Lustschreie
der jedes Wochenende eine andere Mieze anschleppte. Jetzt hatte er es sich also in den Kopf gesetzt, ein Mädchen aufzureißen und sie zu einem Dreier zu überreden.
«Wenn du meinst», murmelte Björn gelangweilt. «Auf jeden Fall sollten wir hier verschwinden. Oder willst du deine Beute auf dem Flur suchen?»
Mike war nicht aus dem Konzept zu bringen. Er unterbrach seinen weitschweifenden Vortrag nur kurz, um seine Turnschuhe zu suchen und dem genervten Freund dann wieder wortreich die Freiheit der Jäger und Sammler zu erklären, die sich einfach nehmen konnten, wonach ihnen der Sinn stand. Zumindest war das seine Vorstellung von den glorreichen Ursprüngen des Mannes als Kulturwesen.
Als die beiden schließlich in eine der vielen Bars am Prenzlauer Berg traten, verstummte Mike endlich. Er trat zielstrebig an die Theke und orderte zwei Cola-Rum, reichte Björn ein Glas und schlenderte dann scheinbar desinteressiert durch den Raum.
«Nichts los hier», verkündete er ein paar Minuten später. «Ich hab dir gleich gesagt, wir sollten es in der June-Bar versuchen. Komm, wir gehen.»
Bevor Björn noch sein Glas geleert hatte, zog Mike ihn bereits hinter sich her.
Die June-Bar befand sich gleich um die Ecke. Sie war sehr stylisch und hatte einen offenen Kamin, vor dem die Mädchen auch im Winter in knapper Bekleidung posieren konnten. Tatsächlich standen einige junge Damen davor, die genau ins Beuteschema passten: enge Klamotten, wenig Stoff, viel Haut. In der Bar wurde auch getanzt, und so ließ Mike ein paar seiner besten Drehungen sehen, um die Mädels zu beeindrucken. Er legte sich mächtig ins Zeug, und seine Tanzkünste kamen auf der Bühne immer gut an. Trotzdem entfaltete sich die Wirkung heute zwischen all den anderen Tanzenden nur mäßig. Es schaute wohl mal eine herüber, aber mehr als ein flüchtiger Blick blieb nicht hängen. Björn beobachtete das Schauspiel durch die farbenfrohe Dekoration seines Cocktails und überlegte, welches Ziel Mike wohl als Nächstes vorschlagen würde. Es dauerte nicht lange, und der eifrige Eroberer musste einsehen, dass er hier nicht landen konnte. So zogen die beiden jungen Männer von einer Bar zur anderen und wurden mit jedem Misserfolg ein wenig betrunkener.
Es war bereits drei Uhr morgens, als Björn die Kulturbrauerei ansteuerte, die um diese Zeit erst richtig voll wurde. Mikes Siegesgewissheit war mittlerweile einer torkelnden Resignation gewichen, die seinem Freund Leid tat. Eigentlich müsste Mike alle Chancen der Welt haben. Er war so groß und kräftig wie Björn. Seine stahlblauen Augen strahlten in einem fein geschnittenen Gesicht. Die kurzen schwarzen Haare waren gerade zersaust genug, um ihm ein verwegenes Aussehen zu geben. Er beherrschte die Posen und Schritte der GogoChoreographien wie Björn und kämpfte noch verbissener um den Titel als Deutschlandmeister. Aber das war es vielleicht, die Verbissenheit, mit der er sich jedem Kampf stellte, sei es auf der Matte, der Bühne oder in einer Discothek. Während sich Mike meist erfolglos um die Gunst einer Schönen bemühte, flogen Björn die Affären nur so zu. Er legte es nicht darauf an und hatte am Ende oft die Wahl zwischen mehreren, die bereitwillig mit ihm nach Hause gehen wollten.
«Verdammt, ich will heute Nacht poppen!» Mike schmollte wie ein kleiner Junge.
«Entspann dich, Mann! Du kannst dir immer noch einen abschütteln, wenn keine anbeißt.» Björn versuchte vergeblich, seinen Freund abzulenken. Der war schon wieder auf der Tanzfläche und baggerte jedes Mädchen an, das sich in seine Nähe wagte. Er konnte sich phantastisch bewegen, aber seine Absichten waren allzu offensichtlich. Bald hatte er so viel Platz um sich herum, dass er eine kleine Bühnenshow abziehen konnte.
Es war allmählich Zeit, ihm zu helfen, bevor die Wirkungen des Alkohols oder des Frusts ins Peinliche abrutschen würden. Scheinbar unbeteiligt tanzte Björn sich zu seinem Freund durch und unterstützte seine Showeinlage mit einer ihrer üblichen Choreographien. Die Jungs waren wirklich gut. Und als Mikes Aufmerksamkeit von den Frauen abgelenkt war, konnten diese endlich die tanzenden Männer beobachten. Björn vergewisserte sich aus den Augenwinkeln, dass sie im Mittelpunkt des allgemeinen Interesses standen. Er hatte sich auf Mikes Bewegungen eingestellt. Sie tanzten synchron zu den rasenden Techno-Beats. Mit einer eleganten Drehung sprang Björn hinter seinen Freund. Die beiden ließen
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