Lustnächte
Erklärung herab. „Sie schauen alle auf die Grabplatte der Ritter.“ Als sie noch immer nicht zu verstehen schien, setzte er hinzu: „Du stehst drauf. Zumindest an der Stelle, an der siesich vor der Renovierung befunden hat. Sie lag mit der Reliefseite nach unten, direkt vor dem Altar. Und sie ist für mich der erste Hinweis bei der Lösung des Rätsels.“
„Oh!“
„Ja, oh. Sie stammt angeblich aus dem achten Jahrhundert und zeigt das Abbild von zwei Rittern. Man nimmt an, dass sie den Eingang zu einer unterirdischen Krypta markierte, die allerdings noch niemand finden konnte. Das scheint mir aber weniger von Bedeutung als das Gefäß mit den Goldstücken, das Saunière darunter gefunden haben soll und von dem man sagt, dass einer seiner Vorgänger, der Curé Antoine Bigou, sie dort versteckt haben soll. Und jetzt bist du dran: Was sagt dir der Name?“
Er stellte sich vor sie, die Hände in den Hosentaschen vergraben, und sah sie an.
„Bigou war der Beichtvater jener Marie de Nègre d’Hautpoul. Der Letzten aus der Ahnenreihe der Blancheforts.“
„So ist es. Also wären wir schon wieder bei den Blancheforts. Ich denke, dort waren nicht nur diese Goldstücke versteckt, sondern etwas, womit der Abbé weitaus mehr anfangen konnte. Was das war, weiß ich noch nicht. Wir werden es herausfinden. Aber zuerst muss ich jetzt etwas essen.“
Er forderte sie mit einer Kopfbewegung in Richtung Ausgang auf, sich ihm anzuschließen und setzte sich in Bewegung. Als sie ihm nicht sofort folgte, ging er zurück, nahm sie bei der Hand und zog sie mit. Allerdings steuerte er nicht das Restaurant in der Villa Béthania an, sondern die Dorfkneipe. Entschlossen hielt er auf die Theke zu, schwang sich auf einen Hocker, strahlte den rotgesichtigen Wirt an und fragte artig, ob sie wohl etwas zu essen haben könnten.
„Natürlich weiß ich, dass keine Essenszeit ist, aber meine Frau ist schwanger und es wird ihr gleich übel werden, falls sie nichts in den Magen bekommt.“
Daran wollte der Wirt nicht die Schuld tragen und eilte umgehend in die Küche. Beatrix saß mit verschränkten Armen und zusammengebissenen Zähnen auf ihrem Hocker.
„Nun, ich höre.“
„Eine klitzekleine Notlüge. Anders bekommst du in Frankreich vormittags kein Essen.“ Er konnte nicht anders, als sie zu necken und mochte es, wie sie darauf reagierte. Oh Gott, wie er dieses ungezügelte Temperament liebte. Unterwürfige Frauen waren ihm zuwider. Beatrix war genau das Gegenteil. Ein Spiegelbild seiner selbst. Allerdings blieb ihr keine Zeit für Meinungsäußerungen. DerWirt kam zurück mit zwei großzügig beladenen Holzbrettern, auf denen sich Brot und Schinken stapelten. Pierre bedankte sich überschwänglich. Auf die Frage des Wirtes antwortete er natürlich, dass seine Frau ein Gläschen Rotwein trinke. „Das kann dem Baby kaum schaden. Meine Frau ist es gewöhnt, zu trinken.“ Ein Blick aus dem Augenwinkel.
Beatrix riss erstaunt die Augen auf, sagte aber kein Wort.
Pierre schmunzelte.
Nun war sie also auch noch eine notorische Trinkerin. Ein schönes Bild, das er den Einwohnern von Rennes-le-Château von ihr übermittelte. Na warte, Pierre LeBreton. Beatrix entfernte den Schinken von ihrem Brot und begann wütend zu essen. Elender Mistkerl. Er stopfte fröhlich mampfend das harte Brot und den zähen Schinken in sich hinein, lobte überschwänglich den mittelmäßigen Rotwein und Beatrix hoffte inständig, dass der Wirt sich nicht näher nach der Verwandtschaft vor Ort erkundigen würde, von der Pierre so ausführlich erzählte. Dass ihm all diese Lügen so leicht von den Lippen kamen, wunderte sie weniger als die Tatsache, dass der sonst so verwöhnte Pierre sich mit diesem miserablen Essen zufriedengab. Warum er das tat, leuchtete ihr ein, als er wie beiläufig das Gespräch auf Abbé Saunière und seinen Schatz brachte. Er wollte den Wirt aushorchen. Das sei alles ziemlicher Blödsinn, verkündete der rigoros, worauf Pierre sich sichtlich genötigt sah, noch ein bisschen Freundlichkeit zuzulegen und ihn einlud, auf seine Kosten mitzutrinken. Beatrix beschränkte sich aufs Zuhören und nippte nur ab und zu an ihrem Glas. Zum einen wollte sie einen klaren Kopf bewahren, um Pierre später ausgiebig die Meinung zu sagen. Zum anderen wollte sie um nichts in der Welt schon am Vormittag betrunken aus dem Wirtshaus torkeln, was dem Wirt nur die Richtigkeit über ihre Trinkgewohnheiten bestätigt hätte.
Zum Glück war Pierre, was den
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