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Lustnächte

Lustnächte

Titel: Lustnächte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara DuMont
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wunderte sich, warum eine solche Person sich in einen einfachen Landpfarrer vergucken konnte. Sie müssen nämlich wissen, sie war die Schönheit der damaligen Pariser Gesellschaft schlechthin. Und eine berühmte Opernsängerin.“
    „Bérenger Saunière war ein schöner Mann“, erwiderte Beatrix und angelte nach einem von Madame Junots selbst gebackenen Keksen. „Wie ich heute auf alten Fotos im Museum gesehen habe. Breitschultrig, fast athletisch gebaut. Alles an ihm strahlte Kraft und Durchsetzungsvermögen aus. Ein wirklich anziehender Mann.“
    „Und einer, der sich anscheinend nicht allzu sehr von seinem Keuschheitsgelübde einengen ließ“, knurrte Pierre.
    „Und diese Augen“, schwärmte Beatrix.
    Sie versuchte, ihn aufzuziehen. Er sollte das überhaupt nicht kommentieren.
    „Alles retuschiert.“
    „So etwas gab es um die Jahrhundertwende noch gar nicht.“
    „Pah!“
    „Sie haben vollkommen recht, Madame LeBreton. Er war ein außergewöhnlich schöner Mann. Aber er war auch respektlos und rebellisch. Ein Fundamentalist. Er war nach seiner Schulzeit in Limoux dem Priesterseminar von Carcassonne beigetreten und zum Priester geweiht worden. Nachdem er einige Zeit als Vikar und Dekan verbracht hatte, wurde er Professor am Seminar von Narbonne. Aber es gab dort … Vorfälle …, disziplinarische Vorfälle. Und so wurde er zurückgestuft und kam als Pfarrer nach Rennes-le-Château. Ach ja“, seufzte Madame Junot. „Und er war ganz offensichtlich anti-republikanisch.“
    „Aha?“ Pierre war zufrieden, dass nach dem ganzen Süßholz, das Beatrix über diesen Mann geraspelt hatte, nun endlich seine schlechten Seiten ausgebreitet wurden.
    Warum regte das ihn überhaupt auf? Der Kerl war längst tot.
    „Ja. Die Präfektur sorgte dafür, dass er die Gemeinde verlassen musste und zurück ans Seminar berufen wurde, wo man ein besseres Auge auf ihn haben konnte. Aber etwa ein halbes Jahr später war er wieder da. Der Präfekt musste seine Entscheidung widerrufen. Die Stadtverwaltung hatte wohl nachgeholfen. Und er hielt auch keine anti-republikanischen Vorträge mehr.“
    Pierre horchte auf. Warum hatte Saunière unbedingt wieder in dieses Kaff gewollt, anstatt den wesentlich besser bezahlten und mitgrößerem Ansehen verbundenen Job in Narbonne zu behalten? Er hatte ohne Zweifel die Stadtväter bestochen. Nur, damit er als Pfarrer in dieses hinterwäldlerische Nest zurückkehren konnte? Er war bis zu seinem Tod in Rennes-le-Château geblieben. Warum verließ man einen solchen Ort nicht? Spätestens dann, wenn man zu Geld gekommen war?
    „Das hat er bestimmt nur für seine Marie getan“, seufzte Beatrix und stopfte einen weiteren Honigkeks in sich hinein. Sie machte es mit voller Absicht. Er würde gar nicht darauf eingehen.
    „Ich glaube, mich zu erinnern“, sagte er „dass der Abbé 1911 endgültig aus seinem Amt katapultiert wurde. Was hatte dieser ach so wunderbare Mann denn diesmal angestellt?“
    „Das, mein lieber Monsieur LeBreton, war die reine Niedertracht der Kurie“, ereiferte sich Madame Junot. Sie war offensichtlich genau so eingenommen von diesem Tunichtgut wie Beatrix. „Ein neuer Bischof kam nach Carcassonne. Er nahm Anstoß an der großen Wohltätigkeit, die der Abbé dem Dorf hier angedeihen ließ und verlangte, dass er Rechenschaft über die Herkunft seiner Geldmittel ablegen sollte.“
    „Und konnte er das?“, stichelte Pierre weiter.
    „Nun …“, murmelte Madame Junot.
    Tot oder nicht. Hoffentlich erkannte Beatrix langsam, was für ein Lump er gewesen war. Frech, verlogen und aufsässig.
    „Was hat er dem Bischof gesagt?“
    „Natürlich hat er zuerst versucht, eine Rechnungsoffenlegung zu verhindern. Er soll mehrfach versucht haben, sich krankzumelden“, gab Madame Junot zögerlich zu.
    „Der Ärmste hatte wohl doch keine so robuste Konstitution?“, fragte Pierre heuchlerisch.
    „Nein, dieser Bischof, Monsignore Beausejour, war ein habgieriger Mann. Und er konnte es einfach nicht ertragen, wie beliebt der Pfarrer in seiner Gemeinde war. Er wollte nichts als ihm schaden. Als der Abbé dann zu unlauteren Mitteln griff, um seine Einnahmen zu belegen …“
    „Was genau meinen Sie mit „unlauteren Mitteln“, hakte er nach. Nur, damit Beatrix deutlich sah, welch ein Nichtsnutz Saunière gewesen war.
    „Nun, der Abbé ging dazu über, seine Einnahmen und Ausgaben mit völlig aus der Luft gegriffenen Beträgen belegen zu wollen. Der Bischof merkte es natürlich, weil

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