Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 02 - Ein plötzlicher Tod
abbekommen. Saß bereits im Gefängnis.
Rickard war ein größerer Mistkerl, als Erika gedacht hatte. Ein richtiger Stinkstiefel, gestört, gefühlsmäßig falsch gepolt. Ein Psychopath. Sie hatte einen Psychopathen bei sich zu Hause gehabt und, damit nicht genug, mit ihm sogar das Bett geteilt. Aber jetzt waren das Doppelbett und alle seine Sachen fort, hinausgeschafft. Nicht die geringste Erinnerung wollte sie an ihn behalten, außer der Narben, die er ihr verpasst hatte.
Lebensgemeinschaftsvertrag, wozu das? Sie hatte gelacht, als ihre praktische Mutter auf sie eingeredet hatte, man müsse an das Juristische denken, sich nicht nur von den Gefühlen lenken lassen, wenn man zusammenziehe. Und ihre Mutter hatte Recht behalten. Wie immer, und dieses Papier war schließlich ihre Rettung gewesen. Die Wohnung gehörte ihr, da gab es nichts dran zu deuten, und dieses Mal hatte sie endlich einmal Glück gehabt, einen Schutzengel – oder eher eine Schutzmama.
Rickard spukte trotzdem durch ihre Gedanken. Hatte sie keine bessere Menschenkenntnis, als sich mit so einem Idioten einzulassen? Bestimmt schluckte er Anabolika. Wie konnte sie nur! Sie hatte ihn nett gefunden, einen richtigen Leckerbissen, aber jetzt sah ihr Blick natürlich etwas anderes. Er war abstoßend und eingebildet.
»Du musst ihn vergessen! Ganz und gar, hörst du!«
Sie schaute in den Spiegel, wiederholte die Worte noch einmal tonlos, prägte sich die Ermahnung ein, ermahnte sich selbst.
»Vergiss ihn. Hör auf deine innere Stimme, wenn die Gedanken sich verirren, wenn sie in Richtung Hass und Rache gehen wollen. Es braucht Zeit zu hassen, eine Menge Zeit und Energie, die du brauchst, um nach vorn zu schauen, um aufzubauen.«
Wer hatte das zu ihr gesagt? Peter Berg natürlich. Mein Gott, was sollte sie mit dem machen? Das konnte nicht einfach so weiterlaufen.
Endlich roch sie wieder gut. Der festgeklebte Leichengestank war weggeschrubbt, die Haut glänzte nach der Creme und dem Duschöl. Sie warf ihre Kleidung in die Waschmaschine, diese kleine, praktischerweise von oben zu füllende Waschmaschine, die sie zwischen Toilettenschüssel und Dusche hatte klemmen können. Ihr Vater hatte sogar die Installation bezahlt. Sie hatte eine liebe Familie, und dafür war sie dankbar.
Es lohnte sich nicht, sich wieder anzuziehen, sie schlüpfte schnell in den Morgenmantel, er hing lose herunter, darunter war sie nackt. Es war jetzt kühl, den ganzen Tag hatte sie sich dagegen verschwitzt und klebrig gefühlt. Sie holte eine Dose Bier hervor, machte sich zwei Scheiben Brot. Käse und Wurst. Keine Leberwurst. Nie mehr im Leben würde sie Leberwurst essen können.
»Oh Scheiße!«
Sie sollte aufhören zu fluchen, auch wenn sie allein war. Was für einen verd … Wortschatz sie sich da angeschafft hatte!
Der Mord an der Frau, die sie unter einer Tanne gefunden hatten – wieso eigentlich dort? –, befand sich traurigerweise immer noch unter den ungelösten Fällen, und es konnte schon sein, dass Lundin das als sein persönliches Scheitern ansah, überlegte sie. An schlampigen Voruntersuchungen lag es sicherlich nicht, das konnte sie sich kaum vorstellen. Zwar war sie nicht im Dienst gewesen, als es passierte, und die lange Krankschreibung hatte ihr einen ziemlichen Abstand zu Verbrechen und Polizeiermittlungen verschafft, aber in diesem Fall konnte sie es natürlich gar nicht vermeiden, mit hineingezogen zu werden.
Wie viele Frauen hatte der Psychopath Rickard eigentlich gleichzeitig gehabt, in wie viele hatte er seinen Pimmel gestoßen, mechanisch, hart und rituell? Hat sie ihm auch das Fleisch und die Muskeln des dreieckig geformten Oberkörpers geknetet, der so muskulös war, dass er sich kaum noch hatte bewegen können? Seine Egozentrik war ihm anzusehen: die steife, angespannte Körpermasse eines Mannes, dem das wahre Rückgrat fehlte, der ängstlich wie ein kleiner Hase war, der das alles kompensierte mit Rachegelüsten.
Aber wie gesagt, Ermittlungen mit Lundin an der Spitze, da wurde nicht geschlampt, und sie hätte nichts dagegen, wenn sie Rickard auch in dem Mordfall überführen würden. Das verlängerte nur die Zeit, die sie ihn garantiert nicht sehen musste. Lundin war auf jeden Fall jemand, der weder voreilige Schlüsse zog, noch irgendwelche sinnlosen Arbeitsaufgaben verteilte, vielleicht war er sogar etwas zu sehr in die andere Richtung orientiert, etwas zu hartnäckig in all seiner Freundlichkeit, etwas langsam und möglicherweise zu
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