Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 07 - Tödliche Geschäfte
dunkelgrauen Anzug angemessen fand. Drei Wochen also, nachdem Carl-Ivar tot in Istanbul aufgefunden worden war. Der Trauerakt sollte in der Waldkapelle auf dem Westlichen Friedhof stattfinden. Anschließend würde es Kaffee im Gemeindehaus am Alten Friedhof geben.
Johan sagte nicht viel, sondern brummte nur zustimmend. Als es aber um die Wahl des Sarges ging, räusperte er sich und deutete auf ein schlichtes, stilvolles Modell, das in dem Ordner abgebildet war. Eines der billigeren aus Hartfaserplatten und nicht aus Massivholz.
Meine Güte, dachte Birgitta, was sollen denn die Leute denken?
»Warum ausgerechnet der?«, fragte sie mit leiser Stimme, weil der Bestatter das nicht hören sollte.
»Ich gehe solange raus, dann können Sie sich alles in aller Ruhe ansehen«, sagte er rücksichtsvoll.
»Der wird doch verbrannt«, meinte Johan. »Papa hätte sicher gefunden, dass so einer übertrieben gewesen wäre«, sagte er und blätterte zu der Seite mit den Massivholzsärgen weiter.
Die jüngere Generation hat eine andere Sicht auf die Dinge, dachte sie. Das war vielleicht gut so. Sie ahnte, dass Johan kein schlechtes Gewissen seinem Vater gegenüber hatte. Er hatte keine gemischten Gefühle, nichts musste mit einer übertrieben teuren Beerdigung kompensiert werden. Johan hatte sich immer gut mit seinem Vater verstanden.
Dass der Leichnam kremiert werden sollte, stand fest. Das war einer der wenigen Wünsche, die Carl-Ivar selbst geäußert hatte. »Wenn ich sterbe, will ich verbrannt werden, nur damit ihr das wisst!« Sie hatten beide noch seine Worte im Ohr.
Dann kamen sie zur Traueranzeige. Sie hätten sie vielleicht schon früher aufgeben sollen, aber das hatte ihnen widerstrebt, außerdem war so vieles unklar.
Jemanden zu begraben, der erstochen worden war, war etwas anderes, als einem Ehegatten unter die Erde zu helfen, der an einer Krankheit oder an hohem Alter gestorben war.
Der Bestatter meinte, dass es für eine Anzeige durchaus nicht zu spät sei. Es komme recht oft vor, dass einige Zeit verstreiche. Darüber, woran sie alle drei dachten, verlor er kein Wort: dass mit oder ohne Todesanzeige ohnehin alle Bescheid wussten. Man musste nur die Zeitung aufschlagen. Täglich gab es etwas über den Mord zu lesen.
Birgitta hatte das Gefühl, dass die Anzeige gerade deswegen umso wichtiger war. Sie würde den Verlust von Carl-Ivar ernsthafter und greifbarer machen. Sie kam nach allen Spekulationen der Abendzeitungen einer Art Rehabilitierung gleich. Es ging nicht nur um einen plötzlichen, unerwarteten Todesfall, um Blut, funkelnde Messerklingen und mystische Umstände in einem fremden Land, um Dinge, die die Fantasie mehr anregten als die zuverlässige und somit nicht sonderlich spannende Person, die Carl-Ivar gewesen war. Er war wirklich ein Svensson, ein Durchschnittsschwede gewesen, obwohl er Olsson geheißen hatte, und damit war er zufrieden gewesen.
Sie stutzte bei diesen Überlegungen. Ein Unbehagen beschlich sie. Vielleicht stimmte das ja nicht so ganz, aber das brauchte niemand zu erfahren.
Sie begann, unkonzentriert in den Illustrationen zu blättern, die man für Todesanzeigen wählen konnte.
»Was meinst du?«, fragte sie Johan, aber er zuckte nur mit den Achseln.
»Einen Teppich vielleicht?«, meinte er schließlich, und sie war sich nicht sicher, ob er das ironisch meinte.
Der Bestatter nahm diese Bemerkung jedoch ernst. Er hatte schon Schlimmeres erlebt. Er beugte sich über den Ordner und half suchen. Sie stellte sich einen Orientteppich mit Fransen vor, der durch die Luft zu schweben schien.
Sie schmunzelte. Damit kann Carl-Ivar fliegen, wohin er will, dachte sie. Vielleicht bis in den Himmel. Dort findet er endlich Frieden. Sie wusste mehr, als er geahnt hatte …
Aber einen Teppich gab es nicht.
»Es tut mir furchtbar leid«, sagte der Bestatter. »Ich kann vielleicht die Zeitung bitten, eine Illustration zu besorgen.«
Das seien unnötig viele Umstände, fanden Johan und sie. Schließlich einigten sie sich auf ein schlichtes, schwarzes Kreuz.
»Das kennen schließlich alle«, meinte sie. »Prägnant und würdevoll. «
Auf der Rückfahrt im Auto, einen halben Mandelkranz in einer Tüte neben sich, überlegte sie, was sie mit dem Teppichgeschäft machen sollte. Und nicht weniger wichtig: was sie mit Annelie machen sollte. Birgitta mochte sie, und das Geschäft lief momentan ganz gut. Katastrophen lieferten gute Publicity. Sie hatte seit ihrer Rückkehr aus Istanbul nicht mit
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