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Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 02 - Ein plötzlicher Tod

Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 02 - Ein plötzlicher Tod

Titel: Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 02 - Ein plötzlicher Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Wahlberg
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waren.
    Peter Berg, ja. Da würde nichts laufen, sie musste es ihm sagen. Durfte seiner Hoffnung nicht weitere Nahrung geben.
    Gute Freunde, aber mehr nicht. Er war wie immer nett zu ihr gewesen, und ihr war klar geworden, dass er da so einiges gut verstehen konnte, vielleicht hatte er selbst schon Prügel eingesteckt. Aber Verständnis war nicht genug. Sie liebte ihn nicht, das war die bittere Wahrheit. Sie wünschte, sie täte es, das wäre herrlich, einfach perfekt und hätte die ganze Sache vereinfacht. Sie wäre aus diesem ganzen Gefühlswirrwarr herausgekommen. Sie hatte versucht, sich in ihn zu verlieben, sich angestrengt, und hatte darauf gewartet, dass es funkte, aber nein, es zündete nicht.
    Woraus bestand eigentlich Anziehung, und wie wichtig war sie? Eine Liebe wachsen lassen, was bedeutete das? Wie lange sollte man auf das warten, was einfach kommen würde, wenn man ihm Zeit ließ?
    Warum wurde sie von bestimmten Männern angezogen, von anderen aber nicht? Und vor allem: Warum suchte sie sich immer die falschen Kerle aus, diejenigen, die nicht gut zu ihr waren? Sie hatte einen lieben Papa, da konnten die Psychologen nichts finden. Welche chemische Substanz hatte in ihr die Reaktion ausgelöst, dass sie Rickard früher einmal so attraktiv gefunden hatte? Diesen Wahnsinnigen. Gab es ein Gegengift?
    Das Gegengift, das müsste in diesem Fall Rickard selbst sein. Nie wieder so einen verrückten Kerl.
    Und dann der liebe, ordentliche Peter Berg. Es kostete Überwindung, sich mit ihm auszusprechen, sie konnte jetzt schon sein hautloses Gesicht vor sich sehen, wie er schlucken würde, nichts dagegen einzuwenden hätte, nur verletzt wäre und sich zurückzöge.
    Übrigens hatte er nie behauptet, dass er in sie verliebt sei, auch nicht, dass er irgendetwas von ihr erwarte. Sie spürte es nur in seinem ganzen Verhalten – dass er immer zur Stelle war, von sich hören ließ, an seiner Art, sie anzuschauen.
    Hatte sie ihn ermuntert? Schon möglich, wenn man es aus seiner Sicht betrachtete. Sie hatte sich gefreut, wenn er gekommen war, es war schön mit einem so vernünftigen Menschen. Sympathisch und vollkommen normal, abgesehen von dem Religiösen, aber das konnte man ihm vielleicht abgewöhnen, außerdem fiel es gar nicht so sehr auf. Vielleicht war er einfach ein bisschen zu normal, so dass kein Funken übersprang.
    Sympathie, aber keine Leidenschaft. Sie hatte ihn gebraucht und war vielleicht sogar ein bisschen von ihm abhängig geworden, doch jetzt brauchten sie klarere Regeln. Und er war eigentlich überhaupt nicht ihr Typ, nichts, was sie sich unmittelbar vorstellen konnte. Aber vielleicht war das gerade der Punkt: Sie sollte auf einen anderen Typ umsteigen.
    Genug gegrübelt, dachte sie und setzte sich aufs Sofa vor den Fernseher, zappte mit der Fernbedienung durch die Kanäle, fand aber nichts, was sie interessierte. Sie hatte keine Lust aufzustehen und das Fernsehprogramm zu holen, zappte weiter durch die Sender und blieb dann bei einem Film hängen, einem Naturfilm, möglicherweise sogar von Jamaika.
    Die Filmmusik packte sie: ein ganzer Wald von Streichern. Und dann die Bläser, Flöten, nein, das waren Klarinetten, leicht und voller Melodie. Gleitende Töne, die davontanzten, im Raum schwebten und weich und unmerklich genau in das hineinglitten, was brannte und schmerzte, in all das, was im Unterbewusstsein gebrütet hatte. All das, was strikt zurückgedrängt worden war, verschaffte sich jetzt einen Weg, die Qual und die Angst, das Unglück und die Trauer, alles verwandelte sich in ein einziges Sammelsurium von Tränen und schluchzendem Weinen.
    Mein Gott, sie hatte nicht mehr geweint seit … ja, sie konnte kaum sagen, wie lange es her war. Sie hatte immer nur gekämpft. Für das Weiterleben, dafür, nicht zusammenzubrechen, und gegen die Tränen.
    Und jetzt überfiel es sie, ohne eine Chance, es zurückzuhalten. Ihr erster Impuls war, den Fernseher auszuschalten, aber dann ließ sie ihn doch laufen, ließ die Töne weiter ihre Augen überströmen. Sie heulte wie ein Schlosshund, bis ihr ganzes Gesicht verweint war.
    Nicht einen Tag zu früh, dachte sie.
    Die Fingerspitzen strichen über den Teil des Gesichts, der noch leicht gefühllos war, die Haut über den Knochenbrüchen. Sie wischte sich das Gesicht ab, holte Haushaltspapier und putzte sich die Nase.
    Das Gefühl würde noch zurückkommen, manchmal dauerte es ein halbes Jahr, hatte ihr der nette Arzt erklärt. Sie hatte keine Narben im Gesicht

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