Lust de LYX - Wogen des Begehrens (German Edition)
sie sei alle Entbehrungen wert gewesen.
„Du bist auf einem Fischkutter aufgewachsen?“
„Und?“, kam die kratzbürstige Gegenfrage.
„Kommt mir nur ziemlich hart vor, eine solche Kindheit.“ Sein Tonfall verriet Neugier, aber keine Wertung, also beruhigte sie sich wieder. „Wie bist du zur Schule gegangen? Warst du draußen mit der Besatzung zum Fischen?“
„Dad hat mich zu Hause unterrichtet, bis ich elf war, und dann blieb ich während des Schuljahres bei seiner Freundin, solange er fischen war. Zu der Zeit hatte er sich schon ein eigenes Boot gekauft, und wenn ich nicht in der Schule war, fuhr ich mit der Besatzung raus.“
Was sie dabei für sich behielt, war Folgendes: Wenn sie nicht auf dem Boot gewesen war, hatte sie sich in der Kneipe der Freundin ihres Vaters aufgehalten und dort in der Küche, beim Putzen und beim Bedienen ausgeholfen. Als sie noch sehr jung gewesen war, hatte sie mit ihren Barbies unter einem der Tische auf dem Holzfußboden gespielt.
„Gefährlich, so ein Leben auf einem Boot, oder?“
„Manchmal.“
Sehr oft. Sie hatte gesehen, wie Männer über Bord gegangen waren, von Haken aufgespießt, von Haien gebissen und von Maschinen zerfleischt worden waren … die Liste war lang. Die Hilflosigkeit, die sie in solchen Situationen empfunden hatte, war der Grund dafür gewesen, dass sie Rettungssanitäterin geworden war. Ihre Fähigkeiten hatten mehr als ein Mal Leben auf dem Boot ihres Vaters gerettet.
Doch ihren Vater hatte sie nicht retten können.
„Und wie bist du in Kalifornien gelandet?“
Sie zog die Beine unter sich und seufzte. „Ist dir immer noch nicht langweilig?“
„Nicht mal annähernd.“
Sein Interesse weckte ein Verlangen in ihr, das sie noch nie erlebt hatte. Niemand hatte sie je nach ihrem Leben gefragt, und plötzlich wurde ihr klar, dass sie Teile ihrer Vergangenheit mit jemandem teilen wollte. Nein, nicht mit irgendjemandem.
Sondern mit Brent.
Verwirrt und erregt zugleich stützte sie die Arme auf den Tisch, um ihm den Rest zu erzählen.
„Als ich zweiundzwanzig war, beschloss mein Vater, dass er genug von kommerzieller Fischerei hatte. Es war schon immer sein Traum gewesen, als Angelführer zu arbeiten, irgendwo, wo es warm war. Also verkaufte er alles und zog hierher. Ich arbeitete zu jener Zeit für ein Ambulanzunternehmen und auf dem Boot meines Vaters. Es gab also nichts, was mich an der Ostküste festhielt. Ich kam mit ihm und half ihm dabei, sein Unternehmen aufzubauen.“
Daraufhin fragte Brent mit einer ausholenden Geste, die das Boot umfasste: „Und das ist es?“
„Irgendwie. Dad kaufte die Wet Dreams , doch es war ein Schrotthaufen. Er konnte sich nicht viel leisten, also fing er an, Leute für wenig Geld auf Angeltrips rauszufahren. Ich bekam einen Job bei einer privaten Unfallhilfe und half ihm aus, wenn ich konnte.“ Sie seufzte. „Er verlor eine Menge Geld, und bevor es wieder aufwärtsging, erlitt er einen Herzanfall.“
Er war vor ihren Augen auf dem Anleger zusammengebrochen. Sie hatte es nicht geschafft, ihn wiederzubeleben. Ihr Vater hatte ihr beigebracht, dass sie alles – wirklich alles – schaffen konnte, wenn sie nur wollte, und obwohl ihr Leben eine aggressive Wendung nach der anderen genommen hatte, so hatte doch nichts, was sie versucht hatte, in diesem Fall einen Unterschied gemacht. Er war noch auf dem Weg ins Krankenhaus gestorben.
Am folgenden Tag hatte sie bei der Unfallhilfe gekündigt.
„Du hast das Geschäft übernommen? Das Boot renoviert?“
Sie nickte. „Ich habe einige Darlehen aufgenommen und mir einen Berg Schulden aufgeladen, und jetzt mache ich mich bereit, dieses Baby auf Kurs zu bringen.“
Er lehnte sich zurück und trank vorsichtig von seinem Kaffee. „Tust du’s für dich? Oder für deinen Vater?“
„Das ist eine merkwürdige Frage.“
Er zuckte mit den Schultern und wischte sich mit dem Handrücken einen Tropfen Kaffee vom Kinn. „Ich denke einfach, wenn dir Chartern so gut gefällt, hättest du das Geschäft doch von Anfang an mit deinem Vater zusammen aufgezogen.“
„Vielleicht musste ich erst noch ein wenig versuchen, auf eigenen Beinen zu stehen. Etwas anderes ausprobieren.“
„Und warum machst du es jetzt nicht mehr?“
„Als Rettungssanitäterin arbeiten?“ Auf sein Nicken senkte sie den Blick auf ihre Kaffeetasse. „Ist nichts für mich.“
„Weil du deinen Dad nicht retten konntest?“, fragte er leise.
Die Wunde hätte nicht tiefer sein können,
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