Lustakkorde - Ostfrieslandkrimi (German Edition)
haben, und ich will es auch gar nicht
wissen“, hatte Meenders ihr mit warnender Stimme gesagt und hinzugefügt: „Aber
was auch immer es ist, ich wünsche nicht, dass es in irgendeiner Weise ihre
Objektivität als Lehrerin beeinflusst. Ich hoffe, ich habe mich klar
ausgedrückt!“ Das hatte er. Also hatte sie sich etwas anderes ausdenken müssen,
um Magdalena ein wenig von dem zurück zu geben, was sie ihr, Sybille, angetan
hatte. Und da war ihr gestern auch schon was eingefallen.
Sybille nahm das rote, spitzenbesetzte
Stück Stoff zwischen Daumen und Zeigefinger und betrachtete es mit gerümpfter
Nase. Wie hatte sie nur jemals auf die peinliche Schnapsidee kommen können,
Raffael mit solchen Dessous beeindrucken zu wollen? Beschämt und voller Wut
hatte sie damals, gleich nach ihrer letzten Unterrichtsstunde bei Raffael, ihre
gerade erst erstandenen, sündhaft teuren Dessous in den Mülleimer unter der
Spüle geschmissen. Dieser Slip, den sie jetzt in den Fingern hielt, musste
versehentlich neben dem Mülleimer gelandet sein und war somit zwischen die
Putzlappen geraten.
Noch ehe Sybille wusste, wie ihr
geschah, sprang sie auf, schnappte sich eine Schere und begann, den Slip in
Stücke zu schneiden. „Nie wieder“, rief sie aus, „nie wieder werde ich ...“
Doch, noch ehe sie den Satz beendet hatte, fiel ihr Blick auf ihren Putzeimer,
der nach wie vor unter dem strömenden Wasserhahn stand. Er war längst voll,
genauso wie die Spüle, in der er stand. Da sie mit dem Eimer den Ausfluss
zugestellt hatte, begann das schäumende Wasser soeben, sich seinen Weg über den
Rand der Spüle zu bahnen. Die ersten Rinnsale liefen bereits die Schranktüren
hinab und breiteten sich auf dem Fliesenboden aus. Mist! Sybille hastete zum
Wasserhahn und drehte ihn zu. Dann begann sie mit ihrem angeschnittenen Slip,
das Wasser notdürftig aufzunehmen. Genau in diesem Moment klingelte es an der
Haustür. Bestimmt die Post, dachte Sybille gehetzt und ließ den Slip auf den
Boden fallen.
„Moin, Frau ...“, begann David
Büttner und sah seinen Assistenten Hasenkrug dann hilfesuchend an.
„Frau Ravensburger“, sagte der
mit einem entschuldigenden Lächeln. „Moin. Wir würden gerne mal mit Ihnen
sprechen. In der Angelegenheit Raffael Winter.“
„Ach so?“ Sybille sah ihn wenig
begeistert an. „Ich putze gerade“, sagte sie dann dumpf und wusste im gleichen
Moment, wie dämlich das klang.
„Wir waren gerade in der Schule.
Aber Direktor Meenders sagte uns, dass Sie noch krankgeschrieben sind.“
„Ja. Das ist richtig.“
„Dürfen wir reinkommen?“, fragte
Hasenkrug mit hochgezogenen Brauen. Er hatte wenig Lust, auf den Stufen der
Außentreppe zu versauern.
„Ach so. Ja. Ja, natürlich“,
beeilte sich Sybille zu sagen und bat die Polizisten einzutreten und in die
Küche durchzugehen. Dort angekommen, räusperte sich Büttner vernehmlich, denn
sein Blick war auf das spitzenbesetzte Stück Stoff gefallen, das klatschnass am
Boden lag. Es war unschwer zu erkennen, worum es sich bei diesem, nun offensichtlich
zum Putzlappen umfunktionierten Stoff einmal gehandelt hatte.
Oh mein Gott , schoss es
Sybille durch den Kopf und sie lief tiefrot an, die müssen mich für total
pervers halten! Schnell bückte sie sich, hob den Slip auf und warf ihn mit
zusammengepressten Lippen in den Eimer. „Entschuldigung“, murmelte sie
verlegen, „ich wollte ... ich dachte ... der Frühjahrsputz ...“
„Schon gut“, schnitt Büttner ihr
das Wort ab, „wie gesagt, wir sind wegen Raffael Winter hier. Können Sie uns
sagen, in welcher Beziehung Sie zu ihm standen?“
„In welcher ... Beziehung?“,
stammelte Sybille und warf einen schnellen Blick auf den Eimer. Büttner sah
seinen Assistenten bedeutungsvoll an. Die Frage hatte sich erübrigt. „Gehe ich
richtig in der Annahme, dass auch Sie ein sexuelles Verhältnis zu ihm gepflegt
haben?“, redete er deswegen gar nicht lange um den heißen Brei herum.
„Ja ... ähm ... nein. Wir haben
nur einmal ...“ Sybilles Gesicht glühte.
„Also ja. Und Ihnen ist
sicherlich auch bekannt, dass Sie nicht die Einzige waren?“ Büttner betrachtete
sein Gegenüber abschätzig. Wie nur konnte es sein, dass Raffael Winter
gleichzeitig Interesse an der bildhübschen Magdalena und dieser eher
unattraktiven Frau gefunden hatte? Wie sie dastand in ihrer grauen Jogginghose
und der Schürze, die sie sich um den üppigen Leib gebunden hatte, was ihrer
Figur nicht eben schmeichelte! Und dann
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