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Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 02 - Ein plötzlicher Tod

Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 02 - Ein plötzlicher Tod

Titel: Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 02 - Ein plötzlicher Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Wahlberg
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scheiden lassen. Wenn nicht …
    Eigentlich wollte sie sich nicht scheiden lassen, sie wollte lieber, dass er sich Hilfe holte, aber da er nicht auf sie hörte, musste sie zu härteren Mitteln greifen. Aber ehrlich gesagt hatten sie keine besonders innige und liebevolle Beziehung mehr. Die Frage war, ob sie sich nicht schon längst auseinander gelebt hatten.
    Dieses »… wenn nicht …« war eine absolute Utopie. Er konnte nicht über seinen Schatten springen oder wieder der Alte werden, denn den gab es nicht mehr.
    Hatte Johan Söderlund sich so gefühlt, als er … als sie ihn rausekelten? Warum hatte er dann nicht früher die Klinik verlassen? Hatte aufgehört und irgendwo neu angefangen?
    Das Kratzgeräusch im Kopf tauchte auf, wie immer vollkommen überraschend, dieses verfluchte Geräusch, das ihn erfolgte, aber diesmal nur so kurz, dass er es vorbeiziehen lassen konnte, ohne eine Miene zu verziehen.
    »Dann wollen wir mal«, sagte die Schwester und packte den Visitenwagen.
    Er folgte ihr brav. Eine Allgemeinmedizinerin im Praktikum mit Pferdeschwanz, Brille und zu großem Kittel, sie hatte etwas von einer Konfirmandin an sich, und eine der jüngeren Schwesternhelferinnen, süß, mit Sommersprossen, folgten. Die junge Ärztin sah aus, als könnte sie keiner Fliege etwas zu Leide tun, aber trotzdem war sie für seine Gemütsverfassung eindeutig zu ehrgeizig. Sie stellte unaufhörlich Fragen, um ihr Interesse zu zeigen, vielleicht war sie ja wirklich so wissbegierig, aber sie tat das, ohne zu merken, wie verkrampft der Leiter der Visite ihre Fragen beantwortete. Als sie ungefähr in der Mitte des Flurs angekommen waren und der Blutzucker zur Neige ging sowie alles andere in ihm auch – die Schärfe, die Autorität, die Lust und der Wille – und es immer noch viel zu lange hin bis zur Kaffeepause war, verlor er vollkommen die Kontrolle. Er verlor die Fassung und donnerte los, dass alle um ihn herum erblassten und die Schwesternhelferin, die am allerwenigsten etwas damit zu tun hatte, anfing zu schluchzen. Als er nachdachte, kam ihm in den Sinn, dass ausgerechnet sie auch letztes Mal ausgeschimpft worden war, also reagierte sie wohl schon automatisch so, aber das war ihm jetzt auch egal. Dann sollte sie sich doch lieber raushalten. Die Schwesternhelferin wischte sich die Wange ab, schaute empört zu ihm auf, drehte sich auf den Hacken um und verschwand den Flur hinunter. Es würde ihm im Traum nicht einfallen, hinter ihr herzulaufen. Never!
    Er blätterte weiter in den Papieren und versuchte sich darauf zu konzentrieren, wo sie stehen geblieben waren, während es gleichzeitig in ihm kochte. Er schlug die Mappe zu und drückte die Tür zum Patientenzimmer auf, trat ein und grüßte höflich, wenn auch etwas laut, den ersten Patienten, war aber nicht in der Lage zuzuhören, was der arme Mann ihm da erzählte. Sicher nichts Wichtiges. Er ging weiter zum nächsten Bett, das leer war. Der Patient sei auf der Toilette, teilte der Bettnachbar mit.
    »Dann hat er selbst Schuld«, erklärte Tomas Bengtsson laut und polternd in einem Versuch, witzig zu sein, klang aber eher wütend.
    Die übrigen beiden Zimmerbewohner zeigten keinerlei Regung, er nickte verwirrt und ging mit der Schwester und der jetzt empört schweigenden Assistenzärztin, deren Mund zu einer kleinen Rosine zusammengezogen war, wieder auf den Flur. Ihre runden Wangen waren noch blasser geworden, der Blick wachsam.
    Auf dem Flur stand die Oberschwester Rigmor Juttergren.
    »Gab es irgendwelche Probleme?«, fragte sie, und ihm war klar, dass die Schwesternhelferin, diese blöde Zicke, geradewegs zu ihr gerannt und bei ihr gepetzt hatte.
    »Können Sie nachher bitte zu mir kommen«, sagte Rigmor zu ihm in einem Ton, als wäre er ein Schuljunge, der von der Lehrerin ausgeschimpft werden sollte.
    »Nein.«
    »Ich denke, wir sollten so über einiges reden«, erklärte sie freundlich und unterstrich ihre ihm entgegenkommende Art mit einem warmen Blick.
    »Ich aber nicht«, erwiderte er, nahm den Visitenwagen und schob ihn weiter.
    Das nächste Zimmer schaffte er zur Hälfte, dann war sein Piepser zu hören. Er schaute nach, wer ihn sprechen wollte, es war seine Frau. Oh Scheiße, das auch noch in all dem Mist, dachte er, brach die Visite ab, ging ins Büro und rief sie an.
    »Ich habe eine Dreizimmerwohnung gefunden, und ich denke, ich werde sie nehmen. Wir brauchen auf jeden Fall ein wenig Abstand voneinander«, erklärte sie und klang nicht im Geringsten

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