Lustakkorde - Ostfrieslandkrimi (German Edition)
nach
Ben und machte sich dann an einer Reihe von Pflanztöpfen zu schaffen.
„Wie man sieht, bereiten Sie wohl
die Frühjahrsaussaat vor“, sagte Büttner freundlich, erntete von ihr jedoch nur
ein Stirnrunzeln.
„Ja, Ella hat echt ein Händchen
für alles, was mit Grünzeug zu tun hat“, sagte eine Stimme hinter Büttner, „im
Sommer ist sie aus ihren Blumen- und Kräuterbeeten kaum noch herauszubekommen.“
Der junge Mann machte keine Anstalten, den Polizisten die Hand zu reichen,
sondern hielt seine Hände in seiner grauen Jogginghose vergraben.
„Sie sind Benjamin Winter?“,
fragte Büttner.
„Ich bin Ben, ja. Und Sie kommen
wegen Raffael, nehme ich an.“
„Genau. Wir würden Ihnen gerne
ein paar Fragen stellen.“
„Meinetwegen. Tee?“ Er deutete
auf einen Teekessel, der bereits auf dem Herd vor sich hin brodelte.
„Gerne.“
„Setzen Sie sich.“ Ben wies auf
zwei bunte Stühle, die an dem großen, massiv hölzernen Küchentisch in der Mitte
des Raumes standen, auf dem Ella gerade ihre Frühlingsvorbereitungen in Angriff
genommen hatte. Büttner setzte sich und sah sich in der Küche um. Sie war das,
was man gemeinhin wohl als chaotisch bezeichnete. Die Küchenmöbel und -geräte
waren ein buntes Potpourri, das aussah, als hätte man es in aller Eile auf dem
Sperrmüll zusammengeklaubt. Unter der Decke waren quer durch den Raum Schnüre
gespannt, an denen getrocknete Kräuter aller Art hingen. Die Wände waren zwar
verputzt, aber nicht gestrichen. Der Steinfußboden wies zahlreiche Schlieren
und Flecken auf. Prachtstück war ein alter Kachelofen aus weißen Fliesen mit
blauem Muster, auf dessen Sims zusammengerollt eine grau getigerte Katze lag
und schlief. Und das, wie Büttner interessiert feststellte, zwischen vier
kleinen, weißen Marmorskulpturen.
„Hübsch haben Sie es hier“,
stellte Büttner fest. Er deutete auf den Kachelofen. „Vor allem die Skulpturen
da gefallen mir.“
„Ja“, sagte Ben, während er damit
beschäftigt war, vier Teetassen aus dem Schrank zu kramen. „Sie gehörten alle
meinem Bruder Raffael.“
„Und wieso sind die jetzt bei
Ihnen?“, fragte Hasenkrug. „Ich meine, die Wohnung Ihres Bruders ist doch noch
polizeilich versiegelt.“
Ben grinste. „Die Skulpturen
standen ja auch schon vorher hier. Raffael hat sie mir mal gegeben, weil er sie
in seinen Räumen nicht mehr haben wollte.“ Er nahm den durchdringend pfeifenden
Teekessel vom Herd und goss das kochende Wasser in eine weiße Kanne. „Aber sagen
Sie Jonathan bloß nichts davon. Der hat sie ihm nämlich geschenkt.“
„So.“ Büttner stand auf, um die
Kunstwerke näher zu betrachten und nahm sie einzeln in die Hand. „Ziemlich ...
hm ... freizügig“, stellte er kurz darauf fest.
„Ja“, nickte Ben mit einem Stirnrunzeln,
„sie passten perfekt zu meinem Bruder.“
„Sind alle von Auguste Rodin, das
habe ich gleich gesehen“, warf Hasenkrug neunmalklug in den Raum. „Der Kuss,
Gier und Wolllust, Sturz eines Engels. So heißen sie.“
„Alle Achtung“, sagte Ben
belustigt, „Sie haben’s ja echt drauf.“
„Ihr Bruder wurde mit solch einer
Skulptur erschlagen“, sagte Büttner.
„Ich weiß. Mit der Danaide. Die
stand bei ihm im Unterrichtsraum.“
„Wieso hat er sie nicht auch bei
Ihnen abgestellt?“
„Keine Ahnung. Hat irgendwas von
Verführung gefaselt. Den normalen Scheiß eben.“
„Den normalen Scheiß? Wie meinen
Sie das?“ Büttner ließ sich zurück auf seinen Stuhl sinken und nahm die Tasse
in die Hand, in der ein Kluntje leise im heißen Tee vor sich hinknisterte.
„Raffael dachte nun mal an nichts
anderes, als an den nächsten Fick.“
„Arschloch“, ließ sich Ella
erstmals aus den Tiefen ihrer Pflanzen vernehmen, wobei nicht klar war, wen sie
mit dieser wenig schmeichelnden Bezeichnung eigentlich gemeint hatte.
„Wen meinen Sie damit?“, hakte Hasenkrug
nun auch prompt nach.
„Na, wen wohl! Raffael, dieses
notgeile Schwein natürlich“, sagte Ella mit rauer Stimme.
„Hatten Sie auch ...“, setzte
Hasenkrug an, wurde jedoch sofort von einem harschen Ach, Quatsch !
unterbrochen.
„Aber er hat es versucht“,
stellte Büttner fest.
„Klar hat er. Der konnte doch an
niemandem vorbeigehen, ohne seinen Schwanz reinzustecken.“
Büttner verzog sein Gesicht zu
einer missbilligenden Fratze. „Sie sagen ja gar nichts dazu, Herr Winter“,
sagte er an Ben gewandt. „Macht es Ihnen nichts aus, wenn man derart über Ihren
toten Bruder
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