Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 07 - Tödliche Geschäfte
Schuhtüte ohne Hilfe auf den Kindersitz, und er brauchte ihr nur den Gurt anzulegen. Endlich kam Mona ans Telefon. Sie war außer Atem, war mit dem Hund spazieren gegangen und gerade zur Tür hereingekommen.
»Was machst du heute?«, fragte er.
»Ich bekomme um drei Besuch zum Kaffeetrinken«, sagte sie.
Verdammt!, dachte er.
»Ist was Besonderes?«, fragte sie.
Er erläuterte die Lage.
»Ach du liebes bisschen! Natürlich kümmere ich mich um Klara«, meinte sie.
Ihm fiel ein Stein vom Herzen.
»Ganz sicher?«, vergewisserte er sich.
»Aber ja. Wenn du willst, komme ich runter und nehme sie auf der Straße in Empfang, dann könnt ihr schneller weiter.«
Er schlug die Fahrertür zu und ließ den Motor an.
»Es gibt auch noch nette Leute, das darf man nicht vergessen«, meinte Veronika.
»Da fallen mir besonders Frauen ein, die ach du liebes bisschen sagen wie Mona«, meinte er. Veronika lächelte und tätschelte ihm die Wange. Dann musste sie sich schon wieder auf die nächste Wehe konzentrieren.
Die Lundins wohnten um die Ecke in der Köpmannagatan. Mona wartete bereits auf dem Bürgersteig und winkte. Sie drückten ihr die immer noch schweigende Klara in den Arm. Sie kannte Mona und Janne gut und ließ sich von den beiden verwöhnen. Sie winkte nicht, als ihre Eltern weiterfuhren, sondern starrte ihnen nur hinterher.
Als Claes auf die E22 einbog, schwiegen beide.
»Man darf einfach nicht glauben, dass sich alles planen lässt«, meinte Veronika schließlich und zog am Sicherheitsgurt, der über ihrem Bauch spannte. Sie stützte sich bei jeder Wehe am Armaturenbrett ab.
Als sie die Abfahrt nach Påskallavik passierten, hatte Veronika, wie sie beteuerte, die Lage immer noch unter Kontrolle. Claes umklammerte das Lenkrad und reichte ihr sein Handy.
»Kannst du die Entbindung in Kalmar vorwarnen, wenn sich die Wehen etwas beruhigt haben? Ich muss mich auf die Fahrbahn konzentrieren.«
Veronika tat dies. Sie wurde gefragt, wie viel Zeit zwischen den Wehen verstreiche, wie lange diese andauerten und ob das Fruchtwasser bereits abgegangen sei. Dem war noch nicht so. Veronika beendete das Gespräch.
»Sie erwarten uns«, meinte sie.
»Ich wäre so oder so gefahren«, meinte er unverdrossen, während sie sich Mönsterås näherten. Etliche Sonntagsfahrer waren unterwegs, vermutlich um den samstäglichen Großeinkauf zu erledigen.
»Es ist auf einmal verdammt nass«, sagte Veronika plötzlich. Sie passierten gerade die Abfahrt nach Timmernabben.
Das Lederpolster!, dachte er. Ein vollkommen materialistischer Gedanke, den er immerhin nicht aussprach. Veronika hatte offenbar denselben Gedanken.
»Das lässt sich abwischen«, meinte sie lapidar, zog eine Zeitschrift aus ihrer Tasche und schob sie aufgeklappt unter sich.
Veronika wurde ruhiger. Vermutlich war das die Ruhe vor dem Sturm, dachte er. Er hatte Recht. Als sie Rockneby erreichten, nahm die Intensität der Wehen zu, und Claes begann darüber nachzudenken, was er zu tun hatte. Schließlich kamen auch Taxifahrer damit klar, verheiratete und unverheiratete Partner waren in dünn besiedelten Gebieten, in denen die nächste Entbindungsstation zu weit entfernt war, seit Generationen damit fertig geworden. Er dachte an seinen Vater. »Man muss das Leben so organisieren, dass man immer darauf eingestellt ist, allein zurechtzukommen.« Damit hatte er Claes so oft in den Ohren gelegen, dass er irgendwann gar nicht mehr hingehört hatte.
Nun wurde ihm klar, dass diese Einstellung, ob er es wollte oder nicht, offenbar auf ihn abgefärbt hatte. Obwohl er nicht die asketische Art und Freude an körperlichen Herausforderungen seines Vaters geerbt hatte, der drahtig und durchtrainiert gewesen war, ein richtiger Pfadfinder, dem Entbehrungen Spaß machten und der mit schwerem Rucksack bei lausigem Wetter zu langen Bergwanderungen aufbrach. Aber seine außerordentlich gute Kondition nützte ihm nichts, als er an Krebs erkrankte. Und da war er noch gar nicht alt, erst Anfang fünfzig.
Claes war von seinem Vater natürlich beeinflusst worden, das hatte sich gar nicht vermeiden lassen, aber mit zunehmendem Alter weigerte er sich immer öfter, an den schlimmsten Strapazen teilzunehmen. Als er dann Polizist werden wollte, konnte er bei der Aufnahmeprüfung von seiner guten Kondition sehr profitieren.
Und jetzt gedachte er, von seiner optimistischen Grundhaltung zu profitieren. Alles wird gut. Im Großen und Ganzen. Wenn nur das Blut nicht wäre. Aber auch damit
Weitere Kostenlose Bücher