Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 02 - Ein plötzlicher Tod
brauchen, dachte Claesson. Man musste vorsichtig sein. Die Statistik aller unaufgeklärter Verbrechen sprach leider ihre eigene Sprache. Die Statistik unaufgeklärter Morde dagegen ließ eher hoffen. Die meisten Fälle wurden gelöst, und das war auch jetzt sein Ziel.
Rigmor Juttergren wartete vor dem Stationszimmer auf ihn. Ihre Körpersprache sagte ihm, dass er sehnlichst erwartet wurde, jetzt sollte endlich für Ordnung gesorgt werden. Sobald sie ihn erblickte – er war gerade durch die Glastüren in der Flurmitte gekommen –, ging sie mit schnellem Schritt auf ihn zu, eine Hand schon zum Gruß bereit.
»Sind Sie Kommissar Claesson?«, fragte sie und hieß ihn überschwänglich herzlich willkommen. »Möchten Sie eine Tasse Kaffee?«
»Ja, danke, das wäre nett.«
»Bitte, setzen Sie sich schon hier herein«, sagte sie und zeigte auf ihr Zimmer am Flurende, das etwas abseits lag, aber immer noch zur Station gehörte. Sie selbst ging los, um Kaffee zu holen.
Er setzte sich nicht hinein, schaute sich lieber um, stellte sich in die Türöffnung und blickte den Flur entlang. Er fand es immer interessant, die Atmosphäre fremder Arbeitsplätze einzuatmen, zu sehen, ob er den so genannten Geist eines Ortes so schnell in sich aufnehmen konnte. Das Krankenhaus als Institution hatte er ja im Zusammenhang mit einem Mord in der Chirurgie bereits vor ein paar Jahren kennen gelernt. Damals ist alles gut gelaufen, dachte er zufrieden.
Jetzt erblickte er zwei grau gelockte Damen, die in ihren Sesseln saßen, eine schien zu schlafen, jedenfalls hing ihr Oberkörper halb aus dem Lehnstuhl heraus, die andere las die Zeitung. Eine rundliche blonde Krankenschwester blieb bei der wachen Patientin stehen und erzählte ihr etwas, offenbar war es lustig, denn beide fingen an zu lachen.
Lachen als heilende Kraft, dachte er. Hatte Veronika nicht einmal davon gesprochen, als er nur mit einem halben Ohr zugehört hatte? Der Humor in der Krankenwelt, ein vernachlässigtes Kapitel, hatte sie gesagt. Es ging in erster Linie um Einfühlungsvermögen und Fürsorge, wenn die so genannte Software auf dem Programm stand. Und Ethik. Woran nichts Falsches war, aber der Humor sollte aufgewertet werden. Nur ließ der sich nicht so leicht beziffern, und heutzutage musste einfach alles dokumentiert werden, und sei es nur, um etwas mehr Geld in der Tasche zu haben.
»Setzen Sie sich doch«, sagte Rigmor Juttergren, während sie die Kaffeetassen energisch auf den Schreibtisch stellte. »Ach, möchten Sie vielleicht noch etwas dazu? Wir haben Zwieback.«
»Nein danke, das ist schon gut so.« Er setzte sich hin und beschloss das Gespräch in die Hand zu nehmen. »Ich werde Ihnen jetzt einige Fragen stellen«, sagte er, »und ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie sie so gut Sie können beantworteten. Überlegen Sie in Ruhe, denn Ihre Antworten sollen natürlich so wahrheitsgetreu wie nur möglich sein.«
»Selbstverständlich«, erwiderte sie und richtete sich auf, und er dachte, dass der erste Eindruck von ihr die Zuverlässigkeit in Person war.
Sie war eine leicht übergewichtige Frau zwischen fünfzig und sechzig, das Haar in einer Art Pagenschnitt, dunkelblond, vermutlich war es nicht ihre natürliche Haarfarbe, die war wahrscheinlich grauer. Sie sah müde und etwas gehetzt aus, hatte Mühe, still sitzen zu bleiben, immer wieder war sie in Bewegung: wedelte mit der Hand, spielte mit einer Büroklammer, wippte mit dem Fuß. Alles Dinge, die man aus Konzentrationsschwierigkeiten tat, die aus echter Nervosität oder einfach großem Schlafmangel resultieren konnten, oder schlicht und ergreifend aus Veranlagung. Aber nicht bei Rigmor Juttergren. davon ging Claesson aus. Sie trug einen weißen Schwesternkittel mit großen Taschen und einem Namensschild, und im V-Ausschnitt war eine Goldkette zu sehen.
»Schon am Mittwoch habe ich mich gewundert«, setzte sie an. »Laura sollte aus dem Urlaub zurückkommen und hatte diverse Termine in ihrer Sprechstunde, außerdem Dienste, und dann waren noch einige Besprechungen geplant. Wir wollten gern vor dem Herbst noch einiges erledigen. Dann gehe ich in Urlaub«, erklärte sie. »Ich teile meinen Urlaub immer so ein, dass es mit den Diensten gut klappt, denn dafür bin ich ja verantwortlich. Deshalb habe ich im August nur zwei Wochen, und das gefällt mir ganz gut, gerade jetzt, wo …«
»Ist es üblich, mitten in der Woche wieder anzufangen, so wie Laura Ehrenswärd es wollte? An einem Mittwoch?«
»Das
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