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Lustnächte

Lustnächte

Titel: Lustnächte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara DuMont
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hatte doch sonst kein Problem damit, überall lauthals seine Meinung kundzutun.
    „Schon gut. Jeder hat mal einen schlechten Tag“, sagte Jean-Luc.
    „Also hört zu. Mir ist in der Kirche tatsächlich einiges aufgefallen. Es fängt gleich mit den lateinischen Inschriften am Eingang an.Dort lässt Saunière einmeißeln:
Terribilis est locus iste – dieser Ort ist schrecklich
. Dies ist aber nur ein unvollständiges Zitat aus Genesis 28, 17. Vollständig lautet es:
Dieser Ort ist schrecklich, es ist das Haus Gottes, das Tor zum Himmel
. Der zweite Teil steht wesentlich weiter unten, vollkommen aus dem Zusammenhang gerissen. So als wollte Saunière lediglich feststellen: Dieser Ort ist schrecklich. Genau auf diese Tatsache – zumindest für gläubige Christen – weisen noch einige andere Dinge hin. Rechts neben dem Altar hat er die Taufszene Jesus durch Johannes den Täufer dargestellt. Wenn man die Szene genau betrachtet, stellt man fest, dass die Jesusfigur ein nahezu identisches Spiegelbild des Dämons Asmodeus ist. Wieso stellt er Jesus als Abbild eines Teufels dar? Ich werde zu diesem Zeitpunkt noch kein Urteil darüber abgeben. Aber es ist für mich ein Hinweis in die gleiche Richtung.“ Jean-Luc goss sich Kaffee aus der riesigen, altjüngferlichen Kanne nach. „Béatrice?“
    „Nein, danke.“
    Dafür hielt Pierre seine Tasse unaufgefordert hin. Essen konnte er ohnehin nichts. Also lenkte er sich ab, indem er Jean-Lucs Ausführungen zu folgen versuchte.
    „Also weiter. Diese Kreuzwegstationen. Verglichen mit anderen Kirchen sind sie seitenverkehrt. Und einige weisen Abweichungen zu den Evangelien auf. Die Abnahme vom Kreuz zum Beispiel. Laut der Evangelien starb Jesus bei Tag. Auf der Kreuzwegstation ist es aber Nacht. Und er soll bei Nacht ins Grab gelegt worden sein. Auf dieser ist es aber Tag. Möglicherweise sehen wir auf ihr also gar nicht die Grablegung, sondern den späteren Abtransport der Leiche, mit der man seine Auferstehung am nächsten Tag vorgetäuscht hat.“ Jean-Luc schaute fragend in die Runde. Das war genau das, was das Fresko in dieser unterirdischen Kapelle zeigte.
    „Du willst andeuten, dass Saunière der Nachwelt die Information hinterlassen hat, Jesus sei nicht auferstanden“, fragte Pierre. Jean-Luc zuckte die Schultern.
    „Das ist meine Ansicht. Aber ich habe noch etwas wesentlich Wichtigeres entdeckt. Die erste Kreuzwegstation nämlich. Auf ihr ist ein Junge abgebildet. Bei allen Kreuzwegstationen, die ich aus anderen Kirchen kenne, ist dieser Junge weiß. In Marie-Madelaine ist er ein Schwarzer. Unter den Füßen des Jungen entdeckt man einen höhlenartigen Eingang, der von einer Falte in der Decke, die die Treppe bedeckt, gebildet wird. Ein Detail, wie ich es noch nie gesehen habe. Auf der linken Seite ist ein R zu erkennen. Vielleicht für „Roque“? Zusammen mit dem Neger könnte der Abbé vielleicht auf den Roque Nègre hingewiesen haben in der Nähe von ChâteauBlanchefort.“
    „Und dieser höhlenartige Eingang stellt vielleicht den Eingang dar, den Pierre und ich gestern am Roque Nègre gefunden haben“, flüsterte Beatrix.
    „Ganz meine Meinung, mein Mädchen.“
    Mein Mädchen. Herrgott noch mal! Beatrix war nicht sein Mädchen.
    „Was ebenfalls sehr verwundert, ist das Gemälde der betenden Maria Magdalena auf dem Altar der Kirche. Neben ihr auf dem Boden liegt ein menschlicher Schädel. Und der Bildhintergrund erinnert an den Mont Bézu mit der alten Templerburg der Blancheforts.“
    „Die Sache mit dem Schädel ist mir wohl entgangen“, brummte Pierre. Bei der Besichtigung der Kirche hatte er ganz andere Gedanken im Kopf gehabt. Genau wie jetzt. Aber um sie in die Tat umzusetzen, musste man erst einmal Jean-Luc aus dem Weg haben.
    „Gewiss ist dir auch aufgefallen, dass Maria und Josef jeweils ein Kind auf den Armen halten“, wandte sich Beatrix wieder an Jean-Luc.
    „Sicher. Angeblich soll es sich bei dem zweiten Kind um Thomas, den Lieblingsjünger Jesu handeln. Ich allerdings bin der Ansicht, dass Saunière hier etwas ganz anderes sagen wollte. „Thomas“ ist nämlich gar kein Name. Es heißt althebräisch Zwilling“.
    „Oh!“
    Die bewundernden Blicke, die Beatrix diesem Besserwisser zuwarf, gefielen Pierre immer weniger.
    „Es hat ganz den Anschein, als wollte Saunière noch ganze Generationen mit seinen detektivischen Hinweisen beschäftigen“, nörgelte er.
    „So viel zu beschäftigen gibt es nicht, wenn man die richtigen Schlüsse

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