Lust de LYX - Gesandter der Sinne (German Edition)
selbst.
»Ich bin hier«, flüsterte sie. »Hier bei dir.«
Er schob sich ein Stück von ihr weg und schaute sie an. Blut und Schmutz befleckten sein hinreißendes Gesicht, doch sein Zorn war verebbt. Dafür waren seine weichen, schönen, freundlichen Augen wieder da, die sie so sehr liebte. »Ich danke dir«, sagte er mit kratziger Stimme.
Tränen brannten in ihren Augen. Kavin wollte ihm gerade sagen, dass er ihr keinen Dank schuldete, als sie hinter ihm eine Bewegung bemerkte.
Im Becken kam Zayd schlingernd auf die Füße. Rinnsale von Blut liefen über sein Gesicht. Er umklammerte das Schwert mit beiden Händen und hob es über seinen Kopf.
Dann ging alles so schnell, dass Kavin fast den Überblick verlor. Nasirs Namen kreischend, schubste sie ihn von sich weg und hangelte nach seinem Schwert, das zu ihren Füßen lag.
Sie stieß zu, noch bevor der Ghul die Chance dazu hatte. Die Spitze grub sich in Zayds Brust, bevor sie ihn durch seinen Vorwärtsdrall ganz durchbohrte. Mit ungläubig aufgerissenen Augen taumelte er zurück, und Kavin ließ das Schwert fallen. Er stürzte von Neuem in das Becken, dabei löste er eine mächtige Fontäne aus, die die Hälfte des Wassers über den Rand und auf den Steinboden schwappen ließ.
Stille senkte sich herab. Nasir schaute sie an. »Heilige Scheiße.«
Kavins Augen waren vor Schreck geweitet. Sie hatte nicht nachgedacht, sondern einfach nur reagiert. Ihr Puls pochte wie verrückt, ihr Adrenalinpegel stieg an, dann sackte er ins Bodenlose. Sie strauchelte, doch Nasir fing sie auf.
»Atme, rouhi .«
Sich an seinen Armen festklammernd, konzentrierte sie sich auf das Pumpen ihrer Lungen, erleichtert darüber, dass Nasir vor sie trat und ihr die Sicht auf das versperrte, was sie angerichtet hatte.
»Es ist vorbei.« Sanft rieb er ihren Rücken. »Bei Allah, du hast mehr Kampfgeist in dir, als ich je geahnt hätte. Erinnere mich daran, mich bloß nie mit dir anzulegen.«
Ein Lachen entschlüpfte ihren Lippen. Ein Lachen, auf das sie nicht gefasst war, das allen Schrecken verdrängte und wieder in den Vordergrund brachte, was am wichtigsten war. Sie legte die Hände an Nasirs starke Brust, sah zu ihm hoch und versuchte, ihre Furcht nicht wieder die Oberhand gewinnen zu lassen. »Wie sollen wir entkommen? Die Wachen kämpfen noch immer in der Arena, aber die Stadtmauern zu überwinden –«
»Ich werde euch einen Weg zeigen.«
Sie wandten sich gleichzeitig zur Tür um, wo Hana stand und mit einem Ausdruck bitteren Triumphs Zayds toten Körper in dem Badebecken anstarrte.
Lange Sekunden der Stille zogen vorüber, ehe sie den Blick auf Kavin und Nasir richtete. »Vorausgesetzt, ihr nehmt mich mit.«
Kavin sackte gegen Nasir und sah zu ihm hoch. »Bring mich weg von hier. Weg von Tod und Sterben und Sklaven und Hochgeborenen. Bitte. Mir ist es egal, wohin wir gehen. Ich brauche nur …«
Ihr blieben die Worte im Hals stecken, als sie sich bewusst machte, was alles geschehen war. Was hätte geschehen können .
Dann lagen seine Lippen auf ihren, und er eroberte sie mit einem geschmeidigen, leidenschaftlichen Kuss, den sie bis in die Zehenspitzen spürte. Der all ihre Ängste vertrieb und ihr sagte, dass dies – sie beide zusammen –, das Einzige war, das zählte. Als er sich zurückzog, umspielte ein derart betörendes Lächeln seine Mundwinkel, dass sie wie Wachs dahinschmolz. »Dein Wunsch ist mir Befehl, rouhi . Und du hast Glück, denn ich kenne genau den richtigen Ort für uns.«
16
Während sie auf der Klippe standen, die Gannah überblickte, und ihnen die salzige Brise das Haar aus den Gesichtern wehte, fragte sich Nasir unwillkürlich, was wohl gerade in Kavin vorgehen mochte.
Die hohen Kirchturmspitzen der Stadt, die er seit seiner Kindheit liebte, funkelten in der späten Nachmittagssonne. Palmen wiegten sich im Wind, im Norden ragten die Berge auf, und das Meer erstreckte sich vor ihnen bis zum Horizont. Unter ihnen, im Inneren der Stadtmauern, herrschte emsige Betriebsamkeit in den Straßen. Die Einwohner – sein Stamm – kauften ein, gingen ihrer Arbeit nach, lebten , so wie sie es jeden Tag taten.
Für ihn bedeutete Gannah Heimat. Sicherheit. Menschen, die von Krieg und Leid verschont geblieben waren und keine Ahnung hatten von den Gräueln, die in Jahannam verübt wurden. Doch er hatte Malik ein Versprechen gegeben. Nasir würde ihnen davon berichten und dafür sorgen, dass alle erfuhren, dass es nicht nur Angehörige ihres Stamms waren, die dort
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