Lustvolles Erwachen
wollte, dass er mit ihr all die erstaunlichen Dinge tat, die er schon ein Mal mit ihr getan hatte. Sie wollte seine Hände auf ihren Brüsten spüren, seinen Atem an ihrem Hals, sein Aufstöhnen an ihren Lippen. Sie wollte herausfinden, ob sie tatsächlich dieses Gefühl von Erfüllung verspürt hatte und ob seine Hitze in ihr wirklich in unzählige Sterne zersprungen war.
Doch er blieb der perfekte, lässige und höfliche Gentleman, und sie wusste nicht, wie sie mehr einfordern konnte. Also tat sie das, was sie am besten konnte: Sie arbeitete hart daran, diejenige zu sein, die er brauchte, und begann zu hoffen, dass es reichen würde.
Ihr erster Triumph zeigte sich darin, dass sie das perfekte Haus fand. Das schlichte weiße Stadthaus mit den schmiedeeisernen Balkonen, großen Schiebefenstern und dem beleuchteten Eingang war in der Clarges Street ganz in der Nähe von Kates Haus in der Curzon Street gelegen. Als sie Diccan die sauberen Räume mit den hohen Decken zeigte, war sie stolz. Hier wäre dann ihr Salon, erklärte sie, und hier der große Salon und hier, der Raum mit den Bücherregalen und den Glastüren zum Garten hinaus, wäre Diccans Arbeitszimmer.
»Das wird dein ganz persönlicher Bereich«, versprach sie und legte ihre Hand auf seinen Arm. »Ich werde nicht einmal die Dienstmädchen hineinlassen.«
Er lächelte sie an. »Niemand wird mir glauben, dass ich so häuslich geworden bin«, sagte er. »Robert hat geschworen, dass ich den Rest meines Lebens im Hotel verbringen werde.«
Sie bedauerte, dass sie Diccan nicht dazu bringen konnte, sich zu öffnen und über seine Kindheit, über seine Familie, seine Hoffnungen, Enttäuschungen und Träume zu erzählen – egal, was sie auch versuchte. Er teilte nicht mehr als die nötigsten Informationen mit ihr. Bald , dachte sie. Er würde es tun, sobald er sich ein bisschen wohler mit ihr fühlte.
Schließlich nahm er sie zu ihrem ersten großen Ball mit, der von Lady Castlereagh veranstaltet wurde. Lady Castlereagh hatte die junge Grace in Irland unter ihre Fittiche genommen, als Grace’ Vater zuerst Lord Castlereagh und dann den Lord Lieutenant unterstützt hatte.
»Nun ja, Mr. Hilliard«, verkündete die Dame und ergriff Grace’ Hand, »Sie haben es besser getroffen, als ich gedacht hätte. Wenn jemand Sie im Zaum halten kann, dann ist es wohl Grace.«
Diccan wollte sein Bestes tun und verneigte sich tief. »Sie haben ihr eine undankbare Aufgabe zugeteilt, Ma’am.«
Lady Castlereagh lächelte wissend. »Das stimmt, Hilliard. Sehe ich Sie beide im Almacks Club? «
Von dem Moment an schränkte nicht einmal das Humpeln Grace mehr ein. Sie hatte Diccan bei diesem wichtigen Ereignis nicht blamiert. Sie hatte sich bei ihm untergehakt und trug das schönste Kleid, das sie je besessen hatte. Es war eine bronzefarbene Robe mit V-Ausschnitt aus glänzendem Stoff und einem mit Pailletten besetzten Tuch, das ihre Schultern sehr schön betonte. Zum ersten Mal in ihrem Leben fühlte sie sich nicht wie ein lästiges Anhängsel.
Es half, dass ihre Grenadiere auch dort und an ihrer Seite waren, als Diccan irgendwann im Kartenspielzimmer verschwand. Und es half, dass Kate und Lady Bea ihr so großzügig Unterricht gegeben hatten. Zum ersten Mal in ihrem Leben fühlte Grace sich beinahe elegant, und die anderen Gäste schienen darauf zu reagieren. Sie hatte eine neue Berufung. Sie konnte die Ehefrau sein, die Diccan brauchte. Jetzt musste sie nur noch die Ehefrau sein, die er sich auch wünschte. Denn sosehr sie sich auch bemühte, sie konnte sich nicht selbst betrügen: Sie war dabei, sich zu verlieben.
Diccan stand am Rande des Ballsaals und beobachtete Grace, die mit ihren Grenadieren lachte. Er rang eine wachsende Frustration nieder. Mittlerweile waren acht Tage vergangen, und nichts war geschehen. Niemand war auf ihn zugekommen, hatte ihn bedroht oder hatte ihm einen Vorschlag unterbreitet, seine Zukunft sichern zu können. Thornton war eine Kröte, Smythe eine Eidechse, und ihre Freunde waren allesamt nichtsnutzig. Und während seine Frau ihre Zeit damit verbrachte, sich um verletzte Soldaten zu kümmern und Möbelhäuser zu besuchen, war er gezwungen, seine Zeit bei Hahnenkämpfen, in Spielhöllen und in Bordellen zu verschwenden. Sie half dabei, Wohltätigkeitsgruppen zu gründen, und er würfelte mit Fremden.
Er war verunsichert, weil er die Wirkung unterschätzt hatte, die seine Frau auf ihn hatte. Mehr und mehr wollte er sehen, was sie tat, und hören,
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