Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 07 - Tödliche Geschäfte
deutete auf den Stuhl auf der gegenüberliegenden Seite des Schreibtischs.
Özen schien es nicht ganz wohl in seiner Haut zu sein. Ihm war klar, dass er sich jetzt beweisen musste. Claesson griff zum Telefonhörer und zitierte Louise herbei.
»Jasinski bestellt gerade die Flugtickets für uns. Darüber bist du ja im Bilde, vermute ich?«
»Ja.« Ihm stand ein dünner Schweißfilm auf der Stirn. Vielleicht lag das daran, dass er vor Kriminalkommissar Claes Claesson saß.
»Gut. Könntest du dich anschließend umziehen und etwas essen?«
»Ich habe auf dem Weg hierher einen Hamburger gegessen.«
»Schön. Warst du schon mal in Istanbul?«
»Ja, oft.«
»Kommst du von dort?«
»Nein. Ich komme aus der mittleren Türkei.«
»Okay. Wenn wir beide hier jetzt richtig fleißig sind, dann können wir am Mittwoch fahren. Heute ist Montag. Das erfordert aber eine gewisse Planung.«
Louise trat ein. Sie lehnte sich ans Bücherregal.
»Deine Aufgabe ist es vor allem, als kultureller und sprachlicher Link zwischen uns und den Türken zu fungieren.«
»Das habe ich bereits verstanden.«
»Gut.«
»Wir fangen an, sobald du dich umgezogen hast.«
»Okay«, sagte Özen und erhob sich.
»Was weißt du über Orientteppiche?«, fragte Claesson.
Özen schluckte.
»Nicht viel, um ehrlich zu sein«, erwiderte er.
Schade, dachte Claesson. Nicht alle Männer des Orients kennen sich also mit Teppichen aus. Er verkniff sich daher auch die Frage, wie viele Teppiche Özen besitze. Ture Sventon hatte sieben oder acht besessen, und er selbst hatte etwa auch so viele. Eigentlich fehlte ihm jetzt nur noch einer – ein fliegender.
15
Fünf Minuten später überquerten Claesson und Özen den Lilla Torget. Mühelos fanden sie das Teppichgeschäft auf der Ecke in der Frejagatan. Auf einem kleinen handgeschriebenen Pappschild in der Tür stand zu lesen, dass das Geschäft geöffnet war. Das Schild wirkte in einer Zeit, in der alles in geschnörkelter Schrift am Computer fabriziert wurde, etwas angestaubt, aber nett.
Sie erklommen die wenigen Treppenstufen und traten ein. Eine jüngere Frau in Jeans und engem weißem Pullover mit schmalen roten Streifen stand hinter einem Ladentisch. Sie sah sommerlich frisch aus, fand Claesson, und passte nicht recht in ein Teppichgeschäft. Aber da kann ich mich auch irren, dachte Claes und stellte Özen und sich vor. Rote Flecken breiteten sich auf ihrem Hals aus, und ihr Blick wurde unruhig.
»Was ist passiert?«
»Carl-Ivar Olsson ist tot in Istanbul aufgefunden worden«, sagte Claes, woraufhin sie schluchzend über dem Tresen zusammensackte.
Die beiden Beamten warteten, bis sie sich wieder beruhigt hatte. Claesson ließ währenddessen den Blick durch den Raum schweifen. Blutrote, braunrote, bläuliche, grüne, dunkel-weinrote Teppiche, alle sehr stark gemustert. Konnten diese unschuldigen Bodenbeläge ein Motiv für einen Mord abgeben? Er konnte das kaum glauben, aber dann erinnerte er sich, wie sehr sein Bruder hinter dem Teppich her war, den er zufälligerweise geerbt hatte, nachdem ihre Mutter aus dem Elternhaus ausgezogen war, und den Veronika hier zur Reparatur abgegeben hatte. Einige Teppiche waren eben wertvoller als andere. Aber was waren sie wert? Özen konnte ihm in dieser Frage nicht weiterhelfen, da er laut eigenem Bekunden nichts von Teppichen verstand. Er musste sich das Wissen also selbst anlesen.
Die Frau stellte sich als Annelie Daun vor. Sie hatte einen festen Händedruck, obwohl ihre Hand schmal war. Trotz der Nachricht, die sie eben erhalten hatte, wirkte sie recht gefasst. Sie war angemessen traurig, aber gleichzeitig wach und aufmerksam. Özen notierte ihre Angaben zur Person und behielt seinen Block noch in der Hand.
Während Annelie Daun so gut es ging Claessons Fragen beantwortete, fiel ihm auf, dass etliche Passanten auf der Straße langsam an dem Laden vorbeigingen. Sie waren neugierig. Hatte sich der Tod des Teppichhändlers bereits herumgesprochen? Manchmal ging so etwas rasend schnell. Vielleicht hatte der örtliche Radiosender die Meldung bereits gebracht.
»Vollkommen unwirklich, dass Carl-Ivar so brutal ermordet worden sein soll. Wer kann nur auf die Idee gekommen sein, ausgerechnet ihn zu ermorden? Da muss ein Irrtum vorliegen!«, entschied sie mit Nachdruck.
»Können Sie Ihr Verhältnis zu ihm beschreiben, also abgesehen davon, dass Sie hier arbeiten? Wie lange haben Sie ihn gekannt?«
»Er ist mein Onkel und war immer nett zu mir. Man könnte fast
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