Lustakkorde - Ostfrieslandkrimi (German Edition)
ehrlich war, dann
hatte er es weniger deswegen getan, weil er sie für besonders verdächtig hielt.
Nein, vielmehr hatte er Lust, ein wenig mit ihr zu plaudern und zu hören, wie
es ihr ergangen war in all den Jahren. Und außerdem wollte er ihr klarmachen,
dass sie vor seinen Kollegen nicht immer die vergangenen Geschichten aufwärmen
sollte. Denn seine Vergangenheit in den Fängen der Hasch rauchenden und
sexualbefreiten Hamburger Kommunarden ging schließlich niemanden etwas an.
Laut seufzend erhob sich Büttner
von seinem Stuhl und winkte Hasenkrug, mit ihm in den Vernehmungsraum zu
kommen.
„Katharina“, rief er wenig später
fröhlich aus, als er die Mutter des Pastors in dem steril wirkenden Raum sitzen
sah, und reichte ihr in einer freundschaftlichen Geste die Hand.
„Musste das hier wirklich sein?“,
fragte sie säuerlich und machte eine ausladende Bewegung mit den Armen. „Wir
hätten auch bei mir gemütlich eine Tasse Tee trinken können, wenn du schon das
Bedürfnis hast, mich über mein Leben auszuquetschen, David.“
„Wer sagt denn, dass ich dich
über dein Leben ausquetschen will?“, erwiderte Büttner scheinbar verblüfft. Sie
hatte ihn also durchschaut. Das passte zu ihr, dachte er vergnügt. Katharina
war schon immer – wie würde Jette sagen? – ja, genau, eine Blitzmerkerin
gewesen.
„Ach, tu doch nicht so. Also,
damit das gleich klar ist, den Gefallen werde ich dir unter diesen Umständen
nicht tun. Komm einfach zu mir, wenn der Fall abgeschlossen ist, dann können
wir uns gemeinsam die Familienfotos anschauen und in Erinnerungen schwelgen.
Bis dahin aber sage ich dir, was ich für richtig halte. Und alles andere sage
ich dir nicht. Alles klar? Du verdächtigst meinen Sohn?“, fuhr sie ohne Luft zu
holen fort.
Büttner lachte, während Hasenkrug
ziemlich verdattert da saß. Er konnte mit solch forschen Frauen nur schwer
umgehen.
„Ja, Katharina, nach wie vor ist
jeder verdächtig, der mit Raffael Winter in engerer Beziehung stand“, nickte
Büttner, nachdem er sich wieder gefangen hatte. „Bis heute hat Jonathan kein
vernünftiges Alibi vorgelegt. Vielleicht kannst du uns da weiterhelfen?“
Katharina Eckstein zog einen
Flachmann aus der Tasche und nahm einen tiefen Schluck. „Puh“, sagte sie und
streckte Büttner die Flasche entgegen, „das tut gut. Möchtest du auch?“
Büttner winkte mit einem Grinsen
ab, während Hasenkrug vor Empörung der Mund offen stand. „Hier ist Alkohol
nicht erlaubt“, rief er und sah seinen Chef herausfordernd an. Das würde der
doch nicht einfach so durchgehen lassen? Doch, das würde er, wie Hasenkrug gleich
darauf feststellen musste, als ihm Büttner mit einer eindeutigen Geste über den
Mund fuhr.
„Also“, wiederholte Büttner dann,
„Jonathan hat kein Alibi.“
„Wenn das so ist, dann ist das
so“, erwiderte Katharina Eckstein und nahm einen weiteren Schluck.
„Es interessiert dich nicht, wo
er zum Tatzeitpunkt war?“
Katharina schraubte ihren
Flachmann zu und ließ ihn in ihre Tasche zurück gleiten. Dann beugte sie sich
vor und kniff die Augen zusammen. „David“, sagte sie ruhig, „wenn Jonathan
Raffael Winter umgebracht hat, dann ist das so. Wenn nicht, dann nicht. Ich
kann dir nicht sagen, welche die richtige Variante ist. Das herauszufinden ist
ganz alleine dein Job – und vielleicht noch der dieses blassen Jünglings hier.“
Sie machte eine Kopfbewegung in Richtung Hasenkrug, der empört nach Luft
schnappte. „Wenn es Jonathan war, dann wird er seine Strafe bekommen. Ich kann
und will daran nichts ändern. Schließlich ist der Kerl schon groß, und man
sollte annehmen, dass er in der Lage ist, für sich und sein Handeln selbst die
Verantwortung zu übernehmen. Auch wenn ich manchmal daran zweifle.“
„Auch du hast kein Alibi“, fuhr
Büttner unbeeindruckt fort.
„Doch, das habe ich. Mein Alibi
heißt Heinrich.“ Sie zog die Nase kraus. „Pech nur, dass er es wohl kaum
bestätigen wird.“
Auf diese Aussage hin begann
Hasenkrug wie wild, in seinen Unterlagen zu blättern. „Einen Heinrich hatten
Sie bei der letzten Vernehmung nicht erwähnt“, stellte er dann mit finsterem
Blick fest und wunderte sich, warum sein Chef bei diesen Worten die Augen
verdrehte und ihn dann wie einen Hund anblaffte.
„Keine Sorge, Hasenkrug“, sagte
Büttner und kräuselte die Lippen, „dieser Heinrich würde uns in diesem Fall
sowieso nicht weiterhelfen.“
„Chef“, schwoll Hasenkrug
sichtlich der Kamm, „ich
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