Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 07 - Tödliche Geschäfte
damit er nicht im Weg war und damit nichts schmutzig wurde. Es sah ihr gar nicht ähnlich, so unordentlich zu sein. Aber irgendwie hatte sie seit Carl-Ivars Tod nicht mehr so viel Kraft.
Sie saß in Johans altem Zimmer vor dem kleinen Fernseher. Ihre Konzentration war nicht die beste. Die Nachrichten waren allerdings auch nicht weiter aufregend. Sie dachte an das große Ereignis des Tages. Kriminalkommissar Claes Claesson, Veronikas Mann, war vorbeigekommen. Glücklicherweise war Sven gerade nicht bei ihr gewesen.
Die Frau auf dem Kai. Und dann Carl-Ivar.
Sie hatte sich das Foto bereits eingeprägt, als sie es das erste Mal in Istanbul gesehen hatte. Claesson gegenüber hatte sie sich das jedoch nicht anmerken lassen. Carl-Ivar sah so seltsam entspannt aus. So wie früher, als er noch jünger gewesen war.
Das Telefon klingelte. Es lag neben ihr. Sie senkte die Lautstärke des Fernsehers und ging dran.
Es war wieder Kommissar Claesson, der ihr gern noch eine Frage stellen wollte, die er beim letzten Gespräch vergessen hatte.
»Erinnern Sie sich, ob der Mann, der sich als Lennart Ahl vorgestellt und sich nach Carl-Ivar erkundigt hat, Dialekt sprach?«
»Doch … vielleicht war er aus der Gegend von Västervik«, antwortete sie. »Oder vielleicht auch aus Vimmerby oder noch weiter aus dem Norden.«
»Woran denken Sie da genau?«, fragte er, als stellte er die Fragen in einer Quizshow.
»In Östergötland«, antwortete sie gehorsam. »Er war vielleicht aus Norrköping.«
Der Kommissar war hochzufrieden.
»Sonst noch etwas?«
Nein, sonst gab es keine weiteren Fragen. Sie schaltete den Fernseher aus und ging ihre Tasche packen. Um neun Uhr begann der Nachtdienst.
Sie hätte sich auch länger krank schreiben lassen können, die Diagnose hätte vermutlich »Lebenskrise« gelautet, oder sie hätte zumindest bis zur Beerdigung in der kommenden Woche Urlaub nehmen können. Teilweise war sie immer noch wie betäubt, aber diese Lähmung würde noch recht lange andauern, vermutete sie. Ihr Schock war jedoch nicht so groß, dass sie sich nicht auf ihre Arbeit hätte konzentrieren können. Ihr Körper und ihre Seele sehnten sich nach dem gewohnten Gleichgewicht, ihrem normalen Leben, so gut das eben ging, während sie um Carl-Ivar trauerte.
Aber vor allen Dingen wollte sie von zu Hause wegkommen. Im Haus war es deprimierend still. Und es machte sie auch nicht fröhlicher zu sehen, wie Sven mit seiner Nettan zum Golfplatz fuhr, jetzt wo die Abende so hell waren. Plötzlich waren die beiden wieder ganz innig, und er nahm Birgitta gar nicht wahr.
Sie nahm nicht wie sonst immer ihr Fahrrad. Es war eine ordentliche Strecke. Sie hatte nicht die Kraft, die ganze Zeit aufzupassen, obwohl das Wetter umgeschlagen und es wieder warm und angenehm war.
Das Grün der Bäume und Büsche war weniger zart, es war intensiver geworden, wie sie durch die Windschutzscheibe erkennen konnte. Es war unglaublich schön.
Nachdem sie geparkt und die Eingangshalle betreten hatte, sah sie den Aushang. Er hing neben dem Empfangstresen an der Wand, damit ihn alle sahen. Sie trat näher. Betrachtete eingehend das Foto. Es war wie im Film. Ihr Unbehagen nahm zu.
Die Polizei bat die Öffentlichkeit um Hilfe bei der Suche nach dieser vermissten Frau, stand da zu lesen. Rosen sah sie von dem Foto direkt an. Ein gutes Bild. Tina lächelte freundlich und war sich sehr ähnlich. Wie ein flatternder Schmetterling.
Der jetzt davongeflogen war.
Als sie sich umgezogen hatte und auf der Station in der sechsten Etage eintraf, verspürte sie Freude und Dankbarkeit darüber, wieder zurück zu sein. Sie wartete auf die Übergabe, wie sie das seit ewigen Zeiten getan hatte. Sie trug ihre weiße Arbeitskleidung. Sie war Krankenschwester und keine trauernde Witwe, jedenfalls nicht nur. Diese Rolle war sie bereits leid.
Anne-Sofie kam wie ein warmer Wind und umarmte sie. Wie nett, dass wir zusammen Nachtdienst haben, dachte Birgitta. Sie hatte vorher nicht angerufen und sich erkundigt, mit welcher Schwesternhelferin sie zusammenarbeiten würde. Außerdem wurde der Dienstplan recht oft geändert, und es ließ sich letztendlich doch nichts ändern, aber Soffan war eine Perle.
»Weißt du, wer Bereitschaft hat?«, fragte Soffan.
»Nein.«
Birgitta zog den Dienstplan zu sich heran.
»Da steht Daun.«
Soffan verdrehte die Augen. In diesem Augenblick hatte Birgitta ein Gefühl von Déjà-vu. Jetzt fehlte nur noch Rosen. Sie hätte hereinflattern und auf ihre
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