Lustakkorde - Ostfrieslandkrimi (German Edition)
spricht?“
Ben zupfte sich einen imaginären
Fussel vom Ärmel seines dunkelblauen Sweatshirts und zog eine Schnute. „Warum
sollte es“, bemerkte er dann, und seine Stimme klang nun trotzig, „Ella hat doch
recht.“
„Was machte es für einen Sinn,
dass Sie die Strichlisten und nach seinem Tod auch die Notizhefte Ihres Bruders
in der Schule verteilt haben?“
„Spaß muss sein.“
„Sie fanden das lustig?“, fragte
Hasenkrug perplex. „Meinen Sie nicht, dass Sie damit dem ein oder anderen
mächtig geschadet haben?“
„Wenn überhaupt, dann haben sie
sich selbst geschadet. Sind doch alle freiwillig mit Raffael in die Kiste.“
„Frau ...“, Büttner zog die Stirn
in Falten, „wie hieß diese Lehrerin noch gleich, Hasenkrug?“
„Ravensburger.“
„Richtig. Also, Frau Ravensburger
hat es eher nicht gut getan, dass ihr Verhältnis mit Ihrem Bruder bekannt
wurde.“
„Ach die.“ Ben machte eine
wegwerfende Handbewegung, während er noch einmal Tee nachschenkte. Mehr schien
er dazu nicht zu sagen zu haben.
„Sie gehen auch aufs Johannes-Althusius-Gymnasium“,
stellte Büttner fest.
„Ja.“ Ben schenkte Büttner ein
breites Grinsen. „Ich kenne Ihre Tochter gut. Jette. Ist cool drauf, die
Kleine, echt!“
Nach kurzem Nachdenken beschloss
Büttner, diese Aussage als Kompliment zu nehmen, wenn er sich auch nicht ganz
sicher war, ob Ben es so gemeint hatte. „Was hatten Sie für ein Verhältnis zu
Ihrem Bruder?“, wechselte er das Thema.
Bens Stirn umwölkte sich. „Kein
sexuelles, wenn Sie das meinen“, sagte er dann flapsig, was Ella dazu
veranlasste, laut loszuprusten.
„Das hatte ich auch nicht
angenommen. Und ansonsten? Haben Sie sich verstanden?“
„Nicht besonders.“
„Warum?“
„Wie Ella schon sagte: Er war ein
Arschloch.“
„Hatte er außer Ihnen noch mehr
Feinde?“, fragte Büttner provozierend.
„Wie viel Zeit haben Sie?“
„Haben Sie Ihren Bruder
erschlagen?“
„Nein, leider nicht.“ Ben blies
die Backen auf und ließ dann schwungvoll die Luft wieder aus ihnen entweichen.
„Sie sind mehrfach vorbestraft
wegen Körperverletzung“, warf Hasenkrug ein.
Ben zuckte die Schultern. „Der
ein oder andere braucht ab und zu mal ein paar auf die Zwölf.“
„Ihr Bruder auch?“
„Der am allermeisten.“
„Was hat er Ihnen getan?“
Benn schnappte nach Luft und ließ
im nächsten Moment seine Fäuste donnernd auf den Tisch niedersausen. „Er hat
mich verdammt noch mal in diesem scheiß Kinderheim verschimmeln lassen!“,
brüllte er dann so unvermittelt in den Raum, dass Ella vor lauter Schreck einen
Blumentopf fallen ließ und Hasenkrug der heiße Tee über die Finger schwappte,
was ihn zu einem höchst unflätigen Ausruf veranlasste.
„Falsche Frage“, murmelte Ella
vor sich hin, während sie die Scherben des Topfes vom Boden sammelte.
„Mir scheint, Sie sind Ihrem
Bruder gegenüber nicht ganz aggressionsfrei eingestellt“, stellte Büttner
trocken fest.
„Psychologenscheiße“, knurrte
Ben, der sich nun zu ärgern schien, dass er sich vor den Polizisten dermaßen
hatte gehen lassen.
„Sind Sie ein Paar?“, fragte
Büttner und nickte mit dem Kopf in Richtung Ella.
„Wir sind zu dritt“, konterte
Ben, und Ella grinste breit.
„Was heißt das?“
„Wissen Sie, was ein flotter
Dreier ist?“ Ben schnalzte mit der Zunge, während Hasenkrug vor Verlegenheit tiefrot
anlief und auf seine Schuhspitzen starrte.
„Erklären Sie es mir“, sagte
Büttner gedehnt und warf einen Blick auf seine Armbanduhr. Er bekam so langsam
Hunger. Ob seine Frau die Speckpfannkuchen schon fertig hatte?
„Sören und ich lieben Ella, und
Ella liebt uns beide. Ist `ne geile Nummer, das kann ich Ihnen sagen. Vor
allem, wenn man auf Ecstasy ist. Sollten Sie auch mal ausprobieren, Herr
Kommissar.“
„Ich dachte, Ihr Bruder sei das
Sexmonster gewesen“, ließ sich Büttner von dieser Provokation nicht
beeindrucken. Vielmehr musste er innerlich schmunzeln, weil er bei Bens Worten
an seine Kommunardenzeit in Hamburg hatte denken müssen. Mein Gott, dachte er
bei sich, wenn dieser Kerl wüsste, was wir da alles ausprobiert haben! Da konnte
er sich seinen flotten Dreier und seine paar Pillen sonst wo hinschieben.
Kinderkram!
„War’s das?“, fragte Ben und fing
an, die Teetassen vom Tisch zu räumen. Ein glatter Rausschmiss.
„Kennen Sie Magdalena Fehnkamp?“,
stellte Büttner eine letzte Frage, als er schon fast zur Tür hinaus war. Ben
sagte nichts,
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