Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 07 - Tödliche Geschäfte
Christoffer fand das übertrieben, als sie ihm davon erzählte. Es erstaunte ihn, dass sie so gefühlvoll geworden war. »Carl-Ivar gehörte nicht zu den Royals, er war einfach nur Teppichhändler«, meinte er.
Sie wusste, was er meinte, aber das kümmerte sie nicht weiter. Sie tat, was sie für richtig hielt, und hatte auch nicht die Absicht, sich dafür zu rechtfertigen. Sie ahnte, dass Christoffer eifersüchtig war. Dass ihr außer ihm auch andere Menschen wichtig waren, gefiel ihm nicht. Und was tat er?
Sie hatte nie zu den Frauen gehört, die Männer verwöhnten. Er war die Ausnahme. Das wusste er natürlich, und es gefiel ihm. Sie brachte ihm Liebe und sehr viel Geduld entgegen, so empfand er das. Aber war es wirklich Liebe? Manchmal war sie sich nicht sicher. Wusste sie überhaupt, was Liebe war?
Jedenfalls tat sie ihr Bestes. Sie orientierte sich an den Frauen, die gerne bereit waren, ihren Männern alle Hindernisse aus dem Weg zu räumen, und die alles für ihre Söhne taten, ihren Töchtern gegenüber aber recht hart sein konnten.
Wie ihre Mutter. Aber sie war ja auch keine gewöhnliche Mutter gewesen.
Allmählich war Christoffer ihrer überdrüssig geworden. Gelinde gesagt, war die Beziehung zu ihrem Ehemann zwiespältig.
Das Telefon klingelte.
Es klingelte in letzter Zeit recht oft. Schon allein deswegen war es gut, dass sie die Stellung im Geschäft hielt. Insbesondere seit Birgitta und die Kinder nach Istanbul gereist waren, um von Carl-Ivar Abschied zu nehmen.
Eine Frau war am Apparat, die Rotwein auf ihrem Teppich verschüttet hatte. So etwas kam recht häufig vor. Vielleicht war das auch nur ein Vorwand? Sie räusperte sich.
Kein großer Fleck, meinte die Frau am Telefon, aber wie sollte sie ihn wegbekommen?
Annelie empfahl, den Fleck mit einem Handtuch und lauwarmem Wasser mit einigen Tropfen Spülmittel abzutupfen. Sie riet der Frau, das erst vorsichtig an einer Ecke auszuprobieren, um festzustellen, ob der Teppich dabei seine Farbe verlor.
»Das funktioniert meistens«, sagte sie mit ihrer geschäftsmäßigen Stimme, die wieder an Festigkeit gewonnen hatte.
Ihr kam es so vor, als hätte Carl-Ivar den Stab beim Staffellauf an sie weitergereicht.
»Dann wiederholen Sie dieselbe Prozedur mit Wasser, das ein paar Tropfen Essig enthält, damit die Farben leuchtender werden«, fuhr sie fort.
Carl-Ivar hätte genauso gut diese praktischen Ratschläge erteilen können. Sie hörte selbst, dass sie seine Worte verwendete, aber auf ihre Weise zusammensetzte.
Plötzlich fühlte sie sich besser. Zum ersten Mal sah sie sich als Carl-Ivars Nachfolgerin.
Annelie dachte, dass die Anruferin auflegen wollte, aber offenbar hatte sie noch mehr auf dem Herzen.
»Wie ist das eigentlich mit dem Staubsaugen?«, fragte sie, um das Gespräch in die Länge zu ziehen. »Meine Nachbarin meint, dass man einen Teppich besser ausklopfen soll, so wie früher, als es auf den Hinterhöfen dafür noch Stangen gab.«
Annelie riet ihr ab. »Es gibt so viele Theorien«, meinte sie. »Ich kann Ihnen gern unser Pflegemerkblatt schicken. Staubsaugen ist kein Problem, und zwar mit dem Flor, nicht dagegen. Die Wolle hat eine natürliche Fettschicht, das Lanolin, die den Schmutz abstößt und die Teppiche widerstandsfähig macht. Aber zum Beispiel Sand will man ja aus dem Teppich entfernen. Grober Sand kann auch die Knoten beschädigen, wenn man ihn nicht beseitigt.«
Dann nutzte die Frau die Gelegenheit, ihrer Freude darüber Ausdruck zu verleihen, einen so schönen Teppich zu besitzen.
»Das freut mich«, sagte Annelie, und eine leise Ungeduld stieg in ihr auf. Die Frau erzählte jedoch wortreich weiter und beschrieb Größe, Farben und Muster des Teppichs.
Schließlich ahnte Annelie, um welchen Teppich es ging.
»Haben Sie vielleicht einen kaukasischen Teppich mit sehr viel Grüntönen?«, fragte sie plötzlich interessiert.
»Genau den! Ich finde ihn wirklich wunderbar. Man sieht gleich, dass das Handarbeit und keine industrielle Fertigung ist … Wenn ich mich recht entsinne, ist es ein Abrasch« ,sagte die Frau und kam sich dabei sicher superschlau vor.
»Allerdings.«
»Das hat der Teppichhändler gesagt«, fuhr die Frau fort, »der jetzt tot ist.«
Nun war es heraus. An beiden Enden wurde es still.
»Das ist wirklich tragisch«, fuhr die Frau mit gedämpfter Stimme fort.
»Allerdings«, erwiderte Annelie und hatte plötzlich einen Kloß im Hals. Ihr geschäftsmäßiges Teppichhändlerinnen-Ich war wie
Weitere Kostenlose Bücher