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Lustakkorde - Ostfrieslandkrimi (German Edition)

Lustakkorde - Ostfrieslandkrimi (German Edition)

Titel: Lustakkorde - Ostfrieslandkrimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Bergsma
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sondern atmete nur schwer und sah ihn aus seinen dunklen Augen
hasserfüllt an. Büttner nickte wissend. Dieser Blick war ihm Antwort genug.
    „Er hat Ihnen gar nicht
geantwortet, und Sie gehen einfach?“, zischte Hasenkrug ihm zu, kaum dass die
Haustür hinter ihnen ins Schloss gefallen war, und sie die Mönkehörner Lohne
wieder hinab liefen.
    „Brauchte er nicht“, zuckte
Büttner die Achseln und hielt sein Gesicht der Sonne entgegen, die so angenehm
warm auf die winterblasse Haut schien. „Unter den Rodin-Skulpturen lagen
diverse Fotos. Heimlich aufgenommen, so wie es aussah. Und nun raten Sie mal,
wer auf diesen Bildern zu sehen war.“
    „Magdalena Fehnkamp?“
    „Richtig. Wenn mich nicht alles
täuscht, war nicht nur der liebe Raffael, sondern auch sein kleiner Bruder Ben
ganz vernarrt in die Kleine.“
    „Mord aus Eifersucht?“
    „Gut möglich. Wäre ja nicht das
erste Mal. Und Aggressionspotenzial hat der Kerl ja offensichtlich genug, wie
seine Akte zeigt.“

16
    Tik-tak , machte es, tik-tak,
tik-tak . Und dann, nach wenigen Augenblicken, wieder: Tik-tak, tik-tak. Magdalena lauschte mit weit aufgerissenen Augen angestrengt in die dunkle
Stille. Seit sie das Licht ihrer Leselampe am Bett gelöscht hatte, hörte sie
dieses seltsame Geräusch. Es kam vom Fenster her. Oder war es doch vor ihrer
Zimmertür? So sehr sie sich auch bemühte, sie konnte es nicht eindeutig verorten.
Noch nie hatte sie am späten Abend ein solches Geräusch gehört. War es ein
Tier, das vor ihrem Fenster auf der Jagd nach Beute durch die Büsche strich?
Aber nein, kein nachtaktives Tier, das Magdalena kannte, hätte jemals solch leise
Klopfgeräusche gemacht. Da! Da war es wieder! Tik-tak, tik-tak, tik-tak .
In immer dem gleichen Rhythmus. In immer der gleichen Lautstärke. Magdalenas
Atmung wurde schneller, und sie zog ihre Bettdecke bis zur Nasenspitze hoch.
Sie erinnerte sich, dass sie als kleines Kind häufig Angst in der Dunkelheit
gehabt hatte. Inständig hatte sie in dieser Zeit darum gebettelt, dass ihre
Nachttischlampe mit dem lachenden Mondgesicht und den Sternen auch während der
Nacht anbleiben dürfe, weil sie Angst vor den Schatten hatte, die sich im matten
Licht der Straßenlaterne durch den gelben Vorhang hindurch zu wahren Dämonen
auswachsen konnten, wenn sich die Äste der im Vorgarten stehenden Birke im Wind
hin und her wiegten. Sobald Magdalena die Augen aufgemacht hatte, hatten sie
mit ihren langen, dünnen Fingern nach ihr gegriffen, waren ihr übers Gesicht
gefahren, hatten an der Zimmerdecke ihren Totentanz aufgeführt. Sie hatte dann
mit angehaltenem Atem dagelegen, aus lauter Angst, der seichteste Lufthauch,
der ihrer Nase entwich, würde sie verraten. Ja, sie hatte sich tot gestellt,
damit sie nicht von den Dämonen bemerkt und aus ihrem Bett gezerrt würde. Ganz
langsam hatte sich an diesen Abenden ein Schrei in ihrer Kehle zusammengeballt.
Ein Schrei, der, einem Kloß aus Hefeteig gleich, von Sekunde zu Sekunde
anschwoll, bis er so dick war, dass sie glaubte, ersticken zu müssen. Aber sie
war tapfer gewesen. Nein, sie hatte nicht geschrieen. Und sie war auch nicht
Schutz suchend zu ihren Eltern gerannt. Weil ihr Vater es ihr verboten hatte.
Gott werde sie dafür strafen, hatte er gesagt, wenn sie ihn und ihre Mutter in
ihrer Nachtruhe störte, nur, weil ein paar alberne Schatten durch ihr Zimmer
tanzten. Und sie hatte natürlich nicht gewollt, dass sich Gott über sie ärgern
musste.
    Mit zitternden Fingern tastete
Magdalena nach dem Schalter ihrer Nachttischlampe und knipste sie an. Sie
schaute sich im Zimmer um, aber alles war wie immer. Sie lauschte. Eine Minute,
zwei Minuten, drei Minuten. Nichts geschah. Alles war ruhig. Ein Seufzer der
Erleichterung entwich Magdalenas Mund, und mit einem seichten Lächeln auf den
Lippen schalt sie sich selbst, ein alberner Kindskopf zu sein. Andererseits war
es ja auch kein Wunder, dass ihre Nerven ihr einen Streich spielten, bei allem,
was sie in den letzten Tagen durchgemacht hatte. Schließlich fand man nicht
jeden Tag eine Leiche, die in ihrer eigenen Blutlache lag. Und dann die ganzen
Fragen und Verhöre, der Ohnmachtsanfall von Frau Ravensburger ... die plötzlich
entflammte Liebe zu Adrian. Nein, dachte sie bei sich, ein Wunder war es
wirklich nicht, wenn ihr bei alledem die Nerven durchgingen. Mit einem Seufzer
schaltete sie das Licht wieder aus. Sofort begannen die langen, schmalen
Schatten wieder mit ihrem Tanz durchs Zimmer. Aber das

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