Lustakkorde - Ostfrieslandkrimi (German Edition)
suchen?“
„Wie, suchen?“
„Heute ist eine Frau gestorben.
Wir würden gerne ihren Sohn informieren. Aber der ist verschwunden. Vielleicht
würde es was bringen, wenn du sein Foto ins Netz stellst?“
„Ist er verdächtig?“
„Darf ich dir nicht sagen.“
„Also ja.“
„Kannst du nun sein Foto
einstellen oder nicht?“
„Darf ich das denn, ich meine, so
ermittlungstechnisch? Nachher sperren sie mich noch ein, wegen Verrats von
Staatsgeheimnissen oder so.“
Büttner sah sie lange an, dann
sagte er: „Nein. Hm. War ne blöde Idee. Vergiss es.“
„Ich könnte aber mal gucken, ob
er einen Account hat.“
„Einen was?“
„Man, Papa, einen Account. Ein
Konto. Ob er auf Facebook gemeldet ist.“
„Und dann?“
„Schick ich ihm `ne Nachricht.“
„Dass seine Mutter gestorben
ist?“
„Jap.“
„Über Facebook?“
Jette biss sich auf die
Unterlippe. „Nee, ist ja auch doof. Bisschen unsensibel.“
„Genau.“
„Wie ist sie denn gestorben?“
„Ertrunken. Vor Campen.“
„Steht das morgen in der
Zeitung?“
„Davon gehe ich aus.“
„Dann kann ich den Artikel posten
und ich sag allen, dass sie ihn teilen sollen. Ich schreib aber nicht dazu,
dass die Polizei ihn sucht.“
„Besser ist das. Und dann?“
„Wenn du Glück hast, sieht ihr
Sohn den Artikel dann und meldet sich.“
„Dann erfährt er aber auch über
Facebook, dass seine Mutter gestorben ist.“
„Sonst erfährt er es über die
Zeitung.“
„Da hast du auch wieder recht.“
Büttner rieb sich nachdenklich das Kinn. „So könnte es vielleicht
funktionieren, oder?“
„Zumindest könnte man es
versuchen.“
„Sieht er dann deinen Namen? Ich
meine, wenn da Büttner steht ...“
„Ich sag Tjark, dass er den
Artikel posten soll.“
„Wer ist Tjark?“
„Kennst du nicht.“
Büttner nickte abwesend. Er war
sich nicht sicher, ob das mit dem Artikel wirklich eine so gute Idee war.
Andererseits: Die polizeilichen Möglichkeiten, Jonathan Eckstein zu finden,
waren alle ergebnislos geblieben. Warum sollte man dann nicht einfach mal zu
unkonventionellen Mitteln greifen? „Okay“, sagte er und schlug sich auf die
Schenkel, „so machen wir es. Sollte doch mit dem Teufel zugehen, wenn sich der
Kerl dann nicht bei uns meldet.“
Jette streckte den Arm aus und
sagte knapp: „iPhone!“
„Warum?“
Jette rollte die Augen. „Mann,
Paps, ich muss doch gucken, ob der `nen Account hat. Sonst sieht er das doch
gar nicht und es ist alles für die Füße!“
Büttner seufzte und gab ihr das
iPhone zurück. Nur wenige Sekunden später wusste er, dass Jonathan Eckstein
tatsächlich unter seinem richtigen Namen auf Facebook angemeldet war. Nun hieß
es nur noch warten.
32
Magdalena war wieder zuhause. Sie
konnte sich nicht erinnern, jemals über Nacht alleine in ihrem Elternhaus
gewesen zu sein. Alles wirkte so merkwürdig ruhig und verlassen. Als sie
angekommen war, hatte sie zunächst einmal die Frau fortgeschickt, die ihrem
Vater in den letzten Tagen den Haushalt geführt hatte. Schon als sie deren
Blick gesehen hatte, mit dem sie sie zugleich anklagend und mitleidig gemustert
hatte, war in Magdalena die kalte Wut aufgestiegen, und sie hatte sich
zurückhalten müssen, sie nicht an Ort und Stelle zusammen zu schreien.
Natürlich konnte diese Frau nichts dafür, dass im Hause Fehnkamp derzeit so
einiges im Argen lag. Dennoch war Magdalena inzwischen klar geworden, dass ihr
Vater ohne die heuchlerische Unterstützung des Bibelkreises niemals über Jahre
hätte so handeln können, wie er es getan hatte. Längst hatte sie begriffen,
dass in diesem ach so frommen Bibelkreis fast ausschließlich Männer saßen, die
mit dem wahren Leben nicht zurecht kamen und sich daher in eine Parallelwelt
flüchteten, in der die Rollen von Mann und Frau noch klar definiert waren, so
dass sie zuhause die Macht ausleben konnten, die ihnen in der sich rasch ändernden
Gesellschaftsstruktur verwehrt blieb. Gerne zeigten sie ihre häusliche Macht
über das Zeugen möglichst vieler Kinder. Zum einen, weil sie damit ihre
ausufernde Männlichkeit öffentlich zur Schau stellen konnten, zum anderen, weil
ihren Frauen dadurch keine andere Möglichkeit blieb, als sich in herkömmlicher
Form um Kinder, Küche und Kirche zu kümmern und sich dadurch in eine
vollkommene Abhängigkeit von ihrem Ehemann zu begeben. Auf diese Weise, dachte
Magdalena und verzog angewidert das Gesicht, untermauerten die Kerle unter dem
heuchlerischen Vorwand, es
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