Lust de LYX - Ergebener der Lust (German Edition)
er wusste, dass sein Bruder ihn nicht zum Narren hielt. Nasir war immer schon der Logiker des Brüdergespanns gewesen, und nachdem er den Ghulen die Schuld am Tod seiner Verlobten gab, musste er Kavin aufrichtig lieben, wenn er für sie seinen Hass vergessen konnte. »Und du wirst sie heiraten.«
Ein verlegenes Lächeln huschte über Nasirs Gesicht. »Das habe ich bereits. Wir konnten einfach nicht länger warten. Außerdem wollte ich verhindern, dass unser Königreich ihre Loyalität infrage stellt.«
Heiliger Allah, es war ihm also ernst! »Wie hat Vater reagiert?«
Nasir schaute nun seinerseits zum Wasser. »Anfangs war er nicht begeistert. Er hegte dieselben Bedenken wie du. Doch dann erfuhr er, was sie für mich getan hat, und lernte sie kennen.« Er wandte sich wieder Ashur zu. »Ich möchte, dass auch du sie kennenlernst, Bruder. Anders als die Ghule, die Zoraida dienen, hat sie ein gutes Herz. Kavin hat mich dazu gebracht, die Augen zu öffnen und zu erkennen, dass nicht jeder, den wir immer als Feind ansahen, das zwangsläufig auch ist. Ich gab ihr das Versprechen, in die Gruben zurückzukehren und ungeachtet ihrer Rasse alle zu befreien, die dort gefangen gehalten werden, und ich werde dieses Versprechen einhalten. Sobald wir eine Möglichkeit gefunden haben, Zoraidas Macht über dich zu zerschlagen.«
Ashur drehte sich der Kopf. Die Zusammenhänge wurden immer nebulöser, nichts war so, wie er geglaubt, wie man es ihm erzählt hatte. Er wusste nicht, wem er überhaupt noch trauen konnte.
Ich vertraue dir
…
Sein Puls beschleunigte sich, wenn auch nicht wegen Nasirs Worten, sondern wegen eines Engels, der jetzt … – Ashur wusste nicht, wohin Claire gegangen war, aber er nahm sie ganz in der Nähe wahr. Sie musste so nahe sein, dass er sie berühren konnte, wenn er wollte.
»Tariq ist seit dem Tag seiner Befreiung hier und hat nach der Flasche gesucht. Darum lebt er auf dieser Insel im Puget Sound. Darum liegt dieses Segelboot dort unten am Dock – damit er, wenn nötig, den Strömungen folgen kann. Kavin und ich haben Spähtrupps in alle Winkel des Reiches ausgesandt, um Zoraidas Versteck ausfindig zu machen. Bislang leider erfolglos. Aber wir haben niemals aufgegeben, Ashur. Keiner von uns. Zoraidas gefährlichste Waffe ist die Täuschung. Sie will dich glauben machen, wir hätten dich vergessen, damit sie dich kontrollieren kann. Aber überleg doch mal, Bruder. Wieso sollten wir so etwas tun?«
Nasir der Friedensstifter. Es hatte sich nicht viel geändert. Doch das, was sein Bruder da sagte … ergab auf absurde Weise einen Sinn. Zoraidas Wachen hatten versucht, ihn zu brechen, und als das nicht gelungen war, nahmen sie ihn unter ihre Fittiche, bildeten ihn aus und überzeugten ihn davon, dass er zu ihnen gehörte und seine Brüder die eigentlich Bösen waren.
Seine Haut spannte, und Schweiß sammelte sich auf seiner Stirn. »Warum hat sie dich noch nicht zurückgerufen? Ich spüre den Opal an dir, auch wenn ich ihn in dieser Welt nicht sehen kann.«
Nasir stierte auf den Boden. »Ich habe keine Ahnung, das wundert mich doch selbst. Mein Opal hat gestern zu vibrieren begonnen, da wusste ich, dass die Flasche gefunden und irgendwo hier geöffnet worden sein musste. Zoraida könnte mich jeden Moment zurückbeordern, aber bisher hat sie das nicht getan. Womöglich ahnt sie gar nicht, dass ich noch lebe.«
Oder könnte es daran liegen, dass sie noch zu entkräftet war, um Nasir aufzuspüren? Ashur erinnerte sich, wie blass Zoraida ausgesehen hatte, als sie zurückgekommen war und ihn zu Claire geschickt hatte. Daran, wie zerbrechlich sie bei seiner Rückkehr wirkte.
»Deswegen ist Claires Seele so wichtig!«, murmelte er und rappelte sich auf.
»Was meinst du damit schon wieder?«
»Claire ist nicht, was sie zu sein scheint.«
Nasir kniff die Augen zusammen. »Was ist sie dann?«
Etwas, das Ashur jetzt noch nicht an die große Glocke hängen wollte. Nicht, solange er nicht mit Claire gesprochen hatte. Zum ersten Mal keimte Hoffnung in ihm auf – die Hoffnung, dass sie recht gehabt haben könnte. Vielleicht wollte sie ihm am Ende doch helfen. Natürlich hing es davon ab, was sie in seinem Reich vorhatte und warum sie derart versessen darauf war, dort hinzugelangen. »Ich muss mit ihr reden.«
»Tariq wartet darauf, mit dir zu sprechen.«
»Dann muss er sich gedulden. Das hier ist wichtiger.« Ashur drehte sich zum Haus um.
»Ashur.«
Er warf einen Blick über die Schulter und erkannte
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