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Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 02 - Ein plötzlicher Tod

Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 02 - Ein plötzlicher Tod

Titel: Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 02 - Ein plötzlicher Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Wahlberg
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unter den Scheibenwischern las. Dunkelrot, schon im Lack, 60000 Kilometer gelaufen, vor vier Jahren zugelassen, Diesel. Nein, er ging weiter. Dunkelgrau – schöne Farbe, schöner Lack – auch der hatte vier Jahre auf dem Buckel. V70 GLT, also ein stärkerer Motor – gut – 80000 Kilometer gefahren. Er lief herum, schaute mal hinein, Öffnete schließlich die Fahrertür, ließ sich auf den Sitz gleiten und legte die Hände aufs Lenkrad. Er saß bequem. Er strich mit der Hand über das gut durchdachte Armaturenbrett, streichelte es und strich weiter über den Beifahrersitz. Waren das etwa Ledersitze? Ja, tatsächlich! Er fühlte eine gewisse Erregung bei diesem seiner Meinung nach exklusiven Komfort. Und dann der Lederduft. War das nicht außerdem unglaublich praktisch und leicht abzuwischen, man wusste ja nicht, was kleine Babyfinger so alles anstellen konnten.
    Als er wieder ausstieg, wartete bereits ein Autohändler auf ihn. Netter Typ, intelligent und nicht aufdringlich, er hatte einen geschulten psychologischen Blick für Kunden und deren Wünsche. Als Claesson erfuhr, dass der Wagen eine Klimaanlage hatte, Einparkhilfe – er hatte bereits selbst gesehen, dass er Leichtmetallfelgen hatte –, und er den Preis mit dem für einen fabrikneuen verglich – dieser hier war so gut wie neu –, da wurde er plötzlich zu einem ernsthaft interessierten Kunden. War fast weich gekocht. Sicher, man bekam ihn nicht geschenkt, der Verkaufspreis für gebrauchte Volvos war stattlich aber man bekam auf jeden Fall eine ganze Menge Auto fürs Geld.
    Der Verkäufer ging zwischendurch zu anderen Kunden, Claes bekam ein wenig Bedenkzeit, und er schaute sich noch einmal die anderen Modelle an, aber er konnte nichts Besseres finden, und immer wieder schielte er zu den Neuwagen hinüber. Die gleiche Ausstattung … nur teurer.
    Warum lief er eigentlich hier herum und wartete auf bessere Zeiten? Die Zeit war wirklich reif, oder besser gesagt, er war es. Wie eine reife Frucht fiel er vom Baum, und der Autohändler, der wieder neben ihm auftauchte, spürte das ganz genau.
    Als Claesson herauskam, war es dunkel geworden und auch kälter, und vor lauter guter Laune und Zufriedenheit holte er tief Luft. Als frisch gebackener neuer Autobesitzer fühlte er sich ausgezeichnet.
    Als er sich später in den Toyota setzte, den alten Camry, Baujahr 87, bekam er ein schlechtes Gewissen, nicht weil er den Kauf bereute, sondern weil er trotz allem ein kindliches Gefühl verspürte, den alten und inzwischen zahnlosen Toyota im Stich gelassen zu haben. Und dann kam ihm in den Sinn, dass er den Autokauf ganz allein entschieden hatte. In seinem Egoismus und seiner Gedankenlosigkeit hatte er den Kauf noch nicht einmal mit Veronika diskutiert.
     
    Es war lange her, seit Tomas Bengtsson der Alte gewesen war, was immer das auch heißen mochte. Darüber nachzudenken hatte er genügend Gelegenheit gehabt. Wer war er? Wann war aus seinem Leben ein einziges Wirrwarr an Unlust, Ohnmacht und innerer Zerrissenheit geworden?
    Zu Hause krochen die Wände auf ihn zu, und in der Klinik war es auch nicht viel besser, aber der Job bot ihm wenigstens die Möglichkeit, sich phasenweise abzulenken.
    Rein physisch konnte er das, was mit ihm los war, als Konzentrationsschwierigkeiten, Unruhe und Schlafstörungen bezeichnen. Er wachte zu früh auf, hatte keinen Appetit, und die Müdigkeit war sein ständiger Begleiter, eine Müdigkeit, die einfach nicht verschwinden wollte. Sobald er sich hinlegte, kroch sie in seinen gesamten Körper, und er wurde hellwach, sein Herz schlug noch schneller, und der Körper spannte sich an und kämpfte dagegen. Der letzte Rest von Geduld war gegen Null gesunken. Er wusste selbst, dass er Zeichen von Stress zeigte, und er hatte schon mit verschiedenen Tabletten herumexperimentiert, jedoch ohne großen Erfolg.
    Als er an diesem Morgen die Visite beginnen sollte und im Stillen vorher schon einmal alle Betten Revue passieren ließ, an denen er vorbeigehen sollte, alle Medikamentenlisten, die begutachtet werden sollten, alle Fragen, die er beantworten sollte, alle Stellungnahmen, Telefongespräche, Untersuchungen, spürte er den Drang, auf den Hacken umzukehren und geradewegs den Flur entlangzufliehen, die Treppen hinunter, durch den Haupteingang hinaus, weg, weg, weg.
    Aber nicht nach Hause.
    Ewa wich ihm schon lange so offensichtlich aus, dass er nur darauf gewartet hatte, sie würde etwas sagen, und gestern war es so weit. Sie wollte sich

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