Lupus - Ankunft der Woelfe
er ist es auch!« Plötzlich trat Cube ruckartig auf die Bremse, sein Rover schlingerte. Vor ihm rutschten die Wagen.
Was für ein Zufall, dachte er. Jolanda Rost hatte das Glas mit der Chimären-Maus entwendet. Der Mord sollte von Becker ablenken. Doch die Maus zeigte direkt auf ihn, denn sie war seine Forschungsarbeit. Hätte Cube damals schon hartnäckig nach dem Ursprung der Maus gefragt, dann – er wagte es kaum, den Satz zu Ende zu denken – dann wäre die dritte Frau vermutlich noch am Leben. Einzig wegen der Ohr-Maus benötigte Becker einen dritten Mord, denn er musste einen Serienmörder präsentieren, um von seiner Forschung abzulenken. Cube fasste sich wütend in die Haare. Er hätte sich am liebsten sämtliche Borsten einzeln ausgerissen. Sein Fehler. Sein verdammter Fehler hatte ein Menschenleben gekostet. Wenn er Becker jemals zwischen die Finger bekäme …
Wütend parkte er ein, schnappte sich den Mantel und schlug mit lautem Rumms die Wagentür zu.
In der Klinik schob er die Stationsschwester beiseite und schritt energisch auf Urbaths Bürotür zu. »Nein, ich habe keinen Termin, und nein, es kann nicht warten.« Er warf der Frau einen vernichtenden Blick zu. »Polizeiarbeit kann nie warten.« Die Köpfe der Wartenden flogen herum. Alle starrten ihn an. Er riss die Bürotür auf.
»Professor Urbath, ich muss mit Ihnen reden. Jetzt.«
»Kommen Sie rein, setzen Sie sich, und beruhigen Sie sich! Womit kann ich Ihnen behilflich sein?«
Cube baute sich vor Urbaths Schreibtisch auf und verschränkte die Arme. »Professor Urbath, warum haben Sie mir verschwiegen, dass die Ohr-Maus nicht aus Ihrer eigenen Forschung stammt?«
Urbath blickte zu ihm hoch und zupfte an seinem kleinen Spitzbärtchen. »Sie haben nicht danach gefragt.«
»Sie sind dazu verpflichtet, uns alles, was zur Aufklärung des Mordes führen kann, zu erzählen.«
»So? Bin ich das? Ich bin mir keines Vergehens bewusst. Wie hätte es wohl ausgesehen, wenn ich einen hoch geschätzten Mediziner denunziert hätte?«
Cube beugte sich über den Schreibtisch und stützte die Hände auf der kalten Lackplatte ab. »Sie machen es sich ein wenig zu einfach.«
Mit empörter Miene rollte Urbath den Ledersessel zurück und erhob sich. Er setzte seine goldene Nickelbrille auf und umrundete den Schreibtisch. »Nein, Herr Ermittler, Sie machen es sich zu einfach. Mir wurde etwas entwendet. Und ich habe die Maus bis heute nicht zurückbekommen. Sie gehört mir. Mein Eigentum. Und mit dem Mord habe ich nichts zu schaffen. Das ist Ihre Arbeit. Und wenn Sie mir nicht die richtigen Fragen stellen, müssen Sie sich nicht wundern …«
»Ich frage Sie jetzt«, fiel Cube ihm ins Wort.
»Und was?«
»Wieso befand sich die Maus in Ihrem Besitz?«
»Ist das irgendwie für den Mord relevant?«
»Das entscheide immer noch ich.«
»Sie war ein Geschenk.«
»Was war der Anlass?«
Cube stellt sich mit einem großen Schritt vor den Mediziner. Hinter dem Rücken ballte er die Fäuste. Es war ganz offensichtlich, dass Urbath etwas verschwieg. Cube wusste, was es war. Er wusste, was mit der Maus los war. Doch der Professor spielte immer noch den Ahnungslosen.
»Sie war ein Bewerbungsgeschenk.«
»Geht es ein wenig genauer? Hören Sie, wenn Sie jetzt kooperieren, könnte ich mich dafür erwärmen, Ihr Geschenk zurückschicken zu lassen. Ach, und erzählen Sie mir alles, denn ich weiß, was mit der Maus los ist. Spielen Sie also nicht den Ahnungslosen.«
Urbath machte ein zerknirschtes Gesicht. Er nahm die Brille ab, ging an den Schreibtisch und zog ein Putztuch aus der obersten Schublade. Während er die Gläser anhauchte und polierte, redete er. »Was glauben Sie, wie heutzutage Bewerbungen auf die höchsten Posten in der Forschung ablaufen? Mit Lebenslauf und Foto? Da täuschen Sie sich. Wie Sie vielleicht mitbekommen haben, ist die Anzahl der Genveränderten in der Weltbevölkerung sprunghaft angestiegen. Die Charité wird in Kürze einen neuen Klinikkomplex errichten, der sich nur mit diesem Problem befasst. Ich war dreißig Jahre in der Chimärenforschung tätig, und ich werde die neue Klinik leiten. Das wird der Höhepunkt meiner Karriere. Leider werde ich mit sechzig in Rente gehen und mich um mein Haus auf Barbados in der Karibik kümmern müssen. Daher muss ich schon jetzt an einen Nachfolger denken. Professor Becker hat sich um die Stelle beworben. Die Maus war sozusagen seine Eintrittskarte. Damit zeigte er sein Leistungsspektrum und seine
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