Lustakkorde - Ostfrieslandkrimi (German Edition)
Wagen. „Am besten wird sein, wir fragen sie.“
Sybille Ravensburger wurde gerade
eine Sauerstoffmaske aufs Gesicht gedrückt, als Büttner, Magdalena und Adrian
bei ihr eintrafen. Dennoch warf sie Magdalena einen so hasserfüllten Blick zu,
dass diese erschrocken zurück wich.
Die Lehrerin riss sich die Maske
vom Gesicht und plärrte Magdalena an: „Du elendiges Flittchen, geh mir sofort
aus den Augen, sonst vergesse ich mich! Siiiiieeee“, schrie sie dann langgezogen
an Büttner gewandt und deutete mit spitzem Finger auf ihre Schülerin, „Siiiieee,
diese Hure, hat mich erpresst. Sie hat die Bilder auf Facebook eingestellt, siiiiieee
...“
„Nun beruhigen Sie sich mal, Frau
Rabensberg“, fuhr Büttner sie scharf an, „es gibt überhaupt keinen Grund,
Magdalena Fehnkamp hier so lautstark zu beschuldigen. Wir haben den Täter
längst ausfindig gemacht. Sie“, er deutete auf Magdalena, „hat mit der Sache
überhaupt nichts zu tun!“
„Wovon redet sie eigentlich?“,
fragte Adrian dumpf. Er verstand kein Wort.
„Das erkläre ich Ihnen später“,
antwortete Büttner, ohne seinen Blick von Sybille Ravensburger abzuwenden.
„Kann es sein, Frau Rabensberg, dass Sie sich die ganze Sache hier ausgedacht
haben?“, mutmaßte er ins Blaue hinein und umschrieb mit den Armen einen weiten
Bogen.
Bei diesen Worten sackte Sybille
Ravensburger plötzlich in sich zusammen, als habe jemand die Luft aus ihr
herausgelassen. „Ich ...“, stammelte sie, „ein kleines Feuerchen, habe ich
gedacht, um ihr Angst zu machen. Konnte doch keiner ahnen, dass es gleich zu so
heftigen Explosionen kommt. Sie sollte schon sehen, wohin solche Gemeinheiten führen
...“
„Die sie gar nicht begangen hat“,
vollendete Büttner ihren Satz, und plötzlich kam ihm ein Gedanke. „Dann waren
es womöglich doch auch Sie, die diesen Rekorder auf Magdalenas Fensterbank
gestellt hatte?“
Sybille nickte. „Sie hatte mir
meinen Raffael weggenommen, und da ...“
„Sie haben mir gesagt, dass Sie
keinen solchen Rekorder besitzen. Sie haben mich angelogen!“, fuhr Büttner sie
an.
Zu seiner Verwunderung fing die
Lehrerin nun albern an zu kichern und hielt sich dabei die Finger vor den Mund.
„Aber zu dem Zeitpunkt, als Sie mich fragten, habe ich ja auch gar keinen mehr
besessen“, sagte sie mit giggelnder Stimme, „da war er doch schon längst bei
Ihnen!“
„Sie sollten sich mal dringend
einer Behandlung unterziehen“, brummte Büttner. Dann nickte er dem Sanitäter
zu, der der Patientin sogleich wieder die Sauerstoffmaske über das Gesicht zog.
„Und das alles nur, weil keiner seine
Finger von diesem verdammten Musiklehrer lassen konnte“, nuschelte Büttner auf
dem Weg zurück zum Einsatzwagen vor sich hin. Ihm war der ganze Fall allmählich
reichlich zuwider.
33
David Büttner saß wieder an
seinem Schreibtisch, nachdem er Sybille Ravensburger im Vernehmungsraum
gründlich auseinander genommen hatte. Gleich am frühen Morgen hatte er sie
einbestellt, nachdem sie noch in der Nacht mit leichten Brandverletzungen
wieder aus dem Krankenhaus entlassen worden war. Er hielt es angesichts ihrer
psychischen Konstitution durchaus für möglich, dass sie in einem Anfall von Wut
und Enttäuschung ihren Musiklehrer erschlagen hatte, aber sie bestritt es
vehement, während sie alle anderen Vergehen ganz offenherzig zugegeben hatte. Erneut
hatte er ihr empfohlen, sich therapeutische Hilfe zu holen, aber das würde der
Richter ihr sowieso ans Herz legen. Ob sie ihren Lehrerberuf nach diesen
Vorkommnissen noch weiter würde ausüben können, stand in den Sternen. Büttner
glaubte nicht recht daran, dass sie würde gehen müssen. Schon viel zu oft hatte
er es erlebt, dass Lehrer auch nach den abenteuerlichsten Vorkommnissen ihren
Beruf hatten weiter ausüben dürfen. So waren selbst Pädagogen, die ihre Schüler
sexuell belästigt oder sogar missbraucht hatten, lediglich an eine andere
Schule strafversetzt worden und konnten da als tickende Zeitbomben weiter ihren
Dienst tun. Logisch erklärbar war das nicht. Andererseits: seit wann ging es im
Staatsdienst um Logik? Und seit wann spielte im Schuldienst das Kindeswohl eine
Rolle?
Büttner grummelte unzufrieden vor
sich hin, während er versuchte, irgendeine Ordnung die Zettelwirtschaft auf
seinem Schreibtisch zu bekommen. Er gab es schnell wieder auf und beschloss,
nach einer kurzen Nacht mit nur zwei Stunden Schlaf erstmal nach Hause zu
fahren und mit seiner Frau gemeinsam eine
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