Lupus - Ankunft der Woelfe
zurück und grübelte über die Liste von Eva. Über zweihundert Namen. Das bedeutete eine Menge Arbeit. Timo Zweiter stand ebenfalls auf der Liste. An vorletzter Stelle. Natürlich hatte er Eva nichts von ihm erzählt. So tief konnte er sie zum jetzigen Zeitpunkt nicht in seine Ermittlungen einweihen. Der junge Mann stand nicht nur auf dieser Liste, er wurde zudem vermisst. Cube nahm den Telefonhörer und begann zu telefonieren, während er Bilder der Personen auf seiner Liste aus dem Internet fischte.
Kai Aan, Constanze Bund … Timo Zweiter. Wieder schweiften seine Gedanken zu Eva ab. Die Tote von heute Morgen hatte Eva ähnlich gesehen. Zufall?
Er nahm eine Lupe aus der Schublade und betrachte eingehend die Gesichter von Palmers Patienten. Keine Zornesfalten zwischen den Augen. Kaum Krähenfüße. Die kleinen Fältchen neben den Mundwinkeln aufgepolstert … Monika, eine schöne Frau. Beherrschtes Lächeln. Auch Constanze sehr hübsch. Routiniertes Lächeln. Kai? Graue Schläfen. Kantiges Gesicht. Männlich. Machtbewusst? Sein Blick wanderte zurück zu den beiden Frauen. Sie waren ausnahmslos schön. Cube entnahm den Informationen aus dem Internet, dass die meisten Personen auf der Liste offenbar einer wohlsituierten Bevölkerungsschicht entstammten. Sie hatten Geld für Botox und andere Gesichtsverschönerungen, und das sah man ihnen an.
Keine Augenfältchen bei Monika und nur schwache Stirnfältchen, dachte er, als er auf ihre Altersangabe blickte. Die Dame war sechzig. Was hatte sie für ihre alterslose Schönheit getan?
Und wie passte Timo Zweiter in diese Liste? Er war jung und kein klassischer Kandidat für eine Schönheitsoperation. Hatte er etwas zu verbergen gehabt, das nicht menschlich war? Cube überflog die vielen Namen. Gab es eine Gemeinsamkeit zwischen dieser Niemann und dem Vermissten? Und wenn ja, traf diese Gemeinsamkeit auch auf alle anderen dieser Liste zu oder nur auf einige?
Er öffnete die Homepage der BEA-Klinik und suchte sich die Rufnummer aus dem Impressum. Niemann war tot und Zweiter wurde vermisst. Das genügte, um mit dem Professor zu reden. Auch wenn er Evas Vater war, hatte der Schönheitsarzt keinen Sonderstatus. Cube müsste ihn wie jeden anderen Verdächtigen betrachten.
Möglicherweise ging es den Patienten nicht um ein paar Fältchen, störenden Bauchspeck oder ein Doppelkinn, sondern um mehr. Um Gewebeveränderungen, verkrümmte Gliedmaßen, lästige Haare und Krallen, um die Korrektur deformierter Gliedmaßen. Wie viele Fälle gab es bereits? Dass die WHO zu den merkwürdigen Fällen in Colorado tagte, trug nicht gerade zu seiner Beruhigung bei.
Colorado! Er zuckte plötzlich zusammen. Das Bild eines sonnigen Tages schob sich in sein Gedächtnis. Blauer Himmel. Ein Adler zog kreischend seine Kreise. Der morgendliche Spaziergang mit Gull und Bella durch die Canyons der Mesa Verde. Und dann der schrecklichste Augenblick seines Lebens. Der Tod der Mädchen. Bonnys Sterben im roten Staub.
Für einen Moment verlor er jegliches Gefühl für seine Umgebung. Die Bilder seiner Vergangenheit verschwammen, und Tränen schossen ihm in die Augen. Über Bonny hätte er vielleicht mal mit Frieder reden sollen. Und darüber, dass er bis heute nicht über den Schmerz und Verlust hinweggekommen war. Ja, auch darüber, dass er jeden Gedanken an die Zeit in der Mesa Verde mit Arbeit und noch mehr Arbeit verdrängte.
Er schüttelte sich und blickte auf den Bildschirm. Er hatte zu tun. Da war eine lange Liste, und jetzt würde er Monika anrufen und sie fragen, was sie in der BEA-Klinik alles hatte machen lassen. Bevor er mit dem Professor redete, müsste er sich über seine Patienten ein umfassendes Bild gemacht haben. Da rollte etwas Großes auf sie zu. Die Sondereinheit Pandemie könnte sich warm anziehen. Die wollten ihn nicht im Team, weil er kein Medizinstudium absolviert hatte. Er würde ihnen beweisen, dass es auch ohne ging, wenn man die richtige Spürnase hatte – und einen guten Draht zu einer exzellenten Rechtsmedizinerin. Eva! Er musste lächeln.
Kurze Zeit später wurde die Tür zum Großraumbüro aufgerissen, und Henner Frantz stapfte herein. Er hängte seinen nassen Parka über den Stuhl. Weitere Kollegen folgten ihm, schüttelten den Schneeregen aus ihren Haaren und entledigten sich ihrer Jacken.
»Herrje, Leute, wozu haben wir Spinde?«, rief eine blonde Polizistin. »Seht euch die Pfützen an!«
Frantz trat an Cubes Schreibtisch heran. »Kyra ist auch nächste
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