiner Hosentasche zog, um ihre Hinterlassenschaften einzusacken, verlor ich den Papierstreifen, wie ich später rekonstruierte. Kurz überlegte ich, Frau Hölzel um eine weitere Dosis »Jetzt« zu bitten. Dann beschloss ich, dass ich es auch ohne schaffen würde. Am Tag vor unserer Abreise hatten Johannes und ich gestritten.
    »Sollen wir einen Spaten mitnehmen?«, fragte ich Johannes und dachte: Wenn Luna unterwegs stirbt, was machen wir dann? Wir können den toten Hund nicht Hunderte von Kilometern im heißen Auto ohne Klimaanlage durch die Gegend kutschieren.
    »Ich lass sie doch nicht mit ihrem Beerdigungswerkzeug in den Urlaub fahren!«, rief Johannes empört.
    »Ja, sicher«, lenkte ich ein, doch es erschien mir wichtig, auf alles vorbereitet zu sein.
    »Aber wenn …«, begann ich erneut.
    »Wir werden bestimmt keinen brauchen!«, behauptete Johannes.
    Diesen Dialog hätten wir auch mit vertauschten Rollen führen können. Ich hätte zuversichtlich, Johannes schwarzmalerisch argumentieren können. Hauptsache, wir bekamen den Kreis der Möglichkeiten rund.
    Da überraschte er mich. »Wir können uns einen leihen.«
    »Wo denn?«, fragte ich, als wäre ein Spaten ein Wertgegenstand, der keinesfalls verliehen wird.
    »An einer Baustelle.«
    »Du willst also irgendwelchen kroatischen Bauarbeitern mit Händen und Füßen erklären, dass du einen Spaten brauchst, um deinen Hund zu beerdigen? Und wo, bitte schön? Auf der Baustelle? Man müsste wegfahren, also mit dem Spaten irgendwohin fahren, wo das möglich wäre, weg von der Baustelle!«
    »Ja«, sagte Johannes so bekümmert, dass ich zur Besin nung kam.
    »Wenn es nötig wäre, könnten wir einen kaufen, aber es wird nicht nötig sein«, wechselte ich die Rolle.
    »Nein. Es wird nicht nötig sein«, kam Johannes an meine Seite.
    Dann fielen wir uns in die Arme, und Johannes gab die Parole aus: Wir machen uns einen schönen Urlaub mit unserer Luna.
    Keiner von uns sagte das Wort: letzten. Doch wir dachten es beide und wussten es voneinander. Darüber hinaus dachte ich, dass ich das nicht denken durfte, weil Luna es bestimmt spüren würde. Ich musste so umfassend ins Jetzt kommen, dass sie mir nichts anmerken würde. Ohne die Kügelchen von Frau Hölzel. Ich musste, ich wollte, ich wünschte mir so sehr, einfach Urlaub zu machen ohne Hintergedanken, ohne Vor gedanken, ohne Alltagsgedanken. Urlaub im Jetzt. Im Grunde genommen war es wie immer, denn das wünscht man sich doch jedes Mal, dass man es im Urlaub schafft, den Alltag hinter sich zu lassen und ganz da zu sein. Viel zu oft ist man nämlich im Urlaub damit beschäftigt zu denken, was vorher im Alltag geschah und was danach im Alltag geschehen wird. Auch sehr beliebt im Urlaub: sich Gedanken zu machen über Dinge, die nicht optimal gelaufen sind. Da kann man auch ohne Spaten tief graben, manche schaffen es bis in die Kindheit und bleiben dort hängen.
    Endlich fahren wir los, ich bin zuversichtlich – und Luna auch! Bei der ersten Rast an einer Tankstelle lässt sie die Ohren nicht hängen, sondern sich frohgemut von Johannes aus dem hohen Wagenfond heben. Wenn wir nicht aufpassen, springt sie selber raus, was sie in ihrem Alter wegen der Gelenke nicht tun soll. Schnell pinkelt sie auf den Grünstreifen und läuft wieder zum Bus: Hopp! Heb mich rein! Weiter geht’s! Johannes und ich staunen. Ich denke, dass Luna sich benimmt, als hätte sie nicht mehr viel Zeit. Dann denke ich, dass Johannes das auch denken könnte, wovor ich ihn bewahren will, und wenn er es selbst nicht gedacht hat, könnte ich ihn damit anstecken. Natürlich weiß er, was ich denke, wenn auch nicht bewusst. Je länger die Liebe, desto wichtiger, nicht nur so zu tun, als ob, sondern wirklich etwas anderes zu denken. Oder noch besser: nichts. Oder wahrnehmen, was ist. Wir drei im Auto unterwegs in den Süden zu Sonne, Strand und Meer, der Himmel blau, vor uns liegt eine schokosahnige Torte Urlaub.
    Irgendwo habe ich einmal einen Spruch gehört: Es gibt einen jungen Hund, einen guten Hund und einen alten Hund. Während wir durch die im Herbstlicht leuchtende Landschaft fahren, überlege ich mir, dass so ein alter Hund viele Vorteile bietet, wenn man es

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