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Luna, Seelengefährtin - mein Hund, das Leben und der Sinn des Seins

Luna, Seelengefährtin - mein Hund, das Leben und der Sinn des Seins

Titel: Luna, Seelengefährtin - mein Hund, das Leben und der Sinn des Seins Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Seul
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schafft, den Abschied nicht herbeizudenken. Der erfahrene Hund kennt sich aus, er weiß, dass es nach dem Frühstück nichts zu fressen gibt und kein Entertainment stattfindet, solange die Chefin mit beiden Pfoten auf den Tisch hackt. Dass man abends noch mal in den Garten pinkelt, weil die Nacht lang ist und zu dieser Zeit nicht Gassi gegangen wird. Wenn wir mit einem derartig beladenen Auto anhalten, um zu tanken, dann heißt das nicht, dass man sich einen Muskelkater in den Schwanz wedelt, endlich Gassi! Der ältere Hund weiß: aussteigen, Geschäfte erledigen, weiter. Bei meiner ersten Reise mit Luna war der Weg das Ziel.
    * Aus: Marina Zwetajewa, Irdische Zeichen, Seite 57, Insel-Bücherei 1078, Insel-Verlag, Leipzig 1990.

Der versäumte Todestag
    L una war einige Monate alt, und der Todestag Leanders nä herte sich. In den ersten Jahren danach wollte ich diesen besonderen Tag nicht zu Hause verbringen. Am liebsten fuhr ich die ganze Woche weg, denn der Todestag hatte ja ein Davor und Danach, ein letztes Mal und ein Nie-wieder, und beides gehörte zusammen. Am Todestag selbst ließ ich mich hemmungslos in der Vergangenheit nieder. Als Schriftstellerin neige ich ohnehin dazu, ich muss mich erinnern, um zu schreiben. Für mich ist es manchmal eher schwierig, mich in der Gegenwart aufzuhalten. Dass ich mir mit dem Hund nicht nur Gassi, sondern auch Gegenwart angeschafft hatte, merkte ich spätestens in diesem ersten Urlaub mit Luna.
    Ich brauchte zwölf Stunden von München in die Toskana, was je nach Fahrweise und Verkehr in sechs bis acht zu schaffen gewesen wäre, aber ich legte mehrere Pausen ein. Luna wusste noch nicht, dass wir uns auf einer Reise befanden. Sie sprang aus dem Auto, beschnüffelte die Umgebung, die vielleicht ihr neues Zuhause war? Was sie sofort vergaß, wenn ich den Ball herauszog und sie durch das hohe Gras der in ihrer ersten Tracht stehenden Wiesen hüpfte. Sie war jung, sie war kerngesund, ich wollte sie müde machen und warf den Ball bergab, damit sie sich anstrengen musste. Immer war ich schneller müde als sie. Es war ihre erste lange Autofahrt, und ich wollte sie nicht überfordern und hielt nach zwei Stunden erneut an, um eine Runde zu schwimmen. Würden wir jemals unser Ziel erreichen? Egal, wir waren unterwegs im Jetzt, der Welpe brachte mir bei, dass ich dort von Sekunde zu Sekunde stets aufs Neue ankommen konnte.
    Unsere Ferienwohnung in einer kleinen romantischen Stadt lag in der Nähe des Meeres. Die Dachterrasse sah aus wie auf den Fotos im Internet, mit herrlichem Blick über die toskanischen Dächer und überall Zypressen, Wächter nenne ich sie. Zwei Themen gab es für mich in diesem Urlaub. Den Todestag und Baum spielen – ich wollte Luna beibringen, an der Leine zu gehen, ohne mich hinter sich herzuzerren. Ab schreckend war für mich die Frau mit dem Bernhardiner, der sie über Glatteis gezogen hatte, sie knallte mit dem Gesicht auf die Straße. »Joch- und Nasenbeinbruch«, hatte uns Frau Bärmann nicht ohne Genugtuung mitgeteilt. Laut unserer menschenunfreundlichen Hundetrainerin war Leinenführigkeit einfach zu erreichen, wenn ich konsequent blieb. Im Alltag zu Hause war das nicht möglich gewesen. Selbst mal schnell eben einkaufen dauerte Ewigkeiten, wenn ich zwischendurch ständig Baum spielte. Sobald sich die Leine straffte, sollte ich, so Frau Bärmann, stehen bleiben, den Hund zu mir rufen und erst dann weitergehen, wenn die Leine wieder locker durchhing – alles eine Frage der Konsequenz. Schön, wenn man im Urlaub eine Aufgabe hat. Es klappte auch, obwohl ich zwischendurch ins Zweifeln geriet, da ich in einem Hundeerziehungsbuch von anderen Methoden gelesen hatte, die mir besser gefielen. Aber ich befolgte Frau Bärmanns Regeln, und zu Hause konnte ich Johannes stolz vorführen, wie gesittet Luna an der Leine lief. Ich klickte sie nur dann ans Halsband, wenn darum gebeten wurde oder ich mit Menschen zusammentraf, die Angst vor Hunden hatten. Luna sollte sich frei bewegen, und solange sie aufs Wort folgte und bei meinem Pfiff wie der geölte Blitz zu mir raste, durfte sie das. So lautete unsere Übereinkunft: Du darfst alles, solange du dich nicht vom Grundstück entfernst und sofort kommst, wenn ich rufe. In zwölf Jahren gab es zwei Verstöße gegen dieses Gebot, sie fielen unter höhere Gewalt: Sex und Hunger. Bei ihrer ersten Läufigkeit tändelte Luna mit dem Hirtenhund des Schäfers, ihr Rendezvous führte sie außer Hörweite meines Pfiffes. Und als

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