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Lustnebel

Lustnebel

Titel: Lustnebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivy Paul
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Zeit zu Zeit eine Rast einlegen,
    bis unsere Seele uns wieder eingeholt hat.
    Indianische Weisheit
     
    Rowena wälzte sich in ihrem Bett herum. Sie warf sich auf den Bauch und schlug mit der Faust auf ihr Kopfkissen ein.
    „Weil es das Richtige ist!“, wiederholte sie Chaytons Worte aufgebracht. „Chayton Bannister, du bist ein Schuft!“
    Natürlich, er bevorzugte Männer. Wie konnte sie etwas anderes als Ehrgefühl als Grund für eine Heirat von ihm erwarten? Nichts anderes hätte ihr mit jedem anderen Mann widerfahren können. Eine Ehe aus Pflichtgefühl oder praktischen Erwägungen, so wie es oft genug vorkam in Adelskreisen. Und so schmerzlich es auch für sie war, sie war in einer solchen Ehe gefangen. Vielleicht war sie sogar in einer glücklicheren Lage als manche Frau, die aus Liebe geheiratet hatte. Sie hatte unglaublichen Sex mit ihrem Ehemann. Tränen nässten ihre Wangen. Chayton holte sich Sex bei ihr, weil kein Homophiler greifbar war. Sie schluchzte leise in ihr Kissen. Sie wollte nicht benutzt werden, weil sie die einzig verfügbare Option war. Was geschähe, wenn jemand auftauchte, ein Mann, der Chayton gab, was er brauchte?
    Rowena richtete sich auf. Würde er sie dann verlassen? Sie wischte sich die Tränen mit dem Handrücken aus dem Gesicht. Das würde er nicht wagen!
    Oder doch? Sie sprang aus dem Bett und sah in den Hof hinunter.
    Chayton saß vor dem Tipi auf dem Boden. In der Hand hielt er seine Pfeife. In der Dunkelheit glaubte Rowena, das Glimmen des Tabaks zu sehen. Sie hörte Chaytons tiefe Stimme, ohne die Worte zu verstehen. Das Beschwörende in seinem Tonfall ließ sie vermuten, dass er zu seinen Göttern betete. Warum liebte er sie nicht? Wie viele Frauen gab es, die seine heidnischen Rituale duldeten? Denen es egal war, dass er Männer liebte?
    Chayton vollführte einige Gesten und brachte mit den Bewegungen die Flammen des Lagerfeuers zum Tanzen. Rötliche Lichter glitten über seinen Oberkörper, und Rowenas Mund wurde trocken, als ihr Blick auf seine Hände fiel. Die Erinnerung, wie sich die Hände auf ihrem Körper anfühlten, der Griff, mit dem er sie bewegungsunfähig machte und sie sich ihm ausliefern musste, weckte ein Prickeln in ihrem Unterleib. Es war ein Rausch, ein Fieber, süßer Schmerz und wilde Erfüllung. Rowena vergrub ihre Finger in den Falten ihres Nachthemdes und trat vom Fenster zurück. Mit einem Mal kam Zorn in ihr hoch. Was machte sie da? Wie ein liebeskrankes Kalb stand sie an der Fensterscheibe und beobachtete einen Mann, der ihre Gefühle nicht wert war.
    Er sollte nicht denken, sie wäre allzeit verfügbar und bereit für ihn. Mit grimmiger Entschlossenheit versperrte sie die Verbindungstür und die Zimmertür.
     
    Frühmorgens vernahm sie im Halbschlaf, wie die Klinke gedrückt wurde. Mit einem zufriedenen Lächeln drehte sie sich herum und schlief weiter.
    Am nächsten Morgen fand sie Chayton hinter der Tageszeitung vergraben vor. Als sie eintrat, hob er nur kurz den Kopf.
    „Guten Morgen“, zwitscherte sie, entschlossen, ihn im Ungewissen über ihre Laune zu lassen. Künftig gäbe es keine ehelichen Genüsse mehr für ihn. Es bereitete Rowena beinahe diebische Freude, sich den Moment auszumalen, an dem Chayton dies erkannte.
    „Guten Morgen“, brummelte er.
    Sie sah sein Stirnrunzeln und ahnte, dass er darüber grübelte, warum sie ihre Zimmertür versperrt hatte. Sie holte sich eine Schüssel Porridge und ließ sich vom Hausmädchen Kaffee einschenken, ehe sie Sahne über ihren Morgenbrei und in den Kaffee goss. Chaytons forschender Blick lag auf ihr, und sie war sich sicher, dass er überlegte, was in ihr vorging. Sie erwiderte seinen Blick mit einem, wie sie hoffte, strahlenden Lächeln, ehe sie sich ihrem Frühstück zuwandte.
    „Wie sehen deine Pläne für heute Morgen aus?“, fragte Chayton und ließ die Zeitung sinken.
    Rowena erstaunte das plötzliche Interesse so sehr, dass sie den Löffel Porridge auf halbem Weg zum Mund stoppte. Der Bissen Haferflockenbrei plumpste mit sachtem Platschen in den Teller zurück. Sie senkte ihren Löffel.
    „Ich werde einen kurzen Spaziergang unternehmen“, erzählte sie bereitwillig.
    Chayton nickte. Der Blick seiner bernsteingelben Augen glitt über ihre Haut. Rowena tauchte ihren Löffel in den Brei und hob ihn an ihre Lippen, ohne den Blickkontakt zu unterbrechen. Ihr Mund schloss sich um den Löffel. Das Silber lag warm vom Porridge und glatt auf ihrer Zunge. Ein unhörbares Klirren hallte in

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