Lustnächte
Pergamente gefunden haben. Und du sagtest selbst, die Malteser haben sie als falsch entlarvt. Bleiben also nur die Münzen. Welchen Hinweis sollten die schon geben?“
„Pierre, du bist nicht bei der Sache.“ Beatrix schien etwas verärgert. Was hatte sie bloß wieder? „Jean-Luc sagte – bitte erinnere dich – die Malteser behaupten, Pergament eins und zwei sind nur etwa hundert Jahre alt. Die beiden anderen datieren sie allerdings auf die Zeit um 1770 – 1800. Und das ist genau die Zeit, als Abbé Bigou, der Beichtvater von Marie de Nègre, in Rennes-le-Château Pfarrer war. Wenn wir davon ausgehen, dass er es war, der diese Münzen und die Pergamente unter der Grabplatte versteckt hat, bekommt die Sache einen Sinn.“
„Ich weiß nicht, was du meinst.“ Er war noch immer zu abgelenkt, um ihr zu folgen.
„Ich weiß, es ist ein bisschen kompliziert. Also: Nehmen wir die ersten beiden Pergamente, diese lateinischen Auszüge aus der Bibel. Der Text erscheint uns wenig wichtig. Außer dem Hinweis auf SION. Sie stammen aus der Zeit um die letzte Jahrhundertwende. Aus Saunières Zeit“, setzte sie hinzu, damit es unmissverständlich war. „Er kann damals noch nichts von de Sède und dessen Prieuré de Sion gewusst haben. Das Wort SION muss also eine andere Bedeutung haben. Vielleicht hat er sie angefertigt, um einen Hinweis auf den Orden von Sion zu geben, von dem du dauernd redest.“
„So weit klar. Und weiter?“
„Die anderen beiden Pergamente, die mit den Stammbäumen, könnte er unter der Grabplatte der Ritter gefunden haben. Zusammen mit den Münzen und einem Hinweis auf das Grab. 1792 soll Bigou sie dort vergraben haben. Das käme zeitlich hin mit der Datierung der Malteser. Sie sagen, diese Pergamente stammen aus den Jahren zwischen 1770 und 1800.“
„Und wie kommen diese Pergamente in den Besitz der Malteserritter?“, brummte Pierre.
„Hört mal, es ist nur so eine Idee“, begann Beatrix langsam, „aber wenn die Malteser sie von de Sède haben, wie sie behaupten, könnte der sie doch von diesem Corbu haben. Ihr erinnert euch? Der, der die Liegenschaften von Marie Dénarnaud kaufte. Er hat damals mit Plantard und de Sède gemeinsame Sache gemacht. Und er hatte nach dem Tod von Saunières Haushälterin deren restlichen Besitz geerbt. Was, wenn sich bei diesem Erbe tatsächlich diese vier Pergamente befunden hätten? Wenn Saunière die beiden letzten unter der Grabplatte gefunden hätte … Wenn wir das mit Sicherheit wüssten, wäre das unsere Verbindung zwischen Saunière und Bigou und dem Orden von Sion.“
„Aber ja“, murmelte Jean-Luc. „Bigou kann durchaus einen Hinweis in der Kirche versteckt haben, der auf das Grab der Marquise hinweist. Wir gehen davon aus, dass sie das Geheimnis der Bruderschaft von Sion kannte. Das mag es also gewesen sein, was sie ihrem Beichtvater anvertraute. Er war derjenige, der sie beerdigt hat. Wie einfach war es doch für ihn, dieses Geheimnis gemeinsam mit ihr ins Grab zu legen. Niemand hätte etwas bemerken müssen. Er hinterlässt die Pergamente in der Kirche, Saunière findet sie und von ihm aus führt ihr Weg über die Dénarnaud, Corbu und de Séde zu den Maltesern. Deine Logik ist verblüffend.“
„Danke.“
„Ja, es passt zusammen. Bigou ließ zehn Jahre nach dem Tod der Marquise einen Gedenkstein auf ihrem Grab errichten. Nur wenige Monate, bevor er zum aufsässigen Priester erklärt wurde und fliehen musste. Er ließ darauf einmeißeln: „Et In Arcadia Ego“. Was als Anagramm die Bedeutung ergibt: „Ich verberge das Geheimnis Gottes“. Das gibt zu denken. Bigou starb zwei Jahre nach seiner Flucht in Sabadell in Spanien. Er kam nie zurück. Das Geheimnis war im Grab der Marie de Nègre zurückgeblieben.“
„Bis zu dem Zeitpunkt, als Saunière es öffnete und es an sich brachte“, brummte Pierre.
„Genau.“
Der Kellner kam, um die Teller abzuräumen und Jean-Luc bestellte eine weitere Flasche Rotwein. Die wievielte eigentlich heute Abend? Pierre mahnte sich zur Vorsicht. Unter Alkoholeinfluss wurde er möglicherweise unachtsam. Er schielte zu Beatrix. Was empfand sie für seinen Freund? Es war besser, er versuchte, sich auf das Thema zu konzentrieren.
Als der Kellner verschwunden war, nahm Jean-Luc den Faden wieder auf.
„Saunière war aber nicht der Einzige, der davon gewusst habendürfte. Die Renovierungsarbeiten führte er gemeinsam mit Abbé Boudet aus, der sein Freund war. Er wird also ebenfalls eingeweiht gewesen
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