Lustschmerz
verging, ahnte Kay, wie er es wirklich meinte und amüsierte sich königlich.
Ab und an schielte Baxter auch zu ihr hinüber, wenn er wieder eine seiner kleinen, versteckten Gemeinheiten anbrachte und ihr wurde bewusst, dass er einige seiner Bemerkungen nur für sie inszenierte.
Sobald der Kreis der Gäste sich nach dem üppigen Essen erhob und in einen der angrenzenden Wohnräume hinüberging, war Baxter in ihrer unmittelbaren Nähe und sie fühlte sich durch sein offensichtliches Interesse geschmeichelt. Nachdem der offizielle Teil mit einer gegenseitigen Vorstellung durch die Dame des Hauses erledigt worden war, einer entsetzlich langweiligen Mittfünfzigerin, entwickelte sich sehr schnell ein angeregtes Gespräch zwischen Kay und Baxter, in dessen Verlauf er auf ihrer persönlichen Sympathieskala stetig und stieg. Sie betrieben Smalltalk auf höchstem Niveau und Kay ließ sich von seinem Charme, den er nur bei ihr versprühte, einnehmen.
Nach ein paar Drinks, dachte sie bei sich, wird er mir wohl seine Telefonnummer aufdrängen. Dass ihr Abend so enden würde, nein ... auf die Idee wäre sie niemals gekommen!
***
Baxter überschüttete Kay nicht gerade mit Komplimenten, so wie man es von einem Gentleman erwarten konnte, aber seine Blicke und seine Wortwahl sprachen Bände. Und als der Abend sich dem Ende zuneigte, war sie fast enttäuscht, als er außer ihr noch eine Dame in seinem Wagen chauffieren wollte. Die Fahrt über sprachen sie kein Wort miteinander, ihre weibliche Begleitung verhinderte dies mit einigen gewaltigen Wortschwallen über das Essen, die Gäste und die schlechten Drinks. Kay empfand die Anwesenheit der anderen als störend, hatte sich doch während des Abends eine gewisse Vertrautheit zwischen ihr und Baxter gezeigt.
Umso erfreuter reagierte Kay, als sie feststellte, dass der Fahrer der Limousine einen Umweg durch die ganze Stadt fuhr, um zunächst ihr Anhängsel abzusetzen. Höflich, aber bestimmt, begleitete der Butler, gleichzeitig auch der Fahrer für den heutigen Abend, die Dame aus dem Wagen hinüber zur Tür. Etwas angesäuert verabschiedete sie sich und Kay vermutete, dass diese sich ein wenig mehr von dem Abend erhofft hatte und sie es im Gegenzug genauso störend empfand, dass Kay im Fond des Wagens saß.
Kaum hatte der Butler die Tür des Wagens geschlossen, atmete Baxter erleichtert aus.
»Endlich«, grinste er, »ich dachte schon, die hört nie auf zu reden.«
Kay lachte leise. »Sie werden doch wohl von ihrer guten Bekannten nicht schlecht reden wollen?«, fragte sie mit einem amüsierten, aber doch tadelnden Unterton.
»Gute Bekannte?« Er räusperte sich. »Ich hatte ein oder zwei Mal das mehr als zweifelhafte Vergnügen, der Tischherr dieser Person zu sein.« Er sah aus dem Fenster des Wagens. »Und jedes Mal konnte ich am nächsten Tag vernehmen, was ich wohl für ein fürchterlicher und schlechter Begleiter war.« Er nickte kurz bedauernd und zuckte affektiert mit den Schultern.
Kay grinste. »Aber da war doch eindeutig Interesse auf Seiten der Lady zu spüren.«
Verächtlich lachte Baxter und sein Blick ging für einen Moment ins Leere. »Interesse für meine Konten.« Er seufzte theatralisch und Kay lachte leise.
***
»Darf ich Sie zu einem Umtrunk einladen?« Baxter sah sie fast bettelnd an, und Kay spürte, wie ihr Herz einen Luftsprung machte. Dass er so schnell anbeißen würde, hätte sie nicht erwartet und sie nickte zustimmend. Baxter beugte sich nach vorn und gab dem Butler kurz Anweisung, woraufhin dieser kaum merklich nickte und sofort losfuhr.
»Ich habe nur ein bescheidenes Haus hier in der Stadt«, nahm Baxter ihre Unterhaltung wieder auf. »Ich hoffe, Sie werden nicht allzu enttäuscht sein.« Er lächelte sie an.
Schlagartig wurde es Kay heiß. Dieser Blick versprach einiges und sie hatte das Gefühl, als würde sie bereits nackt vor ihm sitzen. Verlegen wandte sie den Kopf und sah hinaus auf die Straßen, die an ihnen in der Dunkelheit vorbeizogen. Ab und an wurde das Geschehen vor den Fenstern durch eine kurz auftauchende Straßenlaterne erhellt, doch Kay war mit ihren Gedanken bereits einen Schritt weiter. Sie nahm die Menschen, welche dort durch die späte Frühlingsnacht huschten und ihren Vergnügungen nachgingen, nicht wahr. Genau genommen nahm sie nichts wahr und gab sich einer sehr intensiven Träumerei über den weiteren Verlauf dieses Abends hin.
So entgingen ihr auch Baxters Blicke, die er ihr aus der Dunkelheit herüberschickte.
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