Lustig, lustig, tralalalala
zurück über die Schulter und freute sich umso mehr, wenn das Geschenkte so viel Anklang fand.
Ein kleines Mädchen hatte bisher im Winter seine Füße immer in Zeitungspapier wickeln müssen, in dieser Nacht bekam es seine ersten Fellstiefel. Ein anderes hatte nachts im Kinderheim immer kein Auge zutun können, weil es sich dann ganz besonders allein fühlte. Heute bekam es eine Puppe, die ihm sofort Gesellschaft leisten und Trost spenden konnte. Und ein Junge, er war vielleicht acht oder neun und wollte ein großer Fußballstar werden, um seiner Familie aus der Armut zu helfen, erhielt einen Fußball, um damit für seinen Traum zu trainieren.
Hunderte von Geschichten spielten sich in dieser Nacht ab, bis auch das letzte Päckchen verteilt worden war. Die Kutsche landete schließlich auf einem großen Marktplatz, wo die vier erschöpft, aber zufrieden endlich wieder festen Boden unter den Füßen bekamen.
«Ich bin wirklich froh, dass wir das gemacht haben!», sagte die Stiefmutter.
«Das Schönste ist, ich habe kein einziges Mal daran gedacht, was wohl die Leute von mir denken könnten, wenn sie uns entdecken. Ich war einfach nur froh, diese Gelegenheit genutzt zu haben!», sagte die Knusperhexe.
«Ja, und wisst ihr, was noch viel besser ist?», fragte der Wolf.
«Was denn? Was soll denn noch besser sein?», rief die Prinzessin aufgeregt.
«Na ja, schaut euch doch mal um. Wir waren so damit beschäftigt, anderen eine Freude zu machen, dass wir gar nicht bemerkt haben, dass wir nicht mehr eingesperrt sind!»
Stiefmutter, Prinzessin und Hexe blickten den Wolf ungläubig an. Erst nach ein paar Sekunden begriffen sie, dass er recht hatte. Sie sprangen vor lauter Freude in die Luft, fassten sich an den Händen und tanzten begeistert im Kreis herum.
«Ich gratuliere euch!»
Da war sie wieder. Die Stimme aus dem Kaufhaus. Die vier zuckten vor lauter Schreck zusammen und rückten ängstlich aneinander. War doch noch nicht alles überstanden? Waren alle Anstrengungen etwa umsonst gewesen? Wurden sie jetzt etwa bestraft für etwas, was sie doch aus tiefstem Herzen und gern getan hatten?
«Ich muss gestehen, zwischenzeitlich hatte ich euch fast aufgegeben. Aber dann habt ihr noch einmal die Kurve gekriegt! Ihr habt den Zauber von Weihnachten gerettet. Nur ihr hattet die Macht, und ihr habt sie genutzt! Denn nur ihr selbst konntet eure Herzen befreien, damit eure Herzen euch wieder leiten können. Macht nur weiter so, und ich hoffe, wir werden uns nie wiedersehen!»
Die Hexe, die Prinzessin, die Stiefmutter und der Wolf blickten sich verwirrt an. Doch als nach einigen Minuten immer noch alles still blieb und keiner vom Blitz getroffen wurde, seufzten sie erleichtert. Sie waren tatsächlich frei.
«Wer war das?», wisperte die Knusperhexe vorsichtig.
«Keine Ahnung. Ein Helfer mit Herz?», kicherte die Prinzessin.
«Oder zu Hause im Glück?», lachte die Stiefmutter.
«Oder … oder … Raus aus den Schuldgefühlen?!», kreischte die Hexe begeistert.
«Ich glaube, ihr guckt alle einfach nur zu viel fern. Manchmal hilft es eben auch, die wenige Zeit miteinander zu verbringen und dem anderen zuzuhören! Auch wenn der andere ein Fremder ist», sagte der Wolf nachdenklich. Die vier sahen sich an und lächelten. Sie begriffen, dass sie nicht nur aus ihrem Kaufhausgefängnis befreit waren, sondern auch aus ihrem eigenen. Die Schuldgefühle waren wie weggeblasen, und stattdessen breitete sich eine wohlige Wärme in ihren Herzen aus.Sie verabschiedeten sich und eilten zurück zu ihren Häusern, der Wolf verschwand in seinem Wald. Alle nahmen zum ersten Mal seit Jahren wieder Kontakt zu Freunden, Verwandten oder dem ehemaligen Rudel auf. Und wenn sie künftig Unbekannten auf der Straße oder am Wegesrand begegneten, schenkten sie ihnen ein Lächeln, anstatt wie gewohnt wegzusehen.
Und wenn die vier nicht gestorben sind, so sind der Wolf, die Stiefmutter, die Knusperhexe und die Prinzessin noch heute befreundet und treffen sich einmal im Jahr zu einem großen Fest in einem geheimnisvollen Kaufhaus. Wenn man ganz genau hinhört, kann man sie manchmal sogar laut lachen und feiern hören.
Ruth Moschner,
Jahrgang 1976, wurde einem großen Publikum durch die Sendungen «Freitag Nacht News» und «Big Brother» bekannt. Sie moderiert die Primetimeshow «Schlagerrad» beim HR und die Kochshow «Ruth kocht gut» auf bild.de. 2006 gründete sie ihren eigenen Verein Ruth tut gut e. V. zur Prävention von
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