Lustakkorde - Ostfrieslandkrimi (German Edition)
Schreibtischplatte,
obwohl die Striemen, die er mit ihrer Hilfe hatte entfernen wollen, schon
längst verschwunden waren. Irgendwie hatte er angenommen, dass der Mord an
Raffael Winter, der ihn vor wenigen Tagen heimgesucht hatte, schnell zu lösen
sein würde. Und wenn er sich nun rein auf die Indizienlage stützen würde, wäre
es auch gar nicht mehr so schwer. Denn dann könnte er sich jetzt Magdalena
Fehnkamp vorknöpfen, und gleich darauf Jonathan Eckstein. Oder umgekehrt. Denn
von diesen beiden, so hatte er soeben erfahren, waren Fingerabdrücke auf der
Mordwaffe, der Danaide von Rodin, gefunden worden. Und dann, neben ein paar
unbekannten, natürlich noch die von Winter, aber es war doch recht
unwahrscheinlich, dass der sich die Skulptur selbst über den Schädel gezogen
hatte. Hasenkrug hatte gemeint, er solle die beiden, Magdalena und Jonathan,
sofort in die Mangel nehmen. Die zwei seien emotional schließlich so labil,
dass mit einem baldigen Zusammenbruch mit sich anschließendem Geständnis zu
rechnen sei. Aber irgendwas in Büttner sträubte sich dagegen zu glauben, dass
einer von beiden es gewesen war. Genau genommen gab es ja noch eine ganze Menge
mehr Verdächtige. Um nicht zu sagen, mehrere Dutzend. Mit Widerwillen dachte
Büttner an die Listen, die sie in der Wohnung des Mordopfers gefunden hatten.
Fein säuberlich hatte dieser über Jahre hinweg seine sexuellen Abenteuer
aufgelistet und – man höre und staune! – mit Schulnoten versehen. Also, wenn
das alles so stimmte, dann musste dieser Winter hochgradig krank im Hirn
gewesen sein. Was nur trieb einen Menschen dazu, solch ein Sexmonster zu
werden? Büttner hatte sich ein wenig bei den Klienten des Musiklehrers umgehört.
So viele hochrote Köpfe und peinlich berührtes Gestammel hatte er bei seinen
Zeugen selten erlebt. Ja, es schien tatsächlich so zu sein, dass Winter nahezu
jeden seiner Schüler vernascht hatte, egal ob Männlein oder Weiblein. Und
angeblich hatten die meisten sogar von den jeweils anderen Liebschaften nichts
gewusst. Wie konnte denn das angehen? Hatten sie denn ihren Verwandten und
Freunden gegenüber alle die Klappe gehalten? Und wenn ja, warum? Und was,
verdammt noch mal, hatte dieser Winter an sich gehabt, dass alle freiwillig auf
seiner Klavierbank die Beine breit gemacht hatten? Nicht auszudenken, wenn
seine Tochter Jette eines Tages beschlossen hätte, Klavierunterricht zu nehmen.
Natürlich hätte er ihr das gerne erlaubt. Und dann wäre womöglich auch sie ...
Büttner ließ ein verärgertes Grunzen vernehmen. Nein, Magdalena und Jonathan
waren weiß Gott nicht die einzigen Verdächtigen. Vielmehr schienen alle, die
jemals bei Raffael Winter ein- und ausgegangen waren, ein handfestes Motiv zu
haben. Und was, wenn zum Beispiel Magdalenas Vater Wind von der Sache bekommen
hatte? Der machte ja nun überhaupt nicht den Eindruck, als würde er es klaglos
hinnehmen, dass seine Tochter von wem auch immer vernascht wurde. Und was war
mit Katharina Eckstein, der Mutter von Jonathan? Wie er inzwischen
herausbekommen hatte, war ihr die Beziehung ihres Sohnes zu seinem jugendlichen
Liebhaber immer ein Dorn im Auge gewesen. Hatte sie endgültig dafür sorgen
wollen, dass ihr Sohn wieder ein normales Leben führen konnte, fernab von
Eifersucht und Liebeskummer? Und dann war da auch noch diese Lehrerin, Sabine
oder Sybille ... Soundsoviel. Ach, er konnte sich doch partout ihren Namen
nicht merken. Außerdem war er sich sicher, nicht mal ein Phantombild von ihr
erstellen zu können, sollte er jemals dazu gezwungen sein. Er wusste nämlich
ums Verrecken nicht mehr, wie diese Dame aussah. Na ja. Sei’s drum. Auf jeden
Fall konnte diese Sybille sich durchaus an Raffael Winter gerächt haben. In dem
ominösen Notizheft nämlich war auch sie aufgeführt gewesen – mit wenig
schmeichelhafter Bewertung. Sollte sie es in die Finger bekommen haben? Dann
allerdings wäre es nicht verwunderlich, wenn sie ihn ins Jenseits befördert
hätte. Denn so eine vernichtende Beurteilung, wie Winter über sie abgegeben hatte,
könnte wahrlich kein Mensch so schnell verkraften. Verklemmt wie ein
kaputtes Ventil und Stöhnt wie eine altersschwache Katze mit Darmbeschwerden hatte unter anderem in dem Heft gestanden. Grund genug also, den Knüppel
herauszuholen und ihn niederzumachen, oder?
Nun, wie dem auch sei. An
irgendeiner Stelle musste er jetzt mit seinen Ermittlungen fortfahren. Also
hatte er Katharina Eckstein ins Präsidium bestellt. Wenn er
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