Lustvolles Erwachen
der nicht Ihr Ehemann ist?« Sie verzog angewidert das Gesicht. »Und dann beweisen Sie noch nicht einmal guten Geschmack. Er hat Narben. Aber nachdem ich das gesehen habe« – sie wies auf die geschlossene Tür –, »bin ich nicht besonders überrascht.«
Unwillkürlich war Grace aufgestanden. »Danke für Ihre Anteilnahme, Lady Eloise. Mir ist bewusst, dass Sie sich trotz Ihrer vielen Verpflichtungen extra Zeit genommen haben, um mich zu besuchen. Ich weiß, wie froh Sie sind, die Angelegenheit, die Ihnen unter den Nägeln brannte, erledigt zu haben.«
Lady Eloise war mit der Tasse in der Hand erstarrt. Grace wartete einfach ab. Ihr Blick war unerbittlich.
Lady Eloise stellte die Tasse ab und erhob sich wie eine Königin, die eine Strafe abgesessen hatte. »Sie denken, dass ich mich nicht von meinem Sohn trennen würde, um den Namen Hilliard zu schützen? Bitte, machen Sie sich nicht lächerlich.«
Das hieß, dass Lady Eloise Grace liebend gern höchstpersönlich wegen ihrer Freundschaften zugrunde richten würde, falls niemand anders das tat.
»Da ich Ihren Sohn respektiere«, gestand Grace zu und hatte die Hände so fest zu Fäusten geballt, dass ihre Fingerknöchel schmerzten, »werde ich, wenn ich auf dem Land ausreite, nur meinen Stallburschen mitnehmen, der ein alter Diener ist.«
Lady Eloise antwortete mit einer beinahe unmerklich hochgezogenen Augenbraue. »Ihr treuer Stallbursche, der kein Problem damit hätte, Sie zu einem Stelldichein zu begleiten? Ich glaube nicht. Damen reiten im Park.«
Als Grace Diccans Mutter fünf Minuten später hinauskomplimentiert hatte, fühlte sie sich, als wäre sie von einer Lafette überfahren worden. »Roberts«, sagte sie zu dem Butler und starrte niedergeschlagen auf die geschlossene Eingangstür, »ich muss Major Kit Braxton eine Nachricht übermitteln.«
Eine Stunde später war Kit da. Grace empfing ihn in dem für sie immer beengender werdenden blauen Salon.
»Kit, ich fürchte, ich muss unseren morgendlichen Ausritten ein Ende setzen. Sie sind … bemerkt worden.«
Er runzelte die Stirn. »Ich verstehe nicht.«
Also erklärte sie es ihm und lächelte dabei, als würde es ihr nichts ausmachen.
»Es ist nichts Verbotenes an unseren gemeinsamen Ausritten«, widersprach er.
Grace zuckte mit den Schultern. »Trotzdem darf ich das nicht länger tun. Ich bemühe mich so sehr, mich anzupassen, Kit. Ich kann nicht zulassen, dass Lady Eloise alles zerstört. Und das würde sie, ohne zu zögern, tun.«
Kit ging auf und ab. Grace sah seinen leeren rechten Ärmel und die wulstigen Narben in der einen Gesichtshälfte und im Nacken, die verrieten, welche grauenvollen Verwundungen er in Toulouse erlitten hatte. Lady Eloise würde keinen Gedanken daran verschwenden, was sie Kit mit ihren Verleumdungen antat. Einem Mann mit Narben. Einem der tapfersten Männer, die Grace kannte.
»Wie kann sie es wagen? «, fragte Kit. »Du trägst an der ganzen Situation überhaupt keine Schuld.«
»Ach Kit.« Grace lächelte sogar. »Du bist in dieser Gesellschaft aufgewachsen. Seit wann hältst du sie für gerecht?«
Sein Lächeln war ein bisschen verlegen. »Verstanden. Aber, Grace, ich bin nicht den ganzen Weg nach Hause gekommen, um dir dabei zu helfen, zur Seite zu treten und dich im Hintergrund zu halten.«
Grace stockte der Atem. »Was meinst du mit ›dabei zu helfen‹?«
Ihr wurde bewusst, dass Kit mehr gesagt hatte, als er hatte sagen wollen. Eine unnatürliche Röte stieg seinen Hals hinauf. »Du brauchst jetzt Unterstützung. Das ist alles, was ich sagen wollte.«
Aha , dachte sie und fühlte sich noch kleiner. Er meint, er könnte mich vor der Geliebten schützen. Wie erbärmlich kann meine Situation noch werden?
Sie stand auf und ergriff Kits Hand. »Wenn du mir helfen möchtest, dann kannst du zwei Dinge tun. Finde heraus, wer der Mann ist, der mich verfolgt. Und reite heute Nachmittag mit mir in den Park.«
Er betrachtete ihr Gesicht, als wollte er sichergehen, ob sie das alles überstehen würde. Oh, dachte sie und lächelte tapfer, ich werde es überleben. Das habe ich immer geschafft. Doch, mein Gott, es tut weh.
Schließlich gab er ihr einen Kuss auf die Wange. »Ich hole dich um vier Uhr ab.«
»Wenn es dir nichts ausmacht, könntest du auch ein Pferd für mich ausleihen.«
Abrupt hielt er inne. »Was ist mit Epona?«
Nur Grace’ Willensstärke ließ sie weiterlächeln. »Epona kehrt nach Hause zurück.«
Es dauerte zwei Stunden, bis sie den Mut
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